sid

April 2024

Top-Thema

Doha (SID) Dagur Sigurdsson war der Erste. Nach einer kurzen, aber keinesfalls ausschweifenden Partynacht kletterte der Bundestrainer morgens um halb fünf mit kleinen Augen in den Bus zum Flughafen. Sigurdsson lächelte dennoch. „Wir haben ein tolles Turnier gespielt“, sagte der Isländer nach der geglückten Wüstenmission der deutschen Handballer: „Wir können unheimlich stolz sein.“

Ihren siebten Platz bei der WM in Katar hatten Kapitän Uwe Gensheimer und Co. zuvor auf Einladung der deutschen Botschaft im vornehmen „Al Murjan“-Restaurant an Dohas Strandpromenade Corniche gefeiert. Durch den überzeugenden 30:27 (16:14)-Erfolg zum Abschluss gegen Slowenien machte die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) einen großen Schritt Richtung Olympia 2016 und sicherte sich die Teilnahme an einem der drei Qualifikationsturniere (8. bis 10. April 2016) für die Sommerspiele in Rio.

„Wir sind mit einer Wildcard hierher gekommen und haben dann bewiesen, dass wir hierher gehören. Vor allem mit der Art und Weise, wie wir gespielt haben“, sagte Gensheimer, der nicht zuletzt dank seiner Gala-Vorstellung gegen Slowenien (13 Tore) mit 54 Treffern bester deutscher Turnier-Torschütze war: „Ich hoffe, dass wir jetzt noch einiges zulegen können und das nächste Mal dann vielleicht nicht im Viertelfinale ausscheiden.“

Großer Teamgeist, ganz viel Herz und klares taktisches Konzept: Mit beherzten Auftritten hat sich das Team in der Branche neuen Respekt verschafft. Vor allem die überragende Vorrunde mit den imponierenden Leistungen gegen Handball-Größen wie Dänemark (30:30) und Polen (29:26), aber auch der überzeugende Sieg im „Olympia-Endspiel“ gegen den slowenischen WM-Vierten von 2013 bleibt im Gedächtnis.

„Für die junge Mannschaft war es eine wunderbare Weltmeisterschaft“, lobte Verbandschef Bernhard Bauer und bezeichnete das Turnier als „Schritt nach vorne“ für den deutschen Handball: „Ich glaube, die Mannschaft hat eine große Zukunft.“ Auch DHB-Vizepräsident Bob Hanning zog ein durchweg positives Fazit und konstatierte: „Wir sind von 0 auf 7 gekommen – da kann man schon sagen: Wir sind wieder in der Weltspitze angekommen. Unsere Wüstenmission ist geglückt.“

Die Handschrift von Sigurdsson, der das wichtigste deutsche Handball-Amt erst im September übernommen hatte, war in den neun Spielen (sechs Siege, ein Remis, zwei Niederlagen) bereits deutlich zu erkennen. Auf und abseits des Feldes traten die Nationalspieler weitaus selbstbewusster, zielstrebiger und fokussierter auf. Sie strahlten mehr Ruhe aus, als in den vergangenen Jahren und spielten deutlich abgeklärter.

Akteure wie Steffen Weinhold oder Patrick Groetzki, aber auch Team-Routinier Carsten Lichtlein und Spielmacher Martin Strobel erreichten unter dem Isländer ein neues Level und rufen im Nationaltrikot endlich die Leistung ab, die sie in ihren Vereinen seit Jahren bringen. „Viele Dinge sind sehr, sehr positiv“, sagte Sigurdsson und erinnerte an das große Potenzial in Deutschland: „Wir sind stark in der Breite und können uns in den nächsten paar Jahren noch 10 bis 15 Prozent steigern.“ Wichtige Spieler wie Steffen Fäth (24) und Finn Lemke (22), die in Katar verletzungsbedingt fehlten, oder Top-Talent Fabian Wiede (20) weiß der 41-Jährige noch in der Hinterhand.

Und doch mahnte die Verbandsspitze, nach dem „perfekten Start in eine erfolgreiche Zukunft“ (Hanning) nicht abzuheben. „Wir haben jetzt erste Schritte gemacht, doch wir wissen, dass wir noch weitere machen müssen“, sagte Präsident Bauer.

So läuft die Olympia-Qualifikation

Am olympischen Handball-Turnier in Rio nehmen zwölf Nationalmannschaften teil. Sechs Plätze sind schon vergeben. Qualifiziert sind Gastgeber Brasilien, Weltmeister Frankreich, der Europameister 2016, der Gewinner der Afrikameisterschaft, der Panamerika-Meister und der Sieger der asiatischen Ausscheidung im Herbst. Die übrigen sechs Teilnehmer werden bei drei Qualifikations-Turnieren (8. bis 10. April 2016) ermittelt. Dort treten je vier Teams gegeneinander an – die beiden jeweils Erstplatzierten erhalten ein Ticket für Rio. Neben den WM-Plätzen zwei bis sieben besteht die Möglichkeit, sich über die übrigen kontinentalen Ausscheidungen zu qualifizieren.