sid

November 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

München (SID) Felix Neureuther war im Sommer viel beschäftigt. Das zumindest legt ein Blick auf die Facebook-Seite des besten deutschen Skirennläufers nahe. Neureuther spielte Tennis, badete nackt in Bergseen, ließ seinen dauerlädierten Rücken in der Praxis von Promi-Doc Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt behandeln, reiste zu Kumpel Bastian Schweinsteiger nach Manchester oder las mit Neffe Oskar im Playboy – „die Witzeseite“.

Aber Skifahren? Hm. „Ich wollte nicht auf Teufel komm raus, auf Biegen und Brechen, Schneetage zusammenbekommen“, sagt Neureuther wenige Wochen vor dem Saisonauftakt mit dem Riesenslalom in Sölden/Österreich am 25. Oktober. Er wolle zwar „alles probieren, um da am Start zu stehen“ – aber eben nicht um jeden Preis. Nicht mehr. Neureuther, der ewige Lausbub, ist inzwischen auch schon 31 – und will aus der Vergangenheit gelernt haben.

Wenn Neureuther wie geplant bis Olympia 2018 durchhalten will, muss er die Belastung für seinen Rücken dosieren. Das hohe Risiko wie zum Ende des vergangenen Winters, als er im Zweikampf mit dem Österreicher Marcel Hirscher um den Gesamtsieg im Slalom mit Lähmungserscheinungen zu kämpfen hatte, will er „nicht nochmal eingehen“. Auch wenn der Partenkirchner schmunzelnd hinzufügt, „im Rücken selbst kann man nicht viel mehr kaputtmachen“.

Doch ist der Rücken instabil, leidet die Position über dem Ski – und schnell passiert ein schwererer Unfall. „Das“, sagt Neureuther ungewöhnlich ernst, „musste ich mir erst einmal eingestehen.“ Er tat es in diesem ereignisreichen, aber für ihn schneearmen Sommer, ehe er am 8. September „im Kopf befreit“ erstmals seit Monaten wieder auf Skiern stand. Seit wenigen Tagen trainiert er auch wieder mit den Stangen, die für ihn die Welt bedeuten, auf dem Gletscher in Österreich, „Eis am Stiel“, wie er im Netz süffisant kommentierte.

Was er sich für die kommende Zwischensaison ohne Großereignis wünscht? „Gesund bleiben“, sagt Neureuther, „und, dass Marcel Hirscher Schachprofi wird.“ Dauerrivale Hirscher, das kleine Kraftpaket aus dem Salzburger Land, hat Neureuther in den vergangenen beiden Jahren in der Gesamtwertung jeweils hauchdünn bezwungen. Doch Hirscher hat nach einem Verzicht auf die üblichen Überseereisen kaum mehr Schneetage in den kräftigen Wadln als sein deutscher Freund. „Die Form könnte besser sein“, sagt der viermalige Gesamtweltcupsieger, „aber um diese Zeit muss ich jedes Jahr kämpfen.“

Und Neureuther? Kämpfen muss er auch. Seine Bewegungen wirken alles andere als geschmeidig. „Ich bin mir 100 Prozent sicher, dass der Rücken hält“, sagt er aber bestimmt. Auf Schmerzmittel kann er mittlerweile verzichten. Auch, weil ihm Cheftrainer Mathias Berthold in Oliver Saringer einen Physiotherapeuten direkt vor der Haustüre zur Verfügung gestellt hat. „Früher saß ich 20.000 km im Jahr im Auto, um mich behandeln zu lassen“, sagt Neureuther, „der Mätti hat einen super Job gemacht.“

Wie super, zeigt sich (frühestens) ab Ende Oktober. „Wenn es so läuft wie in den vergangenen beiden Jahren, können wir zufrieden sein“, sagt Alpinchef Wolfgang Maier, „aber vielleicht klappt’s ja auch mal mit dem Weltcup.“