Hamburg (SID) Die Hamburger Olympia-Planer haben keine Zeit zu verlieren. Die Aufgaben sind groß, der Countdown bis zum Referendum im Herbst hat begonnen.
Exakte Kalkulation der Kosten, zügige Auswahl des Segelreviers und beharrlicher Kampf um die Gunst der Bürger: Am Tag nach der Empfehlung des DOSB-Präsidiums für Hamburg als Austragungsort der Sommerspiele 2024 krempelten die Hamburger Olympia-Planer um Sportsenator Michael Neumann umgehend die Ärmel hoch. Der Countdown bis zum Referendum im Herbst, der letzten Hürde auf dem Weg zu einer internationalen Bewerbung, hat an der Elbe begonnen.
„Die Empfehlung war nicht der Zieleinlauf, sondern der Startschuss für einen langen Marathon“, sagte Neumann dem Radiosender NDR 90,3: „Was jetzt vor uns liegt, wird richtig anstrengend.“ Man werde sehr schnell „daran arbeiten, die Planungen zu konkretisieren und die Kosten zu ermitteln“, die auf Hamburg zukommen. „Das ist ein ganz wichtiger Punkt, um möglichst früh und möglichst breit darüber zu informieren“, sagte Neumann und verwies auf bevorstehende Verhandlungen mit dem Bund, der Europäischen Union und dem IOC.
Die Hamburger Regierung versprach Kostentransparenz und kündigte die Veröffentlichung eines Finanzreports für den Sommer an. „Die Hamburger Kaufleute können besser mit Geld umgehen, als es die Elbphilharmonie vermuten lässt“, sagte Neumann bei der Landespressekonferenz in der Hansestadt.
Auch Hamburgs Olympia-Botschafter und Olympiasieger Michael Stich sieht den Zuschlag für die Elb-Metropole als „Verpflichtung. Wir müssen jetzt abliefern. Das ist irre viel Arbeit, aber ich denke, wir sind dafür super aufgestellt“, sagte der frühere Tennisstar dem SID: „Wir müssen jetzt die Strukturen dafür schaffen und Vollgas geben. Dann haben wir auch die Chancen auf Olympia.“
Zunächst müssen die Verantwortlichen Fakten schaffen. So standen bereits in den ersten Tagen intensive Gespräche über das Segelrevier an. Neben den großen Favoriten Kiel und Lübeck-Travemünde rechnet sich auch Rostock, das mit dem Revier vor Warnemünde ursprünglich Bestandteil der Berliner Olympiabewerbung war, weiterhin Chancen aus. „Wir wollen und wir können Olympia“, sagte Rostocks parteiloser Oberbürgermeister Roland Methling.
Klarer Favorit ist jedoch Kiel, das als Olympiastützpunkt der deutschen Segler und Olympiarevier von 1972 starke Argumente liefert. Das DOSB-Präsidium und das Bewerberkomitee Hamburgs stehen zurzeit in engem Kontakt mit dem Deutschen Seglerverband (DSV).
Das größte Konfliktpotenzial birgt mit Blick auf den Volksentscheid die Kostenfrage, sie ist die große Unbekannte in den Hamburger Planspielen. Nach Angaben der Handelskammer kommen auf die Stadt Summen von ein bis zwei Milliarden Euro für den Neubau und die Sanierung von Sportstätten zu. Eine aussagekräftige Kalkulation über die Kosten der Spiele wird zwar erst in Auftrag gegeben, doch allein die Bewerbung soll 50 Millionen Euro verschlingen.
Vor der Abgabe der Unterlagen beim IOC am 8. Januar 2016 müssen sich mindestens 50 Prozent der Bürger in der Hansestadt in einer Befragung im Herbst für die Sommerspiele aussprechen. In der letzten Stimmungsumfrage des DOSB hatten 64 Prozent der Hamburger für Sommerspiele vor der eigenen Haustür votiert. „Es sind schon viele begeistert. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir noch viel mehr Menschen begeistern können“, sagte Neumann.
„Der Volksentscheid ist kein Selbstgänger, sondern ein großes Risiko“, sagte Dirk Seifert von der Hamburger NOlympia-Bewegung dem SID: „Das ist noch lange nicht durch. Was in München 2013 passiert ist, war nicht zufällig.“ Angesichts der hohen Kosten müsse man „abwarten, ob die Stimmung noch weiter nach oben geht oder deutlich nach unten. Das wird keine leichte Aufgabe für den DOSB und den Hamburger Senat.“
Auch die Linken-Fraktion in der Bürgerschaft warnte vor einer Kostenexplosion und kündigte für die kommenden Monate bis zum Referendum eine Anti-Olympia-Kampagne gegen die Bewerbung um Sommerspiele 2024 an. „Wir freuen uns auf die Auseinandersetzung und werden die Kritikpunkte ernst nehmen, weil jedes Argument hilft, unser Konzept zu verbessern“, sagte Neumann.
Die Hamburger Olympia-Planer sind allerdings gewarnt: Schon einmal verlor die aktuelle Regierung ein Referendum, 2013 votierten 50,9 Prozent der Bürger für den Rückkauf der Energienetze und gegen den Willen von Bürgermeister Olaf Scholz.