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April 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Köln (SID) Das neue Leben ohne Leistungssport, ohne Druck und vorgegebene Zeitpläne – Nadine Angerer und Celia Sasic genießen es in vollen Zügen. „Es war eine super schöne und auch total prägende Zeit, aber mir geht es so gut, ich bin auch überhaupt nicht wehmütig“, sagte die langjährige Fußball-Nationaltorhüterin Angerer im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID).

Ex-Torjägerin Sasic musste sich in der ungewohnten Freiheit dagegen erst zurechtfinden. „Es ist ein großer Teil weggebrochen und man braucht Zeit, um sich selbst, seinen Tagesablauf zu finden. Man kann plötzlich ganz neue Dinge machen“, erklärte Sasic, die nach Platz vier bei der WM in Kanada im Alter von 27 Jahren überraschend früh den Schlussstrich zog. Beide wurden Ende November bei der Neuauflage des WM-Spiels um Platz drei der DFB-Frauen gegen England in Duisburg offiziell verabschiedet.

Hätte bei so einer Zeremonie nicht doch noch einmal Wehmut aufkommen können? Die Vorfreude überwiegt, sagt Sasic, die im August im „Ruhestand“ als Europas Fußballerin des Jahres ausgezeichnet wurde: „Das waren so lange Zeit Weggefährten von mir, es ist schön, alle wiederzusehen und zu quatschen. Für mich fühlt es sich momentan noch an wie eine lange Pause.“

Die 37-jährige Angerer, die Ende August in der US-Profiliga NWSL ihr letztes Spiel bei den Portland Thorns bestritt, scheint gedanklich schon ein Stück weiter weg von der aktiven Karriere: „Ich könnte gerade gar keinen Ball mehr fangen. Ich habe damit komplett abgeschlossen.“ Seither ist die Weltfußballerin von 2013 zurück nach Frankfurt gezogen und kann über Langweile nicht klagen: „Ich dachte ja, dass ich weniger Termine habe, wenn ich aufhöre, Fußball zu spielen. Aber ich habe total viel zu tun – aber alles Dinge, die Spaß machen. Ich habe all die Jahre meinen persönlichen Egoismus hinten angestellt und für solche Dinge nehme ich mir jetzt Zeit.“

In den vergangenen Jahren waren Spielführerin Angerer (146 Länderspiele) und Vize-Kapitänin Sasic (111) die unumstrittenen Aushängeschilder und Führungsfiguren des deutschen Teams, holten gemeinsam zwei EM-Titel (2009 und 2013) und Bronze bei Olympia 2008. Hinter den Kulissen arbeiteten die beiden Hand in Hand – und erinnern sich noch gut an den Beginn der langen gemeinsamen Zeit im DFB-Team.

Angerer hieß den gerade einmal 16 Jahre alten „Stöpsel“ auf ihre Art willkommen. „Die ersten Jahre haben wir beide zusammen auf der Bank verbracht. Da hatten wir immer sehr viel Spaß“, erzählt Sasic, die damals noch ihren Mädchennamen Okoyino da Mbabi trug: „Sie hat mich immer während der Spiele in die Kabine geschickt, um neue Kekse zu holen, weil sie Hunger hatte.“

Beide sind dabei, sich beruflich neu aufzustellen. Während Angerer bereits weiß, dass sie zunächst als Torwart-Trainerin arbeiten wird, plant Sasic, erst ihr Studium der Kulturwissenschaft abzuschließen. Dem Fußball möchte die Schwiegertochter des Ex-Bundesliga-Trainers Milan Sasic auch erhalten bleiben – vielleicht im Management- oder Medienbereich: „Es wäre ein Traum, dem Fußball in anderer Form verbunden zu bleiben. Das Einzige, was ich mir gerade nicht vorstellen kann, ist Trainerin zu sein.“ Dafür, gibt sie zu, sei sie wohl „noch zu nah dran“.