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April 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Los Angeles/Köln (SID) Die eigentlich schon für Ende August erwartete Entscheidung über Los Angeles 2024 ist erstmal vertagt worden. Voraussichtlich Anfang September will sich der Stadtrat von L.A. nach eingehender Beratung mit einem eigens einberufenen Olympia-Komitee dann abschließend dazu äußern, ob die Stadt der Engel nach 1932 und 1984 zum dritten Mal Gastgeber für die Jugend der Welt sein möchte. Trotz der leichten Verschiebung im Zeitplan gilt das Okay aus L.A. aber bereits als beschlossen.

Hamburgs designierter neuer Konkurrent strotzt vor Selbstbewusstsein, schon vor der Entscheidung des Stadtrats gibt sich die Westküsten-Metropole siegessicher. Mit dem bereits veröffentlichten Finanzplan distanziert sich L.A. deutlich vom chaotisch gescheiterten Bewerber Boston und verspricht eine finanziell rentable Ausrichtung. Dennoch sagt Casey Wasserman, Chef des Olympia-Untersuchungskomitees: „Wir müssen bei aller Begeisterung natürlich die Interessen der Steuerzahler berücksichtigen und wollen uns deshalb ein paar Tage Zeit nehmen, um in aller Ruhe alles noch einmal zu prüfen.“

Galt Boston bis zu seinem Rückzug als Favorit im ohnehin illustren Bewerberfeld um Paris, Rom und Budapest, dürfte auch das schillernde L.A. die Hamburger Hoffnungen auf den Zuschlag beim IOC-Kongress in Lima im Sommer 2017 nicht vergrößern. Obwohl IOC-Ehrenmitglied Walther Tröger der Hansestadt weiterhin Chancen einräumt. „Hamburg ist und bleibt im Geschäft“, sagte der langjährige NOK-Präsident, der als Funktionär an 26 Olympischen Spielen beteiligt war, dem SID: „Los Angeles ist schon stark, vor allem durch den Einfluss der USA, die in der Welt aber auch polarisieren.“

Der optimistische Finanzplan von L.A. und die enge wirtschaftliche Verflechtung der USA mit dem IOC gibt für den 86-jährigen Tröger jedenfalls nicht den Ausschlag: „Das interessiert eher die Medien, nicht die IOC-Mitglieder.“ Kaum jemand weiß besser als Tröger, wie unberechenbar das IOC-Wahlvolk ist: „Viele von ihnen lesen ja noch nicht mal die Evaluierungsberichte. Es läuft in Lima auf eine Bauchentscheidung hinaus.“

Die Organisatoren in L.A. scheinen aus dem krachenden Scheitern Bostons jedenfalls in der Kürze der Zeit gelernt zu haben. „Um die erfolgreichsten, modernsten und nachhaltigsten Spiele aller Zeiten zu entwickeln, muss man jeden einzelnen Teilaspekt neu ausleuchten“, sagte Wasserman bei der Vorstellung des Konzepts. „Das ist ein finanziell verantwortungsvoller und profitabler Plan“, ergänzte Kollege Jeff Millman.

Insgesamt kalkuliert die kalifornische Millionenstadt mit einem Budget von 4,1 Milliarden Dollar (rund 3,6 Milliarden Euro). Investoren und gute Vermarktung sollen die tatsächlichen Kosten jedoch drücken, sodass am Ende ein Gewinn von 161 Millionen Euro steht.

So soll ein privater Geldgeber das spektakuläre Olympische Dorf am Los Angeles River zu großen Teilen finanzieren. Die Kosten für die Bewerberstadt reduzieren sich damit laut Kalkulation auf verhältnismäßig moderate 75 Millionen Dollar. Einen weiteren Trumpf sieht L.A. in dem Umstand, dass viele Wettkampfstätten in der Stadt vorhanden sind. Das Memorial Coliseum etwa, das bereits 1932 und 1984 als Olympiastadion diente, soll nur umfangreich renoviert werden.

„Unsere Stadt ist anders in jedem Bereich“, heißt es im Olympia-Konzept der stolzen Stadt der Engel, die sich auch damit bewusst von ihrem gescheiterten Vorgänger abgrenzt. Die gesamte Bewerbung Bostons begleiteten massive interne Probleme und wachsender Widerstand der Bevölkerung, bei Umfragen war am Ende mehr als die Hälfte der Einwohner gegen eine Bewerbung. In L.A. sprachen sich zuletzt 81 Prozent für eine Ausrichtung der Olympischen Spiele aus.

„Die Bevölkerung und die politische Führung von Los Angeles sind vereint im Wunsch, die Olympischen Spiele auszurichten“, sagte Wasserman. Die Entscheidung des Stadtrats gilt deshalb als Formsache, und auch das Nationale Olympische Komitee (USOC) hat sich längst auf die zweitgrößte Stadt der USA geeinigt. „Wir glauben, dass uns L.A. die besten Chancen gibt, zu gewinnen“, sagte USOC-Chef Scott Blackmun unlängst der Los Angeles Times.