Köln (SID) Sie ist die Grande Dame der deutschen Reiterei, obwohl sie sich selbst ganz und gar nicht so sieht. Bei Isabell Werth und Ludger Beerbaum gehört sie längst zur Familie, am 28. Juni feierte Madeleine Winter-Schulze ihren 75. Geburtstag.
Madeleine Winter-Schulze lacht herzhaft, es ist ein helles, fröhliches Lachen. „Ach Mensch, so würdevoll bin ich doch nun wirklich nicht“, sagt die Grande Dame der deutschen Reiterei, die sich so ganz und gar nicht in der Rolle als „Große Dame“ sieht. Gerade ist außerdem der Installateur auf ihrem Hof in Mellendorf, und deshalb hat sie auch nicht viel Zeit zum Plaudern: „Er sagt, ich soll mal eben gucken kommen.“
Es geht eben nichts ohne die Frau, die Ende Juni ihren 75. Geburtstag feierte und deren Name als Synonym für unzählige Erfolge der deutschen Reiterei steht. Madeleine Winter-Schulze, deren Vater Eduard Winter 1925 das erste VW-Autohaus in Berlin gründete und als deutscher Lizenzhalter für Coca-Cola nach dem Krieg ein Vermögen erwirtschaftete, ist als Mäzenin und Vertraute „ihrer“ Reiter aus der Turnierszene nicht wegzudenken.
Seit sie 1950 als Neunjährige erstmals im Sattel von Alfredos saß, hat sich „MWS“ mit Haut und Haaren der Reiterei verschrieben. 1959 war sie deutsche Meisterin in der Dressur sowie 1969 und 1975 im Springreiten der Amazonen. An den Vater erinnert sie sich „in tiefer Dankbarkeit“, ihm zu Ehren gründete sie in Berlin eine Stiftung seines Namens, die sich um notleidende Kinder kümmert. Für ihr soziales und gesellschaftspolitisches Engagement wurde ihr im April 2006 das Bundesverdienstkreuz verliehen. Reden tut sie darüber so gut wie nie, ohnehin spricht sie „nicht so gerne über mich selbst“.
Zu den Reitern, deren Mäzenin sie ist, pflegt Madeleine Winter-Schulze ein Verhältnis, das längst über alle geschäftlichen Beziehungen hinausgeht. Dressurkönigin Isabell Werth und Springreiter Ludger Beerbaum stehen ihr so nahe wie eigene Kinder, und beide erwidern die Zuneigung der so unkapriziösen Frau mit aller Herzlichkeit. Ihr sei aufgefallen, sagt Isabell Werth, „dass ich ständig den Begiff ‚außergewöhnlich‘ verwende, wenn ich über Madeleine spreche“, und Beerbaum gibt offen zu, dass „ich die Reiterei ohne Madeleines Hilfe in den letzten 20 Jahren nicht so hätte betreiben können, wie ich es getan habe“.
Madeleine Winter-Schulze ist die Besitzerin jener Pferde, mit denen speziell Werth und Beerbaum sowie Ingrid Klimke in der Vielseitigkeit in den vergangenen Jahrzehnten von Erfolg zu Erfolg ritten. Dazu zählen so unvergessene Vierbeiner wie Goldfever, Coupe de Coeur, Satchmo oder Warum nicht. Etwa 50 hochklassige Sportpferde gehören „MWS“, sie stellt sie ihren Reitern ohne Gegenleistung zur Verfügung, eine Gewinn-Verlustrechnung stellt sie nicht auf. „Ich bin ja nicht auf Profit aus“, sagt sie ohne jede Koketterie.
Bei Isabell Werth und Ludger Beerbaum gehört „MWS“ längst zur Familie, Begriffe wie „unprätentiös“, „bodenständig“, „verlässlich“, „vertrauenswürdig“, „liebenswert“ fallen in jedem Satz, mit dem sie ihre „enge Vertraute und Freundin“ (Werth) beschreiben. „Es gibt in der Reiterei niemanden, der so mitfiebert und sich so mitfreut und wirklich immer und in allen Lebenslagen für einen da ist“, sagt Werth. Sie empfindet es „als große Ehre, dass ich Madeleines Pferde reiten darf“.
Wer nun aber glaubt, dass Madeleine Winter-Schulze auch heute noch den gemütlichen Ausritt in der freien Natur schätzt und genießt, sieht sich getäuscht. „Ich bin in einem Alter, in dem man dankbar sein muss, wenn man jeden Morgen ohne Schmerzen aufsteht und noch alles kann“, sagt sie: „Ich werde das Schicksal nicht herausfordern.“ Einen vierbeinigen Nachfolger für Hund Jackie, der nach 19 Jahren an ihrer Seite gestorben ist, hat sich „MWS“ übrigens auch noch nicht angeschafft: „Ich bin so viel unterwegs, da käme ein Hund doch zu kurz. Das muss warten – bis ich alt bin.“