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April 2024

Landessportbünde

Die politischen Geschicke Nordrhein-Westfalens werden seit der Landtagswahl im Mai von einer CDU-FDP-Koalition gelenkt. Im Doppel-Interview mit der „Wir im Sport“ im Düsseldorfer Landtag: Die beiden neuen Fraktionsvorsitzenden ihrer Parteien, Bodo Löttgen (CDU) und Christof Rasche (FDP).

Herr Löttgen, Herr Rasche: Der Landessportbund NRW ist mit der Kampagne „Das habe ich beim Sport gelernt“ in der Öffentlichkeit. Daher die Frage: Was haben Sie persönlich beim Sport gelernt?

Christof Rasche: „Ich habe 25 Jahre Handball gespielt. Da lernt man, sich durchzusetzen, zu kämpfen und gleichzeitig Teamplayer zu sein.“

Haben Sie sich auch mal verletzt? Handball ist eine intensive Sportart?

Rasche: „Zwei Schneidezähne mussten dran glauben… Was mir wichtig ist: Uns als Politiker eint mit dem Sport die prinzipielle Leistungsbereitschaft, ein hohes Engagement und das Ziel, gemeinsam etwas zu erreichen. Deshalb liebe ich den Mannschaftssport.“

Bodo Löttgen: „Erst einmal verbindet Christof Rasche und mich, dass auch ich im Mannschaftssport zu Hause war. Ich habe damals Volleyball gespielt. Eins bleibt aus dieser Zeit: Alleine kannst du so gut sein wie du willst, als Mannschaft bist du deshalb noch lange nicht erfolgreich. Und das lässt sich exakt auf die Politik übertragen. Für uns heute als Fraktionsvorsitzende ist es eine zentrale Aufgabe, das auszubalancieren.“

Herr Löttgen, Sie waren einige Jahre Vorsitzender der Kreissportbundes Oberberg. Herr Rasche, Sie sind seit 1996 Vorsitzender des Stadtsportverbandes Erwitte. Also: Sie kennen sich beide mit der kommunalen Vertretung des Sports sehr gut aus…

Löttgen: „Die zentrale Frage ist: Wie ist der Sport in den Kommunen verankert? Mein Eindruck: Sport steht in der kommunalen Politik oft immer noch nicht an erster Stelle. Und das ist genau die Aufgabe vor Ort: Der Sport muss angesichts seines sozialen, gesundheitsförderlichen und volkswirtschaftlichen Gewichts mehr Einfluss in der kommunalpolitischen Landschaft bekommen.“

Rasche: „Wichtig ist, dass der Sport vor Ort mit einer Stimme spricht. Sie dürfen sich in der Kommunalpolitik von anderen Interessengruppen, die vielleicht nicht so viel mit Sport am Hut haben, nicht auseinander dividieren lassen. Handelt der Sport nicht abgesprochen, reduzieren sich seine Möglichkeiten radikal.“

In vielen politischen Bereichen gibt es ja großen Dissens zwischen den Parteien. Wie ist das in der Sportpolitik? War die Verabschiedung des Koalitionsvertrages im Hinblick auf den Sport einfach?

Löttgen: „Viele der Handelnden in der Politik haben ein Herz für den Sport. Also gab es da keine großen Meinungsverschiedenheiten. Im Koalitionsvertrag steht der Sport gemeinsam z. B. mit der Kultur oder den Medien unter der Überschrift: „Land des gesellschaftlichen und sozialen Zusammenhalts“. Also ist der Sport eingeordnet in einen größeren gesellschaftlichen Kontext. Und dafür braucht der Sport eine gute Ausstattung.“

Rasche: „Die Politik schafft ja „nur“ die Rahmenbedingungen. Dafür ist der politische Wille ganz klar vorhanden. Der Landessportbund NRW und seine Untergruppierungen sind aber genauso gefragt, das auszugestalten.“

Ist für Sie das Kerngeschäft des Sports weiterhin der sportliche Wettbewerb?

Rasche: „Auf jeden Fall. Für mich gehört Wettbewerb zum Sport wie Wasser zur Natur. Für mich gehört auch dazu, dass jeder sein Potenzial ausschöpft.“

Löttgen: „Der Sport definiert sich weiter über das Gewinnen wollen – das hat er übrigens mit der Politik gemein.“

Thema Olympische Spiele in NRW. Wie stehen Sie dazu?

Löttgen: „Olympische Spiele würden nicht nur für das Sportland, für die Vereine eine immense Bedeutung haben. Es wäre ein Signal für Deutschland, dass ein solches Großereignis in unserer Heimat möglich ist. Eine Bewerbung oder sogar eine Ausrichtung der Spiele hätten für NRW eine große Schubkraft – nicht zuletzt wirtschaftlich.“

Rasche: „Olympische Spiele würden dem Image von NRW extrem gut tun. Wir könnten damit noch mehr für ein gesundes Selbstbewusstsein tun und alles, worauf wir stolz sein können, die Natur, die tollen Städte, die Menschen noch stärker in die Welt tragen. Und die Frage der Nachhaltigkeit wäre kein Problem: Die Sportstätten sind größtenteils schon vorhanden. Und neue Infrastruktur könnte dauerhaft genutzt werden.“

Herr Rasche, sie waren in der letzten Legislaturperiode verkehrspolitischer Sprecher ihrer Partei. Die kommunalen Vertretungen des Sports sehen sich immer mehr auch als Lobbyisten für Bewegung in der Stadt. Kann der Sport dabei behilflich sein, den NRW-Verkehrsinfarkt zu verhindern?

Rasche: „Dass man am Verkehr teilnimmt und sich dabei selbst bewegt, das war lange Zeit fast undenkbar. Es gibt aber eine gute Entwicklung: Die Menschen gehen mehr bewusst zu Fuß, nutzen vermehrt das Fahrrad. Die Verkehrsinfrastruktur – für Auto, Bahn, Fahrrad – ist für die wachsenden Verkehrsströme nicht ausreichend.“

Worin sehen Sie den Grund?

Rasche: „Es wurde einfach über Jahrzehnte zu wenig investiert. Das kriegt man von heute auf morgen nicht eingeholt. Die gemeinsame Aufgabe von Sport und Politik ist, Mobilität neu zu denken.  Beispiele sind Städte wie Münster oder Freiburg. Echte Fahrradstädte. Und warum können die Sportler und Zuschauer beispielsweise nicht bei Auswärtsspielen öffentliche Verkehrsmittel nutzen, statt immer mit dem Auto zu fahren? Das bietet sich in Ballungsgebieten doch an.“

Herr Löttgen, wie kann sich der Sport aus Ihrer Sicht noch mehr einbringen, dass Bewegung in der Stadt möglich wird?

Löttgen: „Also eine Bemerkung vorab. Wir als Politiker – zumindest spreche ich für unsere beiden Parteien – sind nicht daran interessiert, den Menschen etwas vorzuschreiben, z.B., wie oft oder wie sie sich bewegen. Die Entscheidung der Menschen sich – auch innerstädtisch – mehr zu bewegen, hat jedoch enorme volkswirtschaftliche Konsequenzen, beispielsweise durch die Reduktion von Krankheitstagen oder weniger Kosten für Medikamente. Kopenhagen als Bewegungs-und Fahrrad-Hauptstadt in Europa hat das bewiesen.“

Das vollständige Interview von Theo Düttmann und Frank-Michael Rall lesen Sie in der kommenden Ausgabe der „Wir im Sport“.

Quelle: www.lsb-nrw.de