Köln (SID) Wassermassen stürzen den wilden Gebirgsfluss hinab, scharfkantige Steine ragen aus dem wirbelnden Fluten. Nur eine dünne Plastikwand schützt Domenik Bartsch vor den spitzen Felsen und Vorsprüngen, wenn er sich mit seinem Kajak den reißenden Strom hinabstürzt. Es ist der Finallauf der Weltmeisterschaft der Extremkajakfahrer.
150 Sportler haben sich im österreichischen Ötztal versammelt, um auf der Wellerbrücke den Besten zu küren – und Bartsch ist mittendrin. Am Ende wird er Achter, nur wenige Sekunden hinter den Podiumsplätzen. „Ich habe es noch immer nicht realisiert“, sagt der 27-Jährige im Rückblick auf das Extremwochenende in Tirol: „Dass ich am Ende sogar der beste Deutsche war, habe ich erst später im Fernsehen erfahren.“
Dabei musste der gebürtige Düsseldorfer zu seiner ersten Teilnahme vor vier Jahren erst überredet werden. „Meine Freunde haben da ganz schöne Überzeugungsarbeit leisten müssen, ich hielt das Ganze am Anfang nämlich für eine ziemliche Schnapsidee“, sagt Bartsch, der damals im Halbfinale ausschied: „Da hat mich doch der Ehrgeiz gepackt, und ich wollte es einfach wissen.“
Von nun an trainiert er in jeder freien Minute, „entweder alleine oder mit Freunden, aber immer im Wildwasser“, sagt Bartsch, der seine Liebe für das kühle Nass schon als Kind entdeckt hat. Erst nimmt ihn der Vater zu gemeinsamen Ruderausflügen mit, wenig später geht er im Kanuslalom bei Turnieren an den Start – mit Erfolg. In der olympischen Disziplin gewinnt er nationale Titel und wird mit der Mannschaft sogar Zweiter bei der WM.
Trotzdem entscheidet er sich schließlich nach langem Überlegen für eine Beamtenlaufbahn und gegen eine Sportkarriere: „Da musste ich einfach vernünftig sein und an meine Zukunft denken“, sagt er. Aber ganz ohne Wasser geht es dann doch nicht: „Schon nach kurzer Zeit juckt es mich immer in den Fingern, und ich muss wieder aufs Wasser. Dort finde ich meinen Ausgleich, ich kann abschalten und mich voll und ganz auspowern – allen voran im Wildwasser“
Gerade die extremen Bedingungen im Ötztal sind es, die für Bartsch den großen Reiz an der rasend gefährlichen Abfahrt ausmachen: „Man muss jederzeit hochkonzentriert sein, denn hier wird jeder kleine Fehler brutal bestraft.“ Schließlich gilt die Wellerbrücke als eine der schwierigsten Strecken der Welt und wird von Experten sogar als „Eiger-Nordwand des Wildwassersports“ bezeichnet. Vom Start auf einem Felsvorsprung stürzen sich die Athleten rund sechs Meter in die Tiefe – um dann auf der 200 Meter langen und steilen Strecke ganze 20 Höhenmeter zu überwinden. Rund eine Minute dauert der Höllenritt.
„Ein unglaubliches Gefühl und ein wahnsinniger Nervenkitzel“, sagt Bartsch, der seine Teilnahme an der nächsten WM der Extremkajakfahrer bereits fest eingeplant hat: „Da ist schon alles geklärt und mit meinem Arbeitgeber abgesprochen.“ Unterstützung erfährt er dabei von seiner Familie und Freunden, „schließlich haben die mich ja auf diese Schnapsidee gebracht – ich bin ihnen auf ewig dankbar!“