Ein Sportverein in Sachsen-Anhalt hatte 1999 einen Handballtrainer rumänischer Herkunft als Co-Trainer für seine 1. Handballmannschaft verpflichtet. Der Vertrag hatte im Wesentlichen folgenden Wortlaut:
- Honorartätigkeit als Co-Trainer für die Handball-Bundesligamannschaft Männer.
- Die Vergütung erfolgt pauschal mit 1.000 DM/Monat zzgl. 16 % MWSt. (160 DM).
- Aufgabenstellung: Durchführung des Trainings im athletischen und konditionellen Bereich; Unterstützung des Cheftrainers.
- Beide Trainer sind sich einig, dass die Tätigkeit als Ausübung eines freien selbständigen Berufes gilt. Die Vergütung unterliegt daher nicht dem Lohnsteuerabzug. Herr L. ist somit verpflichtet und bereit, die aus der Tätigkeit erzielten Einkünfte selbst zu versteuern.
- Für die Einhaltung arbeitsrechtlicher Bestimmungen sowie für versicherungsrechtliche Fragen bei der Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit ist Herr L. verantwortlich.
- Die Vergütung erfolgt als Pauschalvergütung nach Vereinbarung.
- Die Vergütung erfolgt als Überweisung auf (…es folgen Kontonummer, Bankleitzahl und Kreditinstitut).
- Die Vereinbarung ist gültig vom 01.07.1999 bis 30.06.2001 und kann mit einer Frist von 14 Tagen zum Monatsende gekündigt werden, sofern Herr L. seine Tätigkeit als Co-Trainer beendet.“
Teilweise parallel zu dieser Tätigkeit war der Trainer als hauptberuflicher Bundesstützpunkt-/Leistungszentrumtrainer für den Verein zur Förderung des Leistungssports in Sachsen-Anhalt e.V. tätig. Für den Sportverein übte er seine Tätigkeit als Co-Trainer über den vertraglich fixierten Zeitraum hinaus aus.
Nach einer Betriebsprüfung beim Sportverein, die die Jahre 1999 und 2000 betraf, wurde festgestellt, dass der Co-Trainer in dem geprüften Zeitraum der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung unterlag und es wurden entsprechende Beiträge beim Sportverein nachgefordert.
Bei einer weiteren Betriebsprüfung für den Zeitraum 1. Juli 2000 bis 31. Dezember 2003 wurde festgestellt, dass für den Co-Trainer vom Verein nach wie vor keine Beiträge entrichtet worden waren. Nach Anhörung des Vereins wurden mittels Bescheid die Sozialversicherungspflicht des Co-Trainers für den betreffenden Zeitraum festgestellt, die eine Nachzahlungsforderung in Höhe von 29.481,65 Euro zzgl. Säumniszuschlägen bedeutete.
Der Sportverein begründete seinen Widerspruch gegen diesen Bescheid u.a. damit, dass für den Co-Trainer deshalb keine Sozialversicherungspflicht bestanden habe, weil er in seiner Tätigkeit als Co-Trainer kein Beschäftigter im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV gewesen sei.
Eine persönliche Abhängigkeit des Co-Trainers vom Sportverein habe nicht vorgelegen. Vielmehr hätten beide Vertragsparteien eine selbständige Tätigkeit des Co-Trainers gewollt. Die Bezeichnung „Co-Trainer“ habe nicht dem wirklichen Inhalt der Tätigkeit entsprochen. Bei den Spielen und dem Training des Cheftrainers sei er nicht anwesend gewesen.
Seine Tätigkeit sei vielmehr projektbezogen gewesen. Dauer, Ort und Inhalt des Trainings habe der Co-Trainer selbst festgelegt. Für Lauf- und Krafttraining sei er nicht auf die Halle angewiesen gewesen. Deshalb habe eine Eingliederung in betriebliche Abläufe des Vereins nicht vorgelegen. Nur der grobe Zeitrahmen sei mit dem Cheftrainer abgesprochen gewesen. Von einer Weisungsbefugnis des Arbeitgebers könne deshalb keine Rede sein. Der Verein habe jedenfalls keinerlei Einfluss auf die Zeit, die Dauer, den Ort und die Art der Ausführung des Trainings gehabt.
Und schließlich sprachen der zeitliche Aufwand und die Höhe der Vergütung für eine selbständige Tätigkeit des Co-Trainers. Er sei neben seiner hauptamtlichen Tätigkeit als Stützpunkttrainer lediglich zweimal in der Woche für wenige Stunden zu einem geringen Pauschalhonorar tätig geworden.
Nach der Vereinbarung sei der Co-Trainer im Falle von Urlaub oder Erkrankung nicht abgesichert gewesen. Deshalb habe das unternehmerische Risiko bei ihm gelegen.
Das nach erfolglosem Widerspruch angerufene Sozialgericht hatte der Klage des Vereins stattgegeben und eine selbständige Tätigkeit des Co-Trainers bejaht. Zwar habe dieser bei seiner Tätigkeit dem durch den Cheftrainer organisierten Trainingsbetrieb der Bundesligamannschaft zeitlich unterordnen müssen, eine Anpassung an solche Gegebenheiten stelle aber noch keine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Vereins dar.
Die wesentlich freie Gestaltung des Trainings nach Inhalt und Zeit sowie das unternehmerische Risiko des Co-Trainers wegen des Fehlens von Urlaubs- und Entgeltfortzahlungsregeln bedeuteten eine selbständige Tätigkeit.
Erst die Berufung führte zu einer Korrektur und der Feststellung einer Sozialversicherungspflicht für alle Betroffenen.
Gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen unterliegen dem Grunde nach der Versicherungspflicht. In der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI), der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), der Pflegeversicherung (§ 1 Abs. 2 SGB XI) und der Arbeitslosenversicherung (§ 24 Abs. 1 SGB III).
Ob eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt vorliegt, beurteilt sich nach § 7 Abs. 1 SGB IV. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Anhaltspunkt für eine Beschäftigung sind nach Satz 2 der genannten Vorschrift eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in eine Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Die Abgrenzung der nichtversicherten Selbständigen von der versicherungspflichtigen Tätigkeit ist danach vorzunehmen, ob der Beschäftigte von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Persönlich abhängig ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb der Beschäftigte, der in den Betrieb eingegliedert ist und einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterworfen ist.
Demgegenüber ist kennzeichnend für eine selbständige Tätigkeit das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die Möglichkeit, frei über den Arbeitsort und die Arbeitszeit zu verfügen.
Sofern eine Tätigkeit Merkmale aufweist, die sowohl auf eine Abhängigkeit als auch auf eine Unabhängigkeit hinweisen, ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen.
Bei Anwendung dieser Kriterien gab es für das Landessozialgericht keine Zweifel, dass der Co-Trainer zum Sportverein in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hatte.
Der Co-Trainer war bei Ausübung seiner Tätigkeit als weiterer Trainer zwingend und insgesamt in den Betrieb des Sportvereins eingegliedert.
Dies folgt schon aus den Formulierungen des Vertrages, wonach ausdrücklich eine Tätigkeit als „Co-Trainer“ genannt war. Auch aus den Besonderheiten des Leistungssports, insbesondere im Bereich des Mannschaftsleistungssports, folgt nichts anderes. In diesem Bereich ist eine intensive und einheitliche Planung der zu erbringenden Übungseinheiten zwingend erforderlich. An dieser vom Cheftrainer zu leistenden Planung war der Co-Trainer beteiligt. Die Verpflichtung dazu ergab sich aus dem mit dem Sportverein geschlossenen Vertrag, die den Co-Trainer zur Unterstützung des Cheftrainers verpflichtete. Dies spricht für eine abhängige Beschäftigung in der Beraterfunktion.
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt vom 13.10.2011 – L 1 R 305/09 –