Dortmund (SID) Der letzte Gang vor die Südtribüne wurde zum Kampf mit den Tränen. Jürgen Klopp atmete mit wehmütigem Blick tief durch und zog seine gelbe Baseball-Kappe vor den treuesten Fans von Borussia Dortmund, die ihm auch in einer verkorksten Saison stets den Rücken gestärkt hatten. „Es war nicht leicht, ein Kerl zu bleiben – es waren ein paar Tränen dabei“, gab der scheidende Trainer später zu.
„Ich bin doch auch nur ein Mensch mit vielen Schwächen“, sinnierte der 47-Jährige. Deshalb habe er seine Botschaft an die Fans per Videowand gesandt. „Zu etwas anderem wäre ich heute nicht in der Lage gewesen“, erklärte Klopp, noch sichtlich beeindruckt von seiner Ehrenrunde unter den Klängen „Niemals geht man so ganz“ von Trude Herr.
Die Mannschaft und die 80.667 Zuschauer verneigten sich vor dem Erfolgscoach, selbst die Werder-Fans spendeten ununterbrochen Applaus und leisteten ihren Beitrag zu einem denkwürdigen Gänsehaut-Moment.
Dabei hatten Klopps Vollgas-Fußballer die Hanseaten gerade mit 3:2 (3:1) im Saison-„Endspiel“ um die Europa-League-Qualifikation besiegt und ihrem Coach schon vor dem Pokal-Finale in Berlin gegen den VfL Wolfsburg ein Abschiedsgeschenk beschert. „Es war eine spannende Saison, für uns zu spannend“, so Klopp, bei dem nach dem zwischenzeitlichen Sturz auf den letzten Tabellenplatz die Entscheidung zum vorzeitigen Abschied reifte.
Dennoch habe er in den vergangenen sieben Jahren jede Sekunde bei diesem außergewöhnlichen Klub genossen. Am Ende war es „eine der besten Geschichten im Fußball, von der ich je gehört habe“. Er werde weiterhin den BVB verfolgen, von wo auch immer. „Ich bin mit den Leuten hier komplett im Reinen“, versicherte Klopp und verwies im Trubel um seine Person auf das Ende der „großartigen Karriere“ von Sebastian Kehl.
Die Zuschauer erhoben sich von den Sitzen, als der 35-Jährige in der 88. Minute ausgewechselt wurde. Nach 314 Bundesliga-Einsätzen in schwarz und gelb bleibt ihm noch das Pokal-Finale – dann ist endgültig Schluss. Großes Gefühls-Kino also in Dortmund am Ende einer nervenaufreibenden Saison.
Nur 15 Punkte in der Hinrunde, Platz 18 nach dem 19. Spieltag und damit weit entfernt von sämtlichen Ansprüchen und Saisonzielen, startete der BVB seine Aufholjagd. Klopps überraschende Ankündigung des Rücktritts am 15. April wirkte für ihn selbst und seine Mannschaft wie eine Befreiung. „Platz sieben ist das, was man noch erwarten konnte. Ich bin froh, dass wir das noch hinbekommen haben“, resümierte Klopp.
Zum sechsten Mal in Folge schaffte der BVB unter Klopp den Sprung nach Europa, wenngleich es diesmal nicht die Königsklasse ist. Allerdings müssen die Borussen für den Einzug in die Europa League zwei Qualifikationsrunden bestreiten, sollten sie nicht den DFB-Pokal gewinnen und direkt in die Gruppenphase einsteigen.
„Idealerweise sehen wir uns nächsten Sonntag in der Innenstadt wieder“, rief Klopp den Fans zu. Das alles hier „mit einem großartigen Erfolg zu beenden, würde dieser großartigen Sache auch gerecht werden“.