sid

November 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Flattach (SID) – Maria Höfl-Riesch ist fest davon überzeugt, dass ihre wohl letzte Saison eine erfolgreiche wird. Auf dem Weg zum erhofften dritten Olympia-Gold wandelt sie auch auf den Spuren des „Herminators“.

Früher, berichtet Heinrich Bergmüller auf seiner Internetseite enorminform.at nicht ohne Stolz, habe man ihn den „Schinderheini“ genannt. Seine bisweilen gnadenlosen Methoden haben Hermann Maier zum „Herminator“ und Doppel-Olympiasieger gemacht. Für insgesamt neun olympische Goldmedaillen zeichne er verantwortlich, meint Bergmüller. Inzwischen geht er sanfter vor. „Bergmüller macht glücklich und gesund“, schreibt er. Und er soll schneller machen – und zwar Maria Höfl-Riesch, die beste deutsche Ski-Rennläuferin.

Höfl-Riesch sitzt im Eissee-Restaurant am Mölltaler Gletscher in Kärnten/Österreich und lächelt ihr schönstes Lächeln, als sie davon erzählt, wie sie „Heini“ kennenlernte. Es war Frühjahr 2013, und die vergangene WM-Saison war trotz Kombi-Gold und Abfahrts-Bronze für Höfl-Riesch nicht vollauf zufriedenstellend verlaufen . Die Slowenin Tina Maze hatte den Winter fast nach Belieben dominiert. Wie, fragte sich Höfl-Riesch, kann ich Maze im wahrscheinlich letzten Ski-Winter meiner Karriere schlagen – und nochmal in den Olymp aufsteigen?

Sie erinnerte sich an Hermann Maier. „Der war immer so wahnsinnig beinander und wahnsinnig konstant, obwohl er ein heftiges Programm gefahren ist. Ähnlich wie die Tina“, sagt sie. Höfl-Riesch fuhr zu Maier und ließ sich erklären, was ihn zur Ski-Legende machte. „Für ihn war das Wichtigste: Der Heini und das Training vom Heini“, sagt Höfl-Riesch. Sie beschloss, es auch mit Bergmüller zu versuchen. Die Partenkirchnerin mag sich im Zielhang ihrer Karriere befinden, „aber Wille und Ehrgeiz sind da, noch einmal erfolgreich zu sein“.

Bergmüllers Trainingsprogramm sei dafür „ein Mosaikstein“, sagt sie, und untertreibt ein wenig. In Abstimmung mit dem Deutschen Skiverband (DSV) tauscht sich die 28-Jährige täglich mit Bergmüller aus. „Grundlagen, Grundlagen, Grundlagen“, umschreibt sie dessen Philosophie. Für Höfl-Riesch war es ein Wagnis, sich auf den nicht unumstrittenen Coach einzulassen. Der stellte ihre Vorbereitung komplett um. Sie begann viel später als über die Jahre gewohnt mit dem Krafttraining und saß „Stunden und Tage auf dem Ergometer“. Zwischendurch fuhr sie zur Körperanalyse zu Bergmüller nach Wien.

Höfl-Riesch machte schnell „wahnsinnig viele Fortschritte“, drei bis vier Kilogramm Muskelmasse habe sie zugelegt: „Ich habe an einem Abend richtig gemerkt, wie’s mir die Oberschenkel aufbläst.“ Zudem erhole sie sich „wahnsinnig gut“, wenn sie nicht wie derzeit leicht erkältet ist. Auch Bergmüller habe „das Laufen über Wasser nicht erfunden“, sagt DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier, „aber er bringt den ein oder anderen neuen Aspekt rein“. Höfl-Riesch habe sich auf diese Weise körperlich „auf ein sehr gutes Niveau gebracht“.

Das ist auch notwendig. Allein im Weltcup stehen 34 Wettbewerbe für die Allesfahrerin auf dem Programm, dazu kommen fünf Starts bei Olympia sowie zahlreiche Trainings- und Reisetage. Für Höfl-Riesch ist es „ein Trott“. Wer sie so reden hört, spürt ihren Ehrgeiz, es wieder nach ganz oben zu schaffen, wie beim Doppel-Gold 2010. Doch es schimmert auch die Sehnsucht nach dem anderen Leben abseits der Piste durch: „Ich will nicht jammern, aber es wird nicht leichter.“

Die endgültige Entscheidung über ihre Zukunft werde erst nach den Spielen fallen, meint Höfl-Riesch, ehe sie ungewollt doch etwas mehr erahnen lässt. Olympia und der Erfolg bei den Spielen sei das, „was hängen bleibt“ von einer Sportlerkarriere, sagt sie, „und da wäre es schön, es zum Abschluss nochmal zu krönen“. Und für einen goldenen Abschied unterwirft sich Maria Höfl-Riesch sogar dem Regime des einstigen „Schinderheinis“.