„Sportangebote für Menschen mit Demenz zugänglich zu machen: Das ist ein großer Schritt zu einer gesellschaftlichen Normalität, in der diese Menschen nicht ausgegrenzt werden, sondern teilhaben“, sagte Markus Leßmann, Abteilungsleiter im NRW-Gesundheits- und Pflegeministerium. Er eröffnete am Ende November die Auftaktveranstaltung zum Modellprojekt „SPORT FÜR MENSCHEN MIT DEMENZ“ unter Federführung des LSB NRW und BRSNW. Mit dabei in der Duisburger Mercatorhalle: mehr als 150 Teilnehmer aus lokalen Sportvereinen, Pflege- und Altenheimen, Demenz-Beratungsstellen, Wohlfahrtsverbänden und Pflegekassen.
Sport mit Demenz: im Tandem
Einen Tag lang ging es in Podiumsdiskussionen, persönlichen Gesprächen und Workshops um Demenz, Sport und Teilhabe. 73 Sportangebote für Menschen mit Demenz sind im Modellprojekt dabei. Sie werden bis 31. Dezember 2016 erprobt, wissenschaftlich begleitet und sollen danach weiter laufen. Hinter jedem steht ein multiprofessionelles Tandem: Dort arbeiten zum Beispiel ein Sportverein und ein stationäres Pflegeheim oder eine Tagespflege eng zusammen. Oft ist auch die örtliche Demenz-Beratungsstelle mit im Boot. Der Netzwerkgedanke wird großgeschrieben.
Stadt, Land, Heim, Verein: Demenz gibt es überall
Das Modellprojekt hat ein breites Spektrum: Dazu gehören Sportangebote für Menschen in der Großstadt und im ländlichen Bereich, ambulante, teilstationäre und stationäre Angebote. Sie finden im Sportverein, in der Tagesklinik oder direkt im Pflegeheim statt. Es gibt Sportgruppen für Menschen in allen Stadien der Krankheit und in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft.
Kreis Heinsberg: ländlich, stationär, aber offen nach außen
Annette Sielschott ist Netzwerkkoordinatorin des Sportvereins TuS Germania Kückhoven. Dessen stationäres Sportangebot läuft seit Ende Oktober zweimal wöchentlich beim Tandem-Partner, der Pflegeeinrichtung Pro8 Kückhoven, im ländlichen Raum Erkelenz. Das Pro8-Konzept beeindruckt Annette Sielschott: „Der Weg durch das Heim hat die Form einer Acht. Er führt immer auf den sogenannten Marktplatz zurück. Hier ist der Treffpunkt für alle, hier findet auch unser Sportkurs statt. Menschen mit Demenz haben einen starken Bewegungsdrang, eine ständige innere Unruhe. Aber hier kommen sie auf ihrem Weg immer wieder bei uns vorbei und können sich in Gesang und Bewegungsspiele einklinken.“
Münster: Diagnose Demenz und Sport? „Jetzt erst recht!“
Neue Bewegungsangebote in Münster nehmen besonders das Frühstadium in den Blick. „Sport mit Demenz? Ja, jetzt erst recht!“ fordert Gabriele Völker-Honscheid, Diplom-Sportlehrerin und Vorstandsvorsitzende des Vereins für Gesundheitssport & Sporttherapie Münster e.V. (VGS). „Das ist gerade zu Beginn der Krankheit ganz wichtig und wirksam. Trotzdem fehlen in dieser Phase häufig die entsprechenden Angebote.“ Deshalb bietet der VGS Menschen mit beginnender Demenz besondere Bewegungsprogramme. Sie berücksichtigen sowohl den Aspekt der Kondition (Ausdauer und Kraft) als auch Koordination (Bewegungssicherheit/Sturzprävention) und Entspannung. So bleiben diese Menschen länger fit und mobil, selbstständig und sozial eingebunden.
Oberhausen: Sport für Senioren mit Migrationshintergrund
„Wir öffnen uns als Sportverein inklusiv und integrativ“, sagt Jörn Derißen, 1. Vorsitzender des Behindertensport Oberhausen e.V. Bisher gab es in der Stadt keine Sportangebote für ältere Migranten mit Demenz. Der BS Oberhausen füllt mit seinem neuen Angebot diese Lücke. Dafür hat der Verein einen „Kümmerer“ ins Team geholt, der deutsch und türkisch spricht. „Unsere Sportgruppe wird Brücken schlagen. Sport verbindet, da geht Vieles einfach über Körpersprache“, so Derißen.
Meilenstein auf dem Weg zur Teilhabe
Der Kick-off war ein Meilenstein im Modellprojekt. „Unsere Teilnehmer sind unsere Botschafter“, sagt Dieter Keuther, der gemeinsam mit Dr. Georg Schick die Geschäfte des Projekts beim Behinderten- und Rehabilitationssportverband Nordrhein-Westfalen (BRSNW) führt. „Heute bekommt unser Projekt mehr als 150 Gesichter und ein lebendiges Netzwerk“, ergänzt Schick. „Gemeinsam werden wir Sportangebote nah an den Bedürfnissen von Menschen mit Demenz entwickeln. Das Ziel: Wir wollen diesen Menschen Teilhabe ermöglichen. Dazu werden wir Barrieren abbauen, viele neue Erfahrungen machen und immer wieder gedanklich in fremde Pantoffeln schlüpfen.“
Quelle: www.lsb-nrw.de