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April 2024

Sport und Verein

Ein Schützenverein stritt mit dem Finanzamt um den Status der Gemeinnützigkeit im Hinblick auf die Veranlagung der Jahre 2005 bis 2009. In den Jahren zuvor war der Verein als gemeinnützig anerkannt und von der Körperschaftssteuer befreit. Die Leitung des Vereins erfolgte auf ehrenamtlicher Basis.

In der Vergangenheit hatte der Verein es mit seinen steuerlichen Erklärungspflichten nicht so genau genommen und sich nach Auskunft des Steuerberaters regelmäßig vom Finanzamt auffordern lassen, Steuererklärungen abzugeben. Im Anschluss daran seien dann Steuererklärungen erstellt worden.

Mangels abgegebener Erklärungen wurden am 25.10.2010 mit Bescheiden die Kalenderjahre 2005 bis 2009 im Hinblick auf die Körperschaftssteuer geschätzt. Die Körperschaftssteuer wurde für alle Jahre auf 0 Euro festgesetzt. Die Erläuterungen enthielten folgenden Text:

„Wegen Mängeln in der tatsächlichen Geschäftsführung (Nichtabgabe der Steuererklärungen) wird dem Verein der Status der Gemeinnützigkeit aberkannt. Der Verein ist nicht mehr berechtigt, Zuwendungsbescheinigungen auszustellen.“

Die Bescheide waren mit folgender Rechtsbehelfsbelehrung versehen:

„Die Festsetzung der Körperschaftssteuer und des Solidaritätszuschlags kann mit dem Einspruch angefochten werden. (..)

Der Einspruch ist bei dem vorbezeichneten Finanzamt schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. (..)“

Gegen diese Bescheide wurde zunächst kein Rechtsbehelf eingelegt.

Mit Schreiben vom 07.01.2011 teilte das Finanzamt dem Vorsitzenden des Schützenvereins mit, dass mit den Bescheiden vom 25.10.2010 der Status der Gemeinnützigkeit entzogen worden sei und daher der Verein nicht mehr berechtigt sei, Spendebescheinigungen auszustellen.

Anschließend reichte der Verein die Steuererklärungen für die Jahre 2005 bis 2008 ein.

Am 16.02.2011 legte der Verein gegen die Körperschaftssteuerbescheide 2005 bis 2009 Einspruch ein. Diese Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 20.09.2011 als unzulässig zurückgewiesen, da die Rechtsbehelfe außerhalb der Rechtsbehelfsfrist eingelegt worden seien.

Sowohl die einzelnen Steuerbescheide als auch die Einspruchsentscheidung verweisen auf die Internetadresse – www.finanzamt.nrw.de. Ein Hinweis auf eine E-Mail-Adresse wird nicht gegeben. Unter der Internet-Adresse ist allerdings die Homepage des hier zuständigen Finanzamtes zu erreichen. Unter dem Link „Kontakt per E-Mail“ erscheint ein weiteres Fenster, in welchem folgender Hinweis erscheint:

„Sie können die Finanzverwaltung in Nordrhein-Westfalen auch über E-Mail erreichen. (..)

Welche Angelegenheiten kann ich per E-Mail erledigen? (..)

Einsprüche gegen Steuerbescheide“

Gegen die Einspruchsentscheidung wandte sich der Schützenverein mit seiner Klage vom 21.10.2011.

Die angefochtenen Steuerbescheide verletzten den Verein in seinen Rechten. Verwaltungsakte müssten eine hinreichende Bestimmtheit ihres Ausspruchs haben. Eine solche sei aber hier nicht gegeben, so der Verein. Der Entzug der Gemeinnützigkeit stelle einen Verwaltungsakt dar. Dies könne nicht erst in den Erläuterungen eines Steuerbescheides geschehen. Für den Bürger sei sonst nicht erkennbar, welche Auswirkungen ein Bescheid habe.

Im Übrigen sei auch die Rechtsbehelfsbelehrung fehlerhaft. Es hätte nämlich nicht die Festsetzung der Körperschaftssteuer angegriffen werden müssen, sondern die Versagung der Steuerbefreiung.

Im Übrigen verwies der Verein auf eine Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachsen vom 14.11.2011 (10 K 275/11). In dieser Entscheidung ging es um die Frage, ob in einer Rechtsbehelfsbelehrung auf die Möglichkeit eines Einspruchs per E-Mail hinzuweisen ist.

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sind von der Körperschaftssteuer befreit Körperschaften (..), die nach der Satzung (..) und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen (..) Zwecken dienen.

Gemäß § 52 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern.

Die Entscheidung, ob eine Körperschaft als gemeinnützig qualifiziert werden kann, trifft das zuständige Finanzamt im Veranlagungsverfahren durch Steuerbescheid. Die Frage der Gemeinnützigkeit wird von Amts wegen für jeden Veranlagungszeitraum erneut beurteilt und zwar unabhängig von einer früheren Entscheidung.

Aufgrund der durchgeführten Veranlagung im Hinblick auf die Jahre 2005 bis 2009 wurde klargestellt, dass der Verein nicht wegen Gemeinnützigkeit von der Körperschaftssteuer freigestellt wurde. Wäre dem so, hätte eine Festsetzung selbst in einer Höhe von 0 Euro nicht erfolgen dürfen.

Insoweit handelt es sich rechtstechnisch nicht um einen Widerruf einer gewährten Freistellung, sondern vielmehr um das Ergebnis einer Veranlagung im Rahmen der Abschnittsbesteuerung. Die Finanzverwaltung hatte insoweit deutlich gemacht, dass sie für die Streitjahre nicht von einer Gemeinnützigkeit ausgeht.

Zwar mag diese Wirkung des Bescheides für einen steuerlich Unkundigen nicht auf den ersten Blick erkennbar sein, da die Ausführungen zur Gemeinnützigkeit ohne besondere Hervorhebung inmitten eines halbseitigen Textes verbunden mit weiteren Erläuterungen stehen. Der Vorstand eines Vereins ist jedoch verpflichtet, den Verein betreffende Steuerbescheide zu lesen bzw. zeitnah einem Rechtskundigen zur Prüfung vorzulegen. Insoweit können gegenüber gemeinnützigen Vereinen keine anderen Anforderungen gelten, als solche, die an jeden Steuerbürger in Bezug auf die Erfüllung seiner eigenen steuerlichen Pflichten gestellt werden.

Da der gegen die Bescheide erhobene Einspruch verfristet war, wurde der Einspruch zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

In seiner Rechtsbehelfsbelehrung musste das Finanzamt nicht gesondert auf die Möglichkeit eines Einspruchs per E-Mail hinweisen.

Gemäß § 355 Abs. 1 AO läuft die Einspruchsfrist gegen einen Verwaltungsakt einen Monat nach Bekanntgabe aus. Voraussetzung ist, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 356 AO dem Verwaltungsakt beigefügt war.

Ergeht danach ein Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch, so beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist.

Die Frist beginnt nicht, wenn die vorgeschriebene Belehrung fehlt oder unrichtig ist.

Gemäß § 87 a Abs. 1 AO ist die Übermittlung elektronischer Dokumente zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet hat. Die Finanzverwaltung geht insofern davon aus, dass für einen Einspruch per E-Mail eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz nicht erforderlich ist.

Ob eine Rechtsbehelfsbelehrung auf die Möglichkeit eines Einspruchs per E-Mail hinweisen muss, soweit ein Finanzamt die entsprechende Möglichkeit eröffnet, ist streitig.

Das Finanzgericht Niedersachsen hat in einer Entscheidung vom 24.11.2011 (s.o.) entschieden, dass in die Rechtsbehelfsbelehrung eines Steuerbescheides der Hinweis auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung per E-Mail aufgenommen werden müsse. Soweit diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, sei die Belehrung unvollständig und es gelte die Jahresfrist des § 356 Abs. 2 AO.

Nach einer anderen Ansicht besteht keine Notwendigkeit, in einer Rechtsbehelfsbelehrung auf die Möglichkeit eines elektronischen Rechtsbehelfs hinzuweisen.

Begründet wird diese Ansicht damit, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung, die sich an dem gesetzlichen Wortlaut orientiere, ausreichend sei. Der Hinweis auf die Möglichkeit, einen Rechtsbehelf schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde einzulegen, sei zutreffend und widerspreche nicht dem Gesetz  und sei daher auch nicht unrichtig.

In der Rechtsprechung ist seit Jahren anerkannt, dass in einer Rechtsbehelfsbelehrung auch keine Hinweise auf die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs per Telefax, Computerfax oder Funkfax enthalten sein müssen.

Der Bundesfinanzhof hat denn auch in einem Beschluss die Frage, ob eine Rechtsbehelfsbelehrung die Möglichkeit eines Einspruchs per E-Mail enthalten müsse, wenn die Behörde auf ihrer Internetseite auf eine entsprechende Möglichkeit hinweise, als „nicht klärungsbedürftig“ beurteilt, da sich die Beantwortung aus dem Gesetz ergebe.

Finanzgericht Köln vom 30.05.2012 – 10 K 3264/11 –