Die Bewerbung für Olympische und Paralympische Sommerspiele ist Geschichte. Die Sportvereine und –verbände in Hamburg haben die Kampagne vielfältig unterstützt, was von politischer Seite gerne angenommen wurde. Mit der Bewerbung waren im Hamburger Sport große Hoffnungen auf Verbesserungen der sportlichen Rahmenbedingungen verbunden. Nach dem gescheiterten Referendum bleibt nun die Frage, wie es im Hamburger Sport weitergeht.
Im olympischen Jahr 2016 bereiten sich die Hamburger Spitzenathleten mit vollem Einsatz auf ihre Qualifikation für die Spiele und ihre Teilnahme in Rio vor. Was können und wollen wir für unsere Sportlerinnen und Sportler tun? Der Applaus nach ihrer Rückkehr mit einer Medaille ist nicht genug. Leistungssport ist ein jahrelanger Entwicklungsprozess, der Geld kostet, aber auch mit Erfolgen belohnt wird. Oder reicht es uns, in der Freizeit unserem eigenen Sport nachzugehen und auf eine Teilnahme von Hamburgerinnen und Hamburgern bei internationalen Sportveranstaltungen zu verzichten? Auch für unseren alltäglichen Sport brauchen wir Rahmenbedingungen, wie sanierte Plätze und Hallen oder gute Übungsleiterinnen und Übungsleiter.
Die intensive Arbeit an der Bewerbung um die Spiele führte dazu, dass im vergangenen Jahr einige Themen nicht mit voller Kraft vorangetrieben werden konnten. Zu aufwendig war das Projekt, das den Hamburger Sport weit voran gebracht hätte. Diese Themen müssen nun nachgearbeitet werden. Außerdem bietet die Zäsur des missglückten Referendums die Chance, bestehende Konzepte zu überprüfen und neue Ideen auf den Weg zu bringen. Die Basis eines solchen Nachdenkens wird immer die Frage der Finanzierung sein.
Ob Freizeitsport oder Hochleistungssport, wichtig ist eine funktionierende Sportinfrastruktur in einem guten Zustand. Das machte in den vergangenen Jahren die Sanierung von Sporthallen und –plätzen zu einem viel diskutierten Thema der Sportpolitik. Nicht vergessen dürfen wir aber auch die Planung von Sportstätten und ihre Bewirtschaftung. Eine sportbegeisterte Bevölkerung braucht wohnortnahe Sportflächen, besonders die Kinder. Es ist darum dramatisch, dass in der Hafencity kein wettkampftauglicher Sportplatz gebaut wurde. Der Verweis auf Bolzplätze und Gehwege zum Skaten und Laufen reicht nicht. Gerade Kinder wollen in einer Mannschaft Wettkämpfe austragen und brauchen darum Sportflächen, die den Regeln entsprechen. Die Hafencity ist leider ein gutes Beispiel, dass Sport in der Stadtentwicklung noch immer nicht mitgedacht wird. Es muss beobachtet werden, wie mit dem Thema bei der Entwicklung der Neuen Mitte Altona umgegangen wird.
Eine funktionierende Sportinfrastruktur braucht ebenfalls ein gutes Management. Die Bedürfnisse von Schulen und von Vereinen müssen gleichermaßen Gegenstand dieses Managements sein. In Gesprächen mit der zu Unrecht gescholtenen Schulbau Hamburg ist der HSB immer auf viel Verständnis und Entgegenkommen gestoßen. Leider wurde bei der Einrichtung der Schulbau Hamburg vergessen, die Belange des Vereinssports mit in deren Aufgabenkatalog zu schreiben. Den Kollegen waren also häufig schlicht die Hände gebunden. Dieser Missstand wurde erst im vergangenen Jahr durch einen Beschluss der Bürgerschaft auf Initiative der Regierungsfraktionen gemildert. Mit diesem Beispiel ist aber gut beschrieben, dass der Sport in den Behörden nicht mitgedacht wird und es immer wieder an Geld fehlt, um Vereinsbedarfe bei Bau und Instandsetzung zu berücksichtigen. Auch auf Seiten der Behörden wird die Klage lauter, dass eine koordinierende Stelle für den Sport fehlt und ein entsprechendes Budget her muss. Die Instandhaltung und die gute Bewirtschaftung von Sportanlagen schaffen die Rahmenbedingungen, in denen Vereine aktiv sein können und sich neben dem Sportangebot für viele weitere Dinge engagieren, wie für Flüchtlinge oder Menschen mit Behinderungen. Die Behörde für Inneres und Sport hat für 2016 das Jahr des bürgerschaftlichen Engagements ausgerufen, um genau solche Aktivitäten zu fördern. Wenn die Rahmenbedingungen gut sind, werden Menschen in den Vereinen von alleine aktiv und engagieren sich in ihrem Wohnviertel. In einer Halle im Winter bei unter 16 Grad Celsius zu trainieren, wird aber keinen Übungsleiter motivieren.
Die Sportvereine in Hamburg wachsen seit über zehn Jahren stetig. Dass das Angebot der Vereine von immer mehr Menschen angenommen wird, liegt unter Anderem an der guten Ausstattung mit Sportgeräten und vor allem an den qualifizierten Übungsleiterinnen und Übungsleitern, die die Menschen begleiten. Wenn der Sport wächst, braucht man natürlich von allem mehr. Hinzu kommt, dass die Sportvereine über die Jahre immer mehr Aufgaben weit über das Sportangebot hinaus übernommen haben. Sie engagieren sich für Kinder und Jugendliche, ob mit Ferienfreizeiten oder Hausaufgabenhilfe. Sie kümmern sich um Flüchtlinge und Migrantinnen und Migranten. Sie sorgen für Sportangebote für Behinderte oder für alte Menschen in Wohnanlagen. Kurz gesagt, sind Vereine ein entscheidender Faktor für ein lebenswertes Wohnumfeld geworden. Leider zeigt eine nüchterne Betrachtung, dass die Vereine der Stadt mehr geben, als die Stadt ihnen zurückgibt.
Der HSB und seine Vereine und Verbände müssen seit vielen Jahren mit einer Sportförderung in konstanter Höhe arbeiten. Preissteigerungen sowie steigende Energie- und Personalkosten wurden in den Haushalten der Sportorganisationen durch Einsparungen kompensiert. Hier sind der HSB und die Vereine an der Grenze des Machbaren angelangt. Wenn die Arbeit der Vereine nicht eingeschränkt werden soll, muss die Sportförderung durch die Stadt spürbar erhöht werden. In den kommenden Wochen wird ein neuer Sportfördervertrag zwischen der Stadt und dem HSB verhandelt. Hier muss die Stadt die Frage beantworten, was ihr der Sport in Hamburg wirklich wert ist.
Die angesprochenen Themen sind nur Beispiele für einen ganzen Katalog von Projekten, die in der Dekadenstrategie Sport beschrieben sind. Nicht alle laufen unrund, aber allen ist gemeinsam, dass sie weiterentwickelt werden müssen und dass ein Preisschild angehängt ist. Die Dekadenstrategie ist seit fünf Jahren Hamburgs sportpolitischer Kompass. Auch ohne verlorenes Referendum wäre es sinnvoll gewesen, diesen Orientierungsrahmen nach der Hälfte der Laufzeit zu überprüfen. Diese Aufgabe hat die Zukunftskommission Sport bereits im Januar auf die Tagesordnung gesetzt. Die überarbeitete Dekadenstrategie befindet sich in diesen Wochen noch in der Abstimmung.
Um den Orientierungsrahmen Dekadenstrategie mit Leben zu füllen, braucht es Geld und Gestaltungswillen. In den Gesprächen zur Überarbeitung der Dekadenstrategie hat sich der HSB für konkrete Zielformulierungen einsetzt. Ein klares gemeinsames Bekenntnis, was bis wann geschehen soll, wäre zielführend. Ebenfalls muss verabredet werden, wie die Projekte, die in der Dekadenstrategie angekündigt werden, finanziert werden. Geschehen diese Punkte nicht, hat die Dekadenstrategie zukünftig kein Erkenntnis, sondern ein Umsetzungsproblem.
Quelle: www.hamburger-sportbund.de