Hamburg/Boston (SID) Jeder in Boston wollte ein Selfie mit der „bronzenen“ Aljona Savchenko, sie umarmen oder ihr wenigstens ein Kuscheltier zustecken. Aber wirklich gerührt war die scheinbar alterslose „Queen Mum“ des deutschen Paarlaufs nur vom Kompliment ihres neuen Partners. „Danke Aljona, dass du mit mir läufst. Ohne dich wäre ich nicht bei diesen Weltmeisterschaften“, sagte Bruno Massot voller Dankbarkeit und mit zitternder Stimme, und Savchenko musste fast ein bisschen schlucken.
Nicht jeder hatte dem mittlerweile 32 Jahre alten Energiebündel die arg optimistisch scheinende Prognose abgekauft, beim gemeinsamen WM-Debüt mit dem Franzosen im mit 17.000 Zuschauern ausverkauften TD Garden auf Anhieb eine Medaille zu gewinnen. Doch dank der Schützenhilfe der russischen Olympiasieger Tatjana Wolososchar und Maxim Trankow, die eine wahre Blackout-Kür bis auf Rang sechs zurückwarf, durfte das Oberstdorfer Duo den WM-Fotografen tatsächlich zwei Bronzemedaillen vor die Linsen halten.
„Ich lebe jetzt meinen Traum weiter und kann das weitermachen, was ich liebe“, sagte die fünfmalige Weltmeisterin ungewöhnlich emotional. Die Entscheidung, die Laufbahn nach dem Ende des gemeinsamen Weges mit Robin Szolkowy fortzusetzen, sei absolut richtig gewesen: „Wir wurden so gut angenommen, so viele haben sich gefreut, dass ich zurück bin.“
Vergessen die 18 Monate der Ungewissheit, ob und wie die Karriere an der Seite des fünf Jahre jüngeren Normannen weitergehen würde. Erst im November erhielt Massot die Freigabe des französischen Verbandes, seither läuft es von Wettkampf zu Wettkampf besser. Auch dafür zur Belohnung geht es nun in den Urlaub nach Florida.
Erst EM-Silber im Januar in Bratislava, nun WM-Bronze – die internationale Konkurrenzfähigkeit der Schützlinge von Trainer Alexander König ist bewiesen. Allerdings: Um im fünften Anlauf 2018 im südkoreanischen Pyeongchang endlich den ersehnten Olympiasieg einzufahren, muss technisch noch einmal aufgerüstet werden.
Angst dafür hat die 1,52 m kleine Blondine nicht. Bei ihrer spektakulären Dreifachschraube fliegt Savchenko schon jetzt am höchsten, eine vierte Rotation scheint kein Ding der Unmöglichkeit. „Klar, das gehen wir an“, sagt die gebürtige Ukrainerin schon seit Monaten. Und dann wären auch die alten und neuen Weltmeister Meagan Duhamel und Eric Radford aus Kanada sowie die chinesischen WM-Zweiten Sui Wenjing und Han Cong durchaus zu schlagen.
Stoppen kann die Erfolgsgeschichte aus dem Allgäu eigentlich nur noch die deutsche Sprache, mit der Massot noch fremdelt. Doch ausreichende Sprachkenntnisse sind für ihn unerlässlich, wenn er bis 2018 einen deutschen Pass bekommen möchte. Nur mit diesem Dokument ist Massot bei Olympia für die Deutsche Eislauf-Union (DEU) startberechtigt, im Herbst kann er den für die Einbürgerung notwendigen Antrag stellen
Aber auch für das Sprachproblem hat die patente Aljona bereits eine Lösung gefunden: Zusammen mit ihrem britischen Verlobten besucht ihr Eispartner regelmäßig einen Kursus an der Volkshochschule Oberstdorf. Unter anderem deshalb, damit Massot ihr im August zur Hochzeit schon auf Deutsch gratulieren kann.