Köln (SID) Oben auf der Bühne fliegen Fatih Dayiks Hände über die Tastatur, hektisch blickt er in die Gesichter seiner vier Teamkollegen und brüllt Anweisungen in sein Headset. Um ihn herum toben die Fans, sie sind alle gekommen, um ihre Idole zu sehen, sie zu feiern – und ihnen beim Computerspielen zuzusehen.
Bei der ESL One, einer lukrativen Turnierserie der E-Sportler, duellierten sich Ende August die besten „Counter-Strike“-Spieler des Globus, und Dayik, der Kopf des deutschen Teams „mousesports“, war mittendrin.
Er ist 28 und Progamer, ein professioneller Spieler. Fast 10.000 Fans hat er bei Facebook, Anfang des Jahres unterschrieb der Frankfurter als erster Deutscher überhaupt einen Profivertrag bei mousesports. Mit dem Team reist er um die ganze Welt. Was für manche ein Hobby ist, ist für Dayik und Co. Passion, Leidenschaft – und jede Menge Geld.
In Köln ging es um 250.000 Dollar Siegprämie, Fans aus aller Welt strömten in die Arena, in der normalerweise die Kölner Haie zu Hause sind. Und wer es nicht ins Rheinland schaffte, konnte per Liveübertragung im Internet dabei sein – der Hype um E-Sport, dem professionellen Computerspielen, scheint keine Grenzen zu kennen.
„In 2000 über den gesamten Globus verteilten Kinosälen wird das Finale live übertragen“, teilte die Presseabteilung der Lanxess Arena schriftlich mit, und für das Spektakel in Köln „hatten wir bereits in der ersten Woche über 10.000 Tickets verkauft. Das sind beachtliche Medienwerte, von denen der traditionelle Sport abseits des Fußballs nur träumen kann.“ Hinter dem Spektakel steckt das Kölner Unternehmen Turtle Entertainment, das die Electronic Sports League (ESL) seit 2000 betreibt.
Bei der ESL One traten die Teams zunächst in der Gruppenphase gegeneinander an, ab dem Wochenende folgten die K.o.-Spiele. Im Spiel schlüpfen sie in ihre virtuellen Rollen als Terroristen und Polizisten und bekriegen sich auf verschiedenen Welten. Die Matches wurden live kommentiert, und jede erfolgreiche Aktion der Spieler aus dem Publikum frenetisch bejubelt.
Doch beim E-Sport geht es nicht nur um Spektakel und Spaß, in Zeiten steigender Preisgelder und Prämien greifen Spieler immer wieder zu leistungssteigernden Mitteln. Jüngst hatte ein US-Profi zugegeben, ein Medikament zur Steigerung der Konzentration eingenommen zu haben. Die ESL reagierte prompt, in Köln wurden in Kooperation mit der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA) erstmals Dopingkontrollen durchgeführt.
Höchstleistungen, Geld, Fans, Doping – es klingt wie ein „richtiger“ Sport, doch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) verweigert den E-Sportlern (noch) die Anerkennung. Denn der Dachverband sieht die in seiner Aufnahmeordnung als maßgeblich aufgeführte „eigenmotorische Aktivität“ beim Computerspielen nicht erfüllt. Die Ansicht des DOSB stört die ESL-Verantwortlichen nicht weiter, sie sei „nicht so wichtig“, wie Pro Gaming Director Ulrich Schulze sagt, schließlich seien „Schach und Schießen auch Sport“.