Manaus (SID) Das Physik-Genie Stephen Hawking hat vor dieser WM eine Formel aufgestellt. Mit deren Hilfe sollen die Engländer in Brasilien endlich zum Erfolg kommen. Hawking will herausgefunden haben, dass die chronisch panischen Elfmeterschützen von der Insel bei der Auswahl ihrer Schützen doch bitte auf Blond setzen sollen. Will heißen: Hellhaarige treffen besser vom ominösen Punkt.
Über die aussichtsreichsten Frisuren oder den Einfluss von Tattoos auf den großen Wurf am Zuckerhut hat sich Hawking nicht ausgelassen. Kyle Beckerman wird das reichlich egal sein. Der WM-Debütant im US-Team von Coach Jürgen Klinsmann war neun Jahre nicht mehr beim Friseur, hat Dreadlocks wie Bob Marley und ist wild tätowiert – quasi der ultimative Gegenentwurf zum weltmeisterlichen Schwiegermuttertraum. Nach Brasilien kam der „Wild Boy“ standesgemäß mit Gitarre auf dem Rücken angereist. „Unser Bob Marley, unser Freigeist“, sagte Kollege Brad Davis über Beckerman. Seine verfilzten Haare hatten zeitweise sogar einen eigenen Twitter-Account.
Mehr im Blickpunkt bei den Freunden des gepflegten Tattoos steht allerdings Daniele de Rossi, der Bahn-, oder vielleicht sogar Beinbrechendes präsentiert. Der italienische Nationalspieler aus der heiligen Stadt Rom hat sich ein Grätschen-„Warnschild“ auf die rechte Wade tätowieren lassen. Nach dem Motto: Bitte fünf Meter Abstand halten. Entsprechend energisch fegte „Sensenmann“ de Rossi im Auftaktspiel der Squadra Azzurra gegen England dazwischen.
Und auch die WM-Stars Neymar und Lionel Messi geizen nicht mit Körperschmuck, der vor allen Dingen unter familiären Zeichen steht. Brasiliens Wunderknabe Neymar verbindet mit seiner Schwester ein Diamant-Tattoo am Oberarm, das auch Raffaella trägt. Die Namen des Sohnemanns (David Lucca) und Neymars Mutter (Nadine) finden sich ebenfalls wieder.
Interpretationsfreudiger kommt die „Inschrift“ am Rücken von Neymar daher: „Blessed“ („Gesegnet“) steht da zu lesen. Und stimmt ja auch irgendwie, wie man beim 3:1-Auftaktsieg der Seleçao gegen Kroatien sehen konnte. Zweimal traf Neymar da Silva Santos Junior, mit inzwischen vier Toren die Nummer eins der Torschützen. „Die Bilder und Schriften sind Kunst, sie geben mir so viel und machen mich stark“, sagte der 22-Jährige vom FC Barcelona.
Argentiniens Zauberer Messi indes hat seinen Sohn Thiago an gefährlicherer Stelle verewigen lassen: An der linken Wade.
Über so viel Harmlosigkeit kann Stürmer Mario Balotelli wohl nur lachen. Der „Bad Boy“ der Italiener wartet mit einem Khan-Spruch auf seiner linken Brust auf, der übersetzt heißt: „Ich bin die Strafe Gottes. Wenn du nicht so große Sünden begangen hättest, hätte Gott dir nicht eine Bestrafung wie mich geschickt.“ Aha – noch Fragen?
Auf verspielte Akzente setzt indes Spaniens Fernando Torres. Der „Herr der Ringe“-Fan hat sich auf den Arm seinen Vornamen in Tengwar, der Elbenschrift aus Tolkiens Fantasy-Epos, eintätowieren lassen. Quasi ein Stück Mittelerde im Land des Sambas – Torres sei Dank.
Wesentlich tragischer mutet die Geschichte an, die sich hinter dem Tattoo seines spanischen Teamkollegen David Silva verbirgt. Der Mittelfeldspieler von Manchester City küsst nach jedem Tor den Schriftzug „Cynthia“ auf seinem linken Handgelenk. Zum Andenken an seine Cousine, die mit drei Jahren an Krebs starb. „Es ist meine Art, jedes Mal an sie zu erinnern“, erklärte Silva.
In der DFB-Auswahl sorgt vor allen Dingen Jérôme Boateng für einen schönen Anblick. Der Bayern-Verteidiger hat sich auf dem Rücken gleich den Stammbaum der Familie mit 21 Namen stechen lassen.
Auf einen ganz Großen der Tattoo-Zunft müssen die Fans bei der WM allerdings verzichten. Torjäger Zlatan Ibrahimovic verpasste mit seinen Schweden die Titelkämpfe. Also keine Spielkarten, Zahlencodes und Krieger-Symbole der Marke „Ibrakadabra“ als Hingucker.
Auch der Dutt von Ibrahimovic fehlt. Geschenkt. Weil Brasilien die Lockenköpfe Marcelo und Pierre-Richard-Verschnitt David Luiz hat, die aussehen, als hätten sie in die Steckdose gegriffen. Besonders Marcelo standen nach seinem Eigentor gegen die Kroaten die Haare noch mehr zu Berge als sonst.