Berlin (SID) Sie war jahrelang das wohl bekannteste Aushängeschild des Behindertensports, nun ist Verena Bentele zur Behindertenbeauftragten der Bundesregierung berufen worden.
Als Verena Bentele vor knapp zwei Jahren überraschend ihre Karriere als Sportlerin beendete, verstand sie zunächst kaum jemand. Die von Geburt an blinde Biathletin und Langläuferin war schließlich gerade erst zum Sportstar aufgestiegen, hatte den Bambi und den Laureus Award gewonnen, war zur Weltbehindertensportlerin gewählt und das Gesicht der paralympischen Bewegung geworden.
Doch wenn die zwölfmalige Paralympicssiegerin sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann geht sie ihren Weg. Das Energiebündel Bentele stürzte sich immer mit Inbrunst in die nächsten Aufgaben. Im Januar wurde sie vom Bundeskabinett als Behindertenbeauftragte der Bundesregierung bestellt. In dieser Funktion wird sie nach Regierungs-Angaben künftig „Einfluss auf politische Entscheidungen“ nehmen und „aktiv die Gesetzgebung auf Bundesebene begleiten: Sie hat immer dann mitzureden, wenn die Belange von Menschen mit Behinderungen betroffen sind. Egal, ob es dabei um Barrierefreiheit, Bildung, Rehabilitation, Teilhabe, Gesundheit oder Pflege geht“.
Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS), bezeichnete die Personalie im Gespräch mit dem SID als „wunderbare Nachricht für Menschen mit Behinderung in Deutschland und den Deutschen Behindertensport“.
Und natürlich hält Beucher, der selbst von 1990 bis 2002 für die SPD im Bundestag saß und von 1998 bis 2002 dem Sportausschuss vorstand, sie für fähig, die komplexe Aufgabe zu meistern. Bentele selbst brauchte „natürlich etwas Bedenkzeit“, wie sie dem SID eingestand: „Es ist schließlich ein anderer Arbeitsbereich. Aber es ist eine superspannende Aufgabe, auf die ich mich sehr freue.“
Es handele sich um ein „interessantes und herausforderndes Langstreckenrennen. Es wird viel Einsatz und Energie erfordern. Aber das kenne ich ja aus dem Sport.“
Und nicht nur von dort. Seit dem Karriere-Ende 2011 hat Verena Bentele ihr Studium abgeschlossen, sie hielt Motivationsvorträge bei großen Unternehmen (Allianz, Daimler, Procter&Gamble), schrieb ein Buch („Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser“), das Ende Februar 2014 erscheinen soll.
Zudem bestieg sie im vergangenen März den Kilimandscharo (5895 m) und, als erste Blinde überhaupt, den ebenfalls zum Massiv gehörenden Mount Meru (4500 m). „Nach einigen Monaten Arbeit habe ich mir nichts mehr gewünscht, als mich mal wieder so richtig zu quälen“, sagt sie: „Bei mir muss immer alles schnell gehen. Manche Ziele erreicht man aber eher durch Gelassenheit. Das erfährt man nirgendwo besser als am Berg.“
Wer so etwas schafft, der schreckt auch vor schwierigen und verantwortungsvollen Aufgaben nicht zurück. Etwas zu wagen ist ein wichtiges Lebensmotto der in Lindau geborenen Athletin. „Ich wurde gefragt und ich habe ja gesagt“, sagt Bentele, seit 2012 Parteimitglied, deshalb zum Angebot der Bundesregierung, das die neue Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles ihr unterbreitet hat.