Jekaterinburg/Köln (SID) Tischtennis-Rekordeuropameister Timo Boll (Düsseldorf) soll nach den Vorstellungen von Bundestrainer Jörg Roßkopf noch bis zu den Olympischen Spielen 2020 in Tokio für Deutschland aufschlagen. Roßkopfs Pläne mit dem 34 Jahre alten Weltranglistensiebten teilte der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) am 6. Oktober auf seiner Internet-Seite mit.
Abgesehen von Boll und Europameister Dimitrij Ovtcharov (Hameln/Orenburg) will der frühere Doppel-Weltmeister nach dem Olympia-Turnier 2016 in Rio de Janeiro mit möglichst vielen Spielern aus der Mannschaft weiterarbeiten, die bei der Anfang Oktober in Jekaterinenburg ausgeklungenen EM zum zweiten Mal in Folge ein Finale verloren hatte (2:3 gegen Österreich). Boll hatte in Russland wegen einer Knieverletzung gefehlt.
„Ich hoffe, dass diese Mannschaft – und in Jekaterinburg haben ja noch Spieler gefehlt – zumindest bis 2017 so zusammenbleibt“, sagte Roßkopf und fügte mit Blick auf Bolls Zukunft hinzu: „Ich hatte kürzlich mit Timo ein längeres Gespräch, in dem ich ihm gesagt habe, dass ich ihn gerne auch 2020 sehen möchte. Da sieht er sich eigentlich auch.“
Boll hatte für die Zeit nach Rio im vergangenen Frühjahr die Heim-WM 2017 in Düsseldorf zum letzten großen Ziel seiner Karriere erklärt und damit frühere Gedankenspiele über seine sechste Olympia-Teilnahme drei Jahre später in Japan abgehakt.
Ohne den zweimaligen Weltcupsieger ließ die DTTB-Mannschaft in Russland die Dominanz früherer Jahre, in denen Roßkopfs Team sechsmal in Serie EM-Gold gewonnen hatte, vermissen. Im Finale gegen Österreich reichten den WM-Zweiten die beiden Punkte des Weltranglistenfünften Ovtcharov nicht zur Rückeroberung des 2014 an Portugal verlorenen EM-Titels.
Boll: „Es wird Zeit, schnell wieder fit zu werden“
„Bittere Kiste“ hatte der verletzt in Deutschland gebliebene EM-Rekordsieger Boll die verpasste Chance seiner Kollegen auf den siebten Titel seit 2007 genannt. Auf seiner Facebook-Seite schrieb Boll weiter: „Das Gebrüll vor dem TV half anscheinend nicht. Es wird Zeit, schnell wieder fit zu werden.“
„Unseren Nimbus der Unbesiegbarkeit haben wir verloren“, bestätigte Roßkopf in Russland seine schon vor EM-Beginn getroffene Einschätzung: „Es bleibt aber noch Zeit für Gespräche.“ DTTB-Sportdirektor Richard Prause wertete den Rückschlag als „Auftrag, weiter hart zu arbeiten und an Schrauben zu drehen, damit wir bald wieder gefragt werden können, ob wir unschlagbar sind“.
DTTB-Damen mit souveränem Titelhattrick
Mehr Grund zur Freude hatten die DTTB-Damen. Das Team von Jie Schöpp hatte im Finale der EM in Jekaterinburg am 29. September durch ein ungefährdetes 3:0 gegen Ex-Titelträger Rumänien den angestrebten Titelhattrick perfekt gemacht. Drei Mannschaftstitel in Serie bei den Damen hatten zuvor in der 57-jährigen EM-Historie nur die Niederlande gewonnen. Das Oranje-Team triumphierte von 2008 bis 2011 sogar viermal in Folge.
Gut zwei Jahrzehnte nach der von Nicole Struse angeführten Erfolgsgeneration des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) darf sich Deutschland nach dem insgesamt siebten EM-Titel im Hinblick auf Olympia 2016 durchaus Außenseiterchancen auf eine Mannschaftsmedaille ausrechnen. In Russland gaben die deutsche Meisterin Petrissa Solja & Co. in ihren sechs Begegnungen auf dem Weg zum dritten EM-Erfolg in Serie nur zwei Einzelpunkte ab. „Natürlich war der Titel ganz klar das Ziel, fast sogar eine Pflicht. Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft, wie sie den Druck ausgehalten und die gesamte Situation gemeistert hat. Wir haben wirklich ein sehr starkes Turnier gespielt“, kommentierte Schöpp den Titelgewinn.