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April 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Hennef (pps) Behindert ist Anna-Lena Forster von Geburt an. Links ein verkürzter Oberschenkel, rechts gar nichts. Aber die Eltern waren und sind begeisterte Ski-Fahrer. Forster lachend „Heute fahre ich risikoreicher als die.“

Inzwischen ist sie 18, hat einen drei Jahre älteren Bruder, ist lebensmutig, heiter und optimistisch: „Wenn ich heute gegen Maria Höfl-Riesch, die ich sehr bewundere und respektiere, fahren dürfte und die in einen Monoski steigen müsste, dann, denke ich, könnte ich sie schlagen.“ Denn, so erklärt die Vize-Weltmeisterin von 2013 im Slalom, in einem Monoski müsse viel mehr mit Hüfte und Rumpf gearbeitet werden als mit den (fehlenden) Beinen: „Und da bin ich einfach besser trainiert.“

Die Förderung der DFB-Stiftung Egidius Braun hat sie dann auch in den Kauf eines Spezialfahrrades angelegt, auf dem die Pedale mit der Hand bewegt werden: „Wichtig für das Kraft- und Muskeltraining. So ein Fahrrad kostet ein paar Tausend Euro, ein Monoski bis zu 6000. Ich bin der Stiftung dankbar, und froh, dass nicht nur meine Eltern und die Verbände meinen Sport finanzieren müssen.“

Ein Monoski, dies zur Erklärung für den, ist eine Sitzschale mit Stoßdämpfern und einem Ski unter der Schale. Zur Stabilisierung werden den Fahrerinnen und Fahrern noch mit den Armen lenkbare kleine Skis an den Seiten zur Verfügung gestellt.

Auf die Paralympics in Sotschi vom 7. bis 16. März freut sich Forster schon narrisch: „Ich war vor vier Jahren in Vancouver als Zuschauerin dabei. Diesem Einmarsch der Nationen, dem fiebere ich schon entgegen.“ Sie sagt tatsächlich „Einmarsch“, wenngleich sie ihn in einem Rollstuhl wird bestreiten müssen. Aber mit dieser Behinderung geht sie offen um: „Mir ist es in einer Disco lieber, wenn mich die Leute anquatschen, als wenn sie betreten zur Seite schauen.“

Für Sotschi hat die Radolfzellerin nach dem Abitur auf ein sofortiges Studium verzichtet. Fünftägige Trainingslager in der Schweiz, Österreich oder Italien sind neben den Wettkämpfen keine Seltenheit.

Im Herbst aber soll es mit der Psychologie losgehen. Wo? „Ich habe lange zwischen Berlin und München geschwankt. Aber dann habe ich mich doch für die Nähe zu den Bergen entschieden.“ Jetzt geht die Zimmersuche in Deutschlands heimlicher Hauptstadt los. Aber da kann Anna-Lena bestimmt auf den Olympia-Stützpunkt vor Ort zählen.

Die DFB-Stiftung Egidius Braun (www.egidius-braun.de) ist exklusive Partnerin der Stiftung Deutsche Sporthilfe im Rahmen des Programms „Nachwuchseliteförderung paralympisch“. Insgesamt fördert die nach dem früheren DFB-Präsidenten benannte Stiftung derzeit 24 Sportlerinnen und Sportler mit Handicap. Diese erhalten 2.000 Euro pro Jahr und zusätzlich bis zu 2.000 Euro bei Nachweis der Notwendigkeit weiterer Maßnahmen (Ausrüstung, Trainingslager, Reisekosten, Teilnahme an internationalen Wettkämpfen, die zum Paralympics-Start qualifizieren etc.)

Stiftungsgeschäftsführer Wolfgang Watzke sagt: „Seit Errichtung unserer Stiftung im Jahr 2001 sind wir der Deutschen Sporthilfe verbunden und unterstützen solidarisch die Förderung von Sportlerinnen und Sportlern anderer Sportarten. Seit vier Jahren fokussieren wir uns dabei auf Athletinnen und Athleten mit Behinderungen. Wir sind stolz auf unsere ‚Patenkinder‘ und versuchen, ihnen auch über die rein finanzielle Unterstützung als Partner zur Seite zu stehen.“

Ein Aufgebot von 13 Athleten kämpft bei den XI. Paralympischen Winterspielen in Sotschi (7. bis 16. März) für Deutschland um Gold, Silber und Bronze. Das Nationale Paralympische Komitee nominierte Mitte Februar sieben Männer und sechs Frauen in den Disziplinen Ski alpin, Para-Snowboard und Ski nordisch. „Unser Team besteht aus einigen erfahrenen und erfolgreichen, aber auch aus jungen Athleten“, sagte Chef de Mission Karl Quade. „Man könnte auch sagen, wir schicken eine kleine, aber feine Mannschaft nach Sotschi. Wenn es den Athleten gelingt, vor Ort ihre Topleistungen abzurufen, dann werden wir auch schöne Erfolge feiern.“

Die 13 Athleten und zwei Begleitläufer werden von 27 Personen im Funktionsteam betreut. Jüngster deutscher Teilnehmer ist Anna-Lena Forster (18), Ältester Andrea Eskau (42). In Vancouver 2010 hatten 20 deutsche Sportler 24 Medaillen geholt, davon 13-mal Gold. Damit belegte Deutschland den ersten Platz im Medaillenspiegel.

Das deutsche Aufgebot für die Paralympics:

  • Ski alpin: Anna-Lena Forster (Radolfzell/Stahringen), Franz Hanfstingl (Bruckmühl), Georg Kreiter (Egling/Öhnböck), Thomas Nolte (Räbke), Andrea Rothfuss (Innsbruck), Anna Schaffelhuber (München)
  • Para-Snowboard: Stefan Lösler (Kirchheim)
  • Ski nordisch: Willi Brem (Ketterschwang), Andrea Eskau (Bergheim), Martin Fleig (Gundelfingen), Vivian Hösch (Freiburg), Tino Uhlig (Baiersbronn), Anja Wicker (Stuttgart)

Foto: Ralf Kuckuck, DBS-Akademie