sid

November 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Düsseldorf (SID) „Gladiator“ Bastian Schweinsteiger als Kapitän, der einstige Abwehrspieler Thomas Schneider als Assistent: Mit zwei alten Vertrauten in neuer Verantwortung will Joachim Löw nach dem WM-Triumph auch den vierten EM-Titel nach Deutschland holen. Der Bundestrainer verkündete 51 Tage nach dem WM-Finale bei seiner ersten Pressekonferenz die Entscheidung für die beiden neu zu besetzenden Schlüsselpositionen und formulierte gleich die erste Kampfansage.

„Es gab bei uns nach der WM magische Momente, Momente für die Ewigkeit. Es war wie im Rausch“, sagte der 54-Jährige: „Aber das nächste große Ziel muss heißen: EM-Finale 2016 in Paris. Wir sind jetzt mehr die Gejagten, aber wir wollen auch weiter jagen. Und ich habe gespürt, dass der Erfolg in Rio die Spieler noch hungriger gemacht hat. Sie wollen dieses Gefühl unbedingt noch einmal erleben.“

Ein Revival gab es am 3. September ausgerechnet gegen Finalgegner Argentinien in Düsseldorf. „Eine Revanche ist das aber nicht“, sagte Löw mit einem Schmunzeln: „Das Spiel im Juli war wesentlich wichtiger. Den Titel kann sich Argentinien nicht zurückholen.“

In jenem Finale im Maracana von Rio war Schweinsteiger endgültig zum deutschen Fußball-Helden aufgestiegen. Es war wohl sein endgültiges Empfehlungsschreiben auf die Nachfolge von Kapitän Philipp Lahm, der wenige Tage nach dem Endspiel seinen Nationalmannschaftsabschied verkündete.

Diese Entscheidung sei für ihn klar gewesen, betonte deshalb der Bundestrainer: „Bastian ist der legitime Nachfolger. Wenn es in den vergangenen Jahren darauf ankam, hat er immer große Verantwortung übernommen. Schauen sie sich nur das Bild vom Finale an, was er da geleistet hat.“ In den Medien war Schweinsteiger danach als „Kampfsau“ (Huffington Post), „Leitwolf“ (Rheinische Post), „Blutkrieger“ (Die Welt), „deutscher Gladiator“ (FAZ) oder „Held der Leiden“ (Sport Bild) bezeichnet worden.

Schweinsteiger (30), den Löw zunächst einmal nur bis 2016 zum Kapitän ernannte („das ist die nächste Periode“), wird den Weltmeister allerdings gegen Argentinien verletzungsbedingt noch nicht aufs Feld führen. Als Ersatzkapitän gegen die Gauchos fungiert Torwart Manuel Neuer von Bayern München.

Einen festen Vize-Kapitän, so wie es zuvor Schweinsteiger war, benannte Löw nicht: „Man wird sehen, wie es sich entwickelt. Vielleicht wird man das zu gegebener Zeit mal festlegen.“ Bis dahin werde in Schweinsteigers Abwesenheit immer ein kurzfristig festgelegter Profi aus dem Spielerrat als Kapitän fungieren, zu dem neben Neuer auch Sami Khedira, Mats Hummels und Thomas Müller gehören.

Thomas Schneider ist ein alter Weggefährte Löws; mit dem damals 24-Jährigen in der Abwehr gewann der heutige Bundestrainer bei seiner ersten Trainerstation 1997 mit dem VfB Stuttgart den DFB-Pokal. „Er war ein hochtalentierter Spieler. Wäre er nicht so von Verletzungen gebeutelt gewesen, hätte er eine ganz große Karriere gemacht“, sagte Löw.

Er habe sich vor der Neubesetzung des Postens mit mehreren Kandidaten unterhalten und habe bei Schneider, der in dieser Woche noch fehlen und beim Doppel-Spieltag im Oktober sein Debüt geben wird, dieselbe Idee von Fußball erkannt: „Außerdem glaube ich, dass er menschlich sehr gut bei uns reinpasst. Er hat eine eigene Meinung und einen starken Charakter.“

Mit ziemlicher Sicherheit wird der 41-Jährige aber nicht der einzige Assistent Löws auf dem Weg zur EM bleiben. Es gebe Überlegungen, nach und nach verschiedene Trainer der DFB-Juniorenteams zur Nationalmannschaft hinzuzuziehen und einen davon möglicherweise dann auch als zweiten Assistenten mit nach Frankreich zu nehmen, bestätigte Löw.

Seinen bisherigen Assistenten Hansi Flick verliert er als Vertrauten nicht. Im Gegenteil. Seit Anfang September ist der 49-Jährige Sportdirektor beim DFB. In einer Position, wo laut Löw „die Weichen entscheidend gestellt werden. Er hat die Kompetenz, den Kopf und das Herz, um die richtigen Impulse zu setzen.“

Am Mittwoch wird Flick aus dem Kreis der Nationalmannschaft verabschiedet, genau wie die zurückgetretenen Lahm, Miroslav Klose und Per Mertesacker. „Ich hätte als Trainer gerne mit ihnen weitergearbeitet, aber diese Entscheidungen muss ich akzeptieren und respektieren“, meinte Löw und richtete „stellvertretend für ganz Fußball-Deutschland ein herzliches Dankeschön“ an das Trio: „Ihr habt uns alle mit Eurem Auftreten, Eurer Menschlichkeit, Eurer Persönlichkeit und großartigen sportlichen Leistungen viel gegeben und viel Freude gemacht.“

Neben diesen dreien und Schweinsteiger werden aus dem 23-köpfigen Weltmeister-Kader am Mittwoch auch Jerome Boateng, Mats Hummels, Mesut Özil und Shkodran Mustafi nicht auf dem Platz stehen. Am Sonntag im ersten EM-Qualifikationsspiel gegen Schottland sollen zumindest Boateng, Hummels und Özil wieder dabei sein. Dann, wenn das neue Ziel „Paris 2016“ in Angriff genommen wird…