Aiguebelette/Köln (SID) Für Steuermann Martin Sauer sind die Rollen zwischen dem Herausforderer Deutschland-Achter und Titelverteidiger Großbritannien klar verteilt. „Bei ihnen werden alle für das Rudern bezahlt, bei uns müssen alle noch nebenher arbeiten gehen. Deswegen sind sie auch der WM-Favorit. Übertragen auf den Fußball sind sie etwa wie Bayern München und wir wie Borussia Dortmund“, hatte Sauer dem SID vor den Weltmeisterschaften im französischen Aiguebelette gesagt. Die Finals in den 14 olympischen Klassen finden am 5./6. September statt. Rund 1300 Athleten aus 77 Ländern nehmen an der WM teil.
Dass sich der Favorit mit dem meisten Geld am Ende nicht immer durchsetzt, haben der derzeitige Bundesliga-Tabellenführer BVB und das Flaggschiff des Deutschen Ruderverbandes (DRV) schon öfter eindrucksvoll bewiesen. Seine bemerkenswerte Siegesserie nach den Olympischen Spielen 2008 in Peking krönte das deutsche Paradeboot mit drei WM-Titeln (2009 bis 2011) und olympischem Gold in London 2012. Danach dominierten aber die Briten im Großboot und verwiesen den Deutschland-Achter in den WM-Finals 2013 und 2014 auf den Silberrang.
„Bei der letzten WM haben wir ärgerlich verloren. Nicht, weil wir zu schwach waren, sondern weil die Bedingungen schlecht waren“, sagte der Berliner Sauer. Schlagmann Hannes Ocik (Schwerin) kündigte eine Attacke auf dem idyllisch in der Region Rhone-Alpes gelegenen Lac d’Aiguebelette an: „Wir haben uns gut entwickelt und können auf hohem Niveau angreifen. Unser Ziel ist ganz klar Gold. Im Finale wird die Luft brennen.“
EM-Gold hat der Deutschland-Achter in diesem Jahr bereits gewonnen, danach gab es drei Niederlagen in Folge gegen die Briten. Beim letzten Aufeinandertreffen im Endlauf des Weltcup-Finales auf dem Luzerner Rotsee lagen die Briten nach 2000 m aber lediglich 0,08 Sekunden vor dem deutschen Flaggschiff. Trainer Ralf Holtmeyer erwartet daher bei den Weltmeisterschaften „ein Duell auf Augenhöhe“.
Insgesamt 13 Achter haben im vorolympischen Jahr für die Titelkämpfe gemeldet. Mindestens Platz fünf im Finale ist notwendig, um direkt das Ticket für die Olympischen Spiele 2016 in Rio zu lösen. „Viele Nationen setzen in diesem Jahr auf den Achter. Es wird sicher eines der besten Achter-Felder sein, das man je bei einer WM gesehen hat. Das Niveau wird schon ein Vorgeschmack auf Olympia sein“, sagte Sauer.
Die zahlreichen Meldungen haben dazu geführt, dass nach dem Vorlauf im Gegensatz zu den vergangenen Weltmeisterschaften noch ein Halbfinale ansteht. Die Modellathleten des Deutschland-Achters sehen sich für die zusätzliche Belastung gut gerüstet. „Wir sind sehr stark. Wenn wir unsere Leistung abrufen, wird es für die anderen schwer“, sagte Ocik und verriet auch schon mal die Taktik: „Wir haben eine klare Vorstellung vom Ablauf des Rennens, wo wir welche Spitzen setzen wollen. Aber natürlich wird das nach Rennverlauf und nach den Bedingungen entschieden. Am liebsten ist es uns aber natürlich, das Rennen von der Spitze zu gewinnen.“ Der gelungene Auftakt in dieser Woche mit dem souveränen Vorlaufsieg vor dem WM-Dritten Polen und den USA soll nur der Anfang gewesen sein…