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April 2024

Landessportbünde

Ob Mountainbiking, Wandern, Trailrunning oder Klettern – wer im Gebirge aktiv ist, trägt mit der richtigen Vorbereitung zu einem ungetrübten Bergerlebnis bei. Viel braucht es nicht! Der Sprecher der Bayerischen Bergwacht, Roland Ampenberger, informiert im Interview über die wichtigsten Punkte, die es zu beachten gilt, um Unfälle in den Bergen zu vermeiden.

Wer einen Aktivtag im Gebirge plant, überlegt wohl zuerst, wohin die Reise gehen soll. Was ist bei der Routenwahl – ob mit dem Fahrrad, zu Fuß oder am Kletterseil – zu beachten?

Roland Ampenberger: „Zunächst ist es wichtig, die eigene körperliche Fitness richtig einzuschätzen, denn nicht wenige Unfälle passieren aufgrund von Selbstüberschätzung. Daher müssen bei der Auswahl der passenden Wander-, Mountainbike- oder Kletterroute sowohl die technische Anforderungen als auch die Länge der Tour bedacht werden. In einer Gruppe sollte die Tagesplanung auf das Können des schwächsten Mitglieds ausgelegt werden – das garantiert Spaß und Bergerlebnis für alle! Außerdem ist die eigene Ausrüstung ein Thema: Mit Berghalbschuhen sollte ich Geröllfelder und unwegsames Gelände meiden und eher auf Forststraßen und Waldwegen unterwegs sein. Ähnliches gilt für das Mountainbike: Für viele Höhenmeter auf Teer und Schotter empfiehlt sich ein leichtes Hardtail, für technische Trails sollte man ein Fully benutzen. Wer unsicher ist, sucht sich eine Tour mit günstigen Abbruchmöglichkeiten aus. Dadurch werden körperliche Überforderung und psychische Drucksituationen vermieden.“

 

Sollte man immer eine Karte im Rucksack haben oder reicht es, sich an der Beschilderung der Wander- und Radwege zu orientieren?

Roland Ampenberger: „Trotz guter Beschilderung ist eine Wanderkarte im Rucksack immer sinnvoll. Bei mäßiger Beschilderung oder Abweichungen vom Weg kann man sich anhand der Karte orientieren – Grundkenntnisse im Kartenlesen vorausgesetzt. An schönen Aussichtsplätzen oder auf dem Gipfel kann man anhand der Karte die benachbarten Berge benennen, das ist insbesondere für Kinder hochinteressant. Auch GPS-Geräte leisten gute Dienste, vor allem als Orientierungshilfe bei schlechter Sicht. Allerdings muss bei elektronischen Hilfsmitteln auf genügend Stromreserve geachtet werden. Karte und Kompass funktionieren zu jeder Zeit.“

 

Welche Rolle spielt das Wetter bei meiner Tagesplanung und wo finde ich Wetterdienste, die den Alpenraum bedienen?

Roland Ampenberger: „Das Wetter spielt eine entscheidende Rolle! Man sollte sich unbedingt über einen auf die Örtlichkeit zugeschnittenen Bergwetterbericht informieren. Die Daten bekommt man im Internet und oft auch im Bergführerbüro vor Ort. Es ist wichtig, auf den tageszeitlichen Verlauf zu achten: Sind am Nachmittag Gewitter angekündigt, ist man zu der Zeit am besten wieder zu Hause. Die Vorhersage muss aber mit der Wirklichkeit vor Ort abgeglichen werden: Türmen sich schon am Vormittag die Wolken, kann das Wetter schneller umschlagen, als vorhergesagt. An heißen Tagen empfiehlt sich eine Tour auf der Nordseite des Gebirges, dort geht man der prallen Sonne aus dem Weg.“

 

Welche fünf Dinge gehören unbedingt in den Rucksack von Radler, Wanderer & Co.? Und was sollte man bei der Ausrüstung allgemein beachten?

Roland Ampenberger: „Man sollte beim Packen des Rucksacks auf das Gewicht achten, denn jedes unnötige Kilogramm ist eine zusätzliche Belastung. Was aber unbedingt hinein gehört ist Wetterschutzbekleidung (auch Sonnenschutz), ein Erste-Hilfe-Paket, ausreichend Proviant, Karte oder GPS-Gerät, ein Mobiltelefon und eine Taschen- oder Stirnlampe. Wer im Fels unterwegs ist, muss an die entsprechende technische Ausrüstung, also Helm, Klettersteigset, Bandschlingen etc. denken. Entscheidend ist es, die Ausrüstung zu kennen und richtig anwenden zu können. Bergschulen und Bergführer helfen, die Grundlage für alpines Wandern, Klettern oder Mountainbiken zu legen.“

 

Wie sieht es mit Haut- und Sonnenschutz aus? Sollte man in den Bergen auf andere Lichtschutzfaktoren zurückgreifen, als im Flachland? Und wie wichtig ist es, eine Sonnenbrille zu tragen – was gibt es bei der Gläserwahl zu beachten?

Roland Ampenberger: „Sonnenschutz ist ein Muss! Die Sonneneinstrahlung ist durch die Höhe und Reflektionen, beispielsweise durch Schnee oder Eis, wesentlich höher als im Tal. Daher sollte man einen hohen Lichtschutzfaktor wählen, auch, weil Schatten nicht gewährleistet ist. Eine Schirmmütze oder ein Hut mit breitem Rand sind außerdem empfehlenswert. Die Augen schützt die Sonnenbrille, deren Gläser der Kategorie 3 oder 4 angehören sollten. Aber Achtung: Gletscherbrillen dürfen nicht zum Autofahren verwendet werden, da sie zu dunkel sind!“

 

Welche Tipps können Sie in Bezug auf die richtige Verpflegung und eine ausreichende Menge an Getränken geben.

Roland Ampenberger: „Am Berg unterwegs zu sein bedeutet Anstrengung. Trinken und Essen mitzunehmen ist also unbedingt erforderlich. Frühstücken sollte man vor einer Tour leicht und ballaststoffreich, optimal sind z.B. ein klassisches Müsli mit Obst oder ein Vollkornbrot mit Käse. Auf der Tour sind Kohlenhydrate gefragt: Neben getrocknetem Obst, Müsli- oder Energieriegeln darf es auch das klassische Wurstbrot sein. Außerdem ist auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten: Ein bis zwei Liter Getränke sollte man dabei haben. Im Sommer am besten mineralstoffreiche Fruchtschorlen, im Winter einen gesüßten Tee. Wenn sich unterwegs die Möglichkeit bietet, Getränkevorräte auffüllen!“

 

Wenn doch etwas passiert, welche Schritte sollten im Fall eines Unfalls zuerst unternommen werden? Wo finde ich die Telefonnummer der örtlichen Bergwacht?

Roland Ampenberger: „Bei einem Unfall ist es wichtig, einen klaren Kopf zu bewahren, sich einen Überblick zu verschaffen und die Situation sowie das Ausmaß an Verletzungen richtig zu beurteilen. Gegebenenfalls muss direkt an Fremd- oder Eigensicherung gegen Absturz gedacht und lebensrettende Erste Hilfe geleistet werden. In Deutschland wählt man für den Notruf die 112, von dort wird man zur örtlichen Bergwacht weitergeleitet. Folgende sind die fünf „W“ der Alarmierung:

  • Wo ist der Unfallort? (markante Geländepunkte, Höhe und wenn möglich GPS-Koordinaten nennen)
  • Was ist geschehen?
  • Wie viele Verletzte/betroffene Personen?
  • Welche Verletzungen?
  • Warten auf Rückfragen! (Rückrufnummer)

Auf Nachfragen der Rettungsstelle ruhig und überlegt antworten, bei Unklarheiten nachfragen! Nach dem Notruf das Mobiltelefon eingeschaltet lassen und nicht mehr telefonieren, um für Rückfragen erreichbar zu sein.“

 

Inwiefern sollte man sich als aktiver Bergurlauber oder -sportler Gedanken über einen Versicherungsschutz machen, der eine normale Krankenversicherung übersteigt?

Roland Ampenberger: „Die Krankenkassen übernehmen in der Regel Kosten für die notfallmedizinische Versorgung und Rettung in Deutschland. Im Ausland werden die im Rahmen der Sozialversicherungsabkommen festgelegten Kosten erstattet. Bei Bergunfällen können erhöhte Kosten entstehen, die nicht in vollem Umfang getragen werden, dazu gehört z. B. die Rettung mit einem Hubschrauber. Eine Versicherung für diese Fälle ist daher immer sinnvoll. Dieser Schutz wird zum Beispiel bei einer DSV aktiv-Mitgliedschaft mit dem CLASSIC-PLUS-Paket angeboten.“

Quelle: www.ski-online.de