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April 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Berlin (SID) Er integrierte, polarisierte und scheute niemals das offene Wort im Sinne des Sports: Manfred von Richthofen, der langjährige Präsident des Deutschen Sportbundes (DSB) und streitbare Kämpfer, ist am 1. Mai in seiner Heimatstadt Berlin gestorben. Am 7. Februar hatte der Neffe des legendären gleichnamigen Fliegerbarons noch die Glückwünsche zu seinem 80. Geburtstag entgegengenommen.

„Die Nachricht vom Tod von Manfred von Richthofen habe ich mit großer Betroffenheit vernommen“, sagte Thomas Bach, IOC-Präsident und langjähriger Wegbegleiter des Verstorbenen: „Er war ein streitbarer Geist, der sich vehement für die Interessen des Sports in Deutschland eingesetzt hat.“

Für ihn persönlich, so Bach weiter, sei von Richthofen ein „äußerst verlässlicher Partner in der Durchsetzung unseres gemeinsamen Anliegens, nämlich der Fusion des damaligen DSB mit dem damaligen NOK für Deutschland zum Deutschen Olympischen Sportbund“ gewesen: „Als DOSB-Präsident konnte ich auf vielen seiner Initiativen, insbesondere im Bereich des Breitensports, aufbauen. Dabei war er ein ebenso verlässlicher wie kritischer Wegbegleiter, dem ich mit Dankbarkeit und Respekt ein ehrendes Andenken bewahre.“

Für den DOSB würdigte dessen Präsident Alfons Hörmann den Verstorbenen: „Der gesamte deutsche Sport ist in tiefer Trauer um Manfred von Richthofen“, sagte Hörmann: „Er hat sich als Sportpolitiker um die vielfältigen Themen des Sports große Verdienste erworben, besonders für das Thema Breitensport/Sportentwicklung stand er wie kaum ein Zweiter. Er hat für den Sport in seiner gesellschaftspolitischen und sozialen Bedeutung wichtige Weichen gestellt.“

Mit seinen oft kritischen Einwänden hatte sich DOSB-Ehrenpräsident Manfred von Richthofen stets Respekt und Gehör verschafft. „Berlin trauert um seinen Gentleman des Sports“, sagte Berlins Innen- und Sportsenator Frank Henkel: „Wir werden Manfred von Richthofen als Persönlichkeit von Grandezza und echten Sportsmann in Erinnerung behalten.“

Frank Steffel, der Präsident des von Manfred von Richthofen besonders wertgeschätzten Handball-Bundesligisten Füchse Berlin, trauert um „einen väterlichen Freund. Mit seinen klugen Ratschlägen hat er mir in den vergangenen 25 Jahren oft geholfen. Ich bin ihm zu tiefem Dank verpflichtet.“

Geprägt war von Richthofens Amtszeit von der Dauerfehde mit den NOK-Präsidenten Walther Tröger (bis 2002) und Klaus Steinbach (bis 2006). Nachdem er 1996 beim Versuch gescheitert war, die Fusion von NOK und DSB herbeizuführen, ging sein Wunsch zehn Jahre später mit der DOSB-Gründung doch noch in Erfüllung. Richthofen galt als einer der Antreiber dieser von ihm stets herbeigesehnten Fusion. Der Sport in Deutschland, so hatte er immer unterstrichen, müsse mit einer Stimme sprechen.

Richthofen studierte Sport und Sozialpädagogik und war zwischen 1951 und 1961 aktiver Spieler in der Hockey-Oberliga. Von 1960 bis 1969 war er Sportlehrer am Berliner Canisius-Kolleg und übte verschiedene Trainerfunktionen beim Berliner Hockeyverband aus. Seine Funktionärs-Laufbahn begann er im Jahr 1969 als Direktor des LSB Berlin, dessen Präsident er 1985 wurde. Dem NOK gehörte er von 1983 bis 1997 als Persönliches Mitglied an. Von Richthofen erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter das Große Bundesverdienstkreuz.

In den 90er Jahren war von Richthofen maßgeblich an der Aufarbeitung des von Doping und Stasi durchzogenen DDR-Sports beteiligt. Vieles ließ sich der Mann mit Vorliebe für Maßanzüge und Seidenkrawatten nachsagen, aber nicht, „dass ich an dieser Stelle zaghaft war“. Schwerpunkt seiner Arbeit waren außerdem Bereiche wie Gesundheit, Sport für Alle, Spitzensportentwicklung, Ehrenamt, Umweltschutz, Schulsport, Integration sowie gesellschaftlicher Schulterschluss etwa mit Kirche, Kultur, Gewerkschaften und Arbeitgebern.

Stets sorgte sich von Richthofen vor allem um den Sport im Verein, an einen Bedeutungsverlust der Vereine in Zeiten des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels mochte er nie glauben. „Der ganze Sport wird auch in Zukunft mit den von der Ehrenamtlichkeit getragenen Vereinen stehen und fallen“ – so lautete sein Credo. Von Richthofen nannte die Sportvereine „ein für die Gesellschaft unverzichtbares Netz von Sozialstationen“