Ein Schützenverein in Westfalen veranstaltete am Himmelfahrtstag 2011 für seine Jungschützen eine Fahrradtour. Bei dieser Tour verunglückte ein Mitglied der Jungschützen bei einem Verkehrsunfall schwer, als er auf der Kreuzung eines Waldwegs eine übergeordnete Straße passierte. Er stieß mit einem ihm gegenüber bevorrechtigten Pkw zusammen. Dafür machte er den Schützenverein verantwortlich und nahm ihn auf Schadensersatz in Anspruch.
Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
Der Schützenverein hafte nicht gem. § 823 Abs. 1 BGB, weil weder dem Vorstand des Vereins noch den Organisatoren der Fahrradtour eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten anzulasten sei. Das vorgesehene und auch tatsächlich umgesetzte Sicherungskonzept habe den Anforderungen hinreichend entsprochen. In den etwa zwei Stunden vom Beginn der Tour bis zum Unfallgeschehen hätten die Teilnehmer der Tour bereits mehrere Kreuzungen überquert. Dabei habe es nach jeweiliger Sicherung durch die eingeteilten und mit Warnwesten ausgerüsteten Sicherungsposten keinerlei Probleme gegeben. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Sperrung der Unfallkreuzung aufgehoben worden sei, nachdem ein Großteil der Teilnehmer die dem Waldweg übergeordnete Straße überquert gehabt hatte.
Mit der Berufung verfolgt der Jungschütze sein Klageziel weiter. Er hätte erwarten dürfen, dass zu überquerende Straßenkreuzungen stets in gleicher Weise gesichert gewesen seien, wie in den ersten beiden Stunden des Fahrradausflugs. Dies hätte auch für die Nachzügler gelten müssen.
Auch die Berufung hatte keinen Erfolg.
Ein Schadensersatzanspruch gegen den Schützenverein stand dem Jungschützen weder wegen der Verletzung von Pflichten aus dem durch die Vereinsmitgliedschaft begründeten rechtlichen Sonderverhältnis zwischen Verein und Jungschützen gemäß §§ 280, 278 BGB zu, noch nach Deliktsrecht gem. §§ 831, 823, 31 BGB. Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt konnte festgestellt werden, dass der Unfall des Jungschützen auf einer dem Schützenverein zuzurechnenden Pflichtverletzung beruhte.
Der Auffassung des Jungschützen, der Verein hafte gem. §§ 823, 31 BGB, weil sein Vorstand es unterlassen habe, die Organisatoren der Radtour einzuweisen, sie zu unterrichten, zu schulen, die Benutzung von Schutzhelmen zu verlangen, selbst die Oberaufsicht zu übernehmen und die Feuerwehr oder die Polizei hinzuzuziehen, folgte das Berufungsgericht nicht. Dabei könnte dahinstehen, ob der Unfall überhaupt vermieden worden wäre, falls der Vorstand des Schützenvereins derartige Maßnahmen getroffen hätte. Denn aus der Sicht des Vorstandes bestand zu solchen Maßnahmen keine Veranlassung und daher auch keine Pflicht. Es war auch nicht ersichtlich, warum der Vereinsvorstand den damit betrauten Organisatoren die Aufgabe, die Radtour zu planen und durchzuführen nicht allein hätte übertragen dürfen. Denn bei den Radtouren in den Vorjahren war, soweit ersichtlich, nie etwas schief gegangen. Unter diesen Umständen hatte der Vereinsvorstand keine Veranlassung, über das tatsächlich umgesetzte Schutzkonzept hinaus gesteigerte Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Immerhin handelte es sich bei den Organisatoren um erwachsene Vereinsmitglieder, die offenbar auch selbst keine Bedenken sahen, die Aufgabe zu übernehmen und die Radtour wie in den Vorjahren durchzuführen.
Oberlandesgericht Hamm vom 05.02.2014 – 6 U 80/13 –