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April 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Hamburg (SID) Bernhard Kempa war einst einer der besten Handballer der Welt, sein legendärer Kempa-Trick ist noch heute allgegenwärtig. Am 19. November wurde „Monsieur Handball“ 95 Jahre alt.

Abspringen, Ball im Flug fangen und werfen – Tor: Die Beobachter rieben sich verwundert die Augen. So etwas hatte die Handball-Welt noch nicht gesehen, als der Kempa-Trick am 24. März 1954 bei einem inoffiziellen Länderspiel zwischen Deutschland und Schweden (10:10) in der Schwarzwaldhalle in Karlsruhe uraufgeführt wurde.

„Beim ersten Mal klappte es nicht, weil ich die Größe der schwedischen Spieler falsch eingeschätzt hatte“, schrieb Bernhard Kempa in seinem Buch über die Welt-Premiere jenes Spielzugs, der ihn weltweit berühmt machte. Im Training hatte er die revolutionäre Erfindung zuvor wochenlang einstudiert.

Noch heute, über 70 Jahre später, ist der Kempa-Trick im Profihandball allgegenwärtig – und mit ihm sein Erfinder. Und der ist auch stolz auf seinen Geniestreich: „Das ist die größte Attraktion für Zuschauer im Handball und ein Trick für die Ewigkeit“, teilte er dem SID mit.

„Monsieur Handball“, wie ihn die renommierte französische Sportzeitung L’Equipe einst adelte, feierte seinen 95. Geburtstag zu Hause. Nach einem neunwöchigen Aufenthalt nach schwerer Erkrankung durfte Kempa rechtzeitig das Krankenhaus verlassen. „Er ist zunehmend auf einem guten Wege der Genesung“, sagte Sohn Bernhard Michael Kempa dem Sport-Informations-Dienst.

„Mit dem Kempa-Trick hat sich Bernhard Kempa unsterblich gemacht“, meinte DHB-Präsident Andreas Michelmann. Und auch Verbandsvize Bob Hanning würdigte Kempa im Gespräch mit dem SID als ein „Idol für Generationen. Mit seiner Raffinesse hat er den Handballsport wie nur wenige andere vor und nach ihm entwickelt.“

Zu seiner aktiven Zeit galt der gebürtige Oberschlesier als einer der Besten seiner Zunft, gewann als Spieler und Trainer Meistertitel en masse. Das Fachmagazin Handballwoche nannte ihn voller Bewunderung den „Fritz Walter des deutschen Handballs“.

Kempa bestritt 31 Länderspiele (131 Tore) und führte das Team der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1952 und 1955 zu zwei Weltmeistertiteln auf dem Feld. Die sieben Kempa-Tore im Finale 1955 gegen die Schweiz (25:13) bejubelten im Dortmunder Stadion Rote Erde über 50.000 Zuschauer.

„Für die WM-Titel gab es damals eine Uhr beziehungsweise einen Anzug. Geldprämien wurden nicht gezahlt, ich war immer ein waschechter Amateur“, erinnerte sich der frühere Oberstudienrat.

Auch auf Vereinsebene machte Kempa von sich reden. So verhalf der Edeltechniker seinem Herzensklub Frisch Auf Göppingen in den Fünfziger Jahren zum Durchbruch und führte den bis dahin provinziellen Verein 1954 zur ersten deutschen Meisterschaft. Bis zu seinem Karriereende 1957 gewann Kempa mit den Schwaben noch zwei weitere Meisterschaften – und schrieb die Erfolgsstory als Trainer unbeirrt fort: Mit dem ersten Europapokal-Triumph einer deutschen Mannschaft (1960) setzte er sich nicht bloß bei Frisch Auf ein Denkmal.

„Bernhard Kempa hätte Welthandballer und Welttrainer sein müssen, aber diese Auszeichnungen sind erst weit nach seiner aktiven Zeit geschaffen worden“, sagt DHB-Sportchef Hanning über einen Mann, der nach seiner Zeit als aktiver Handballer auch im Tennis Schlagzeilen produzierte.

So wurde Kempa in seiner zweiten sportlichen Karriere dreimal Weltmeister, 39-mal Europameister im Einzel, Doppel und Mixed sowie 50-mal deutscher Meister bei den Senioren. Erst ein Sturz im eigenen Haus acht Tage nach seinem 90. Geburtstag beendete Kempas Karriere nach der Karriere.