sid

März 2024

Top-Thema

Köln (SID) Nach dem Tief von Sotschi 2014 winkt dem deutschen Wintersport im kommenden Jahr in Pyeongchang ein Medaillen-Hoch – wenn man die jüngsten Weltmeisterschaften als Maßstab nimmt. DOSB-Chef Alfons Hörmann warnt jedoch vor überzogenen Erwartungen.

Die deutschen WM-Festspiele im Wintersport sind nach dem Rekord der „Nordischen“ in Lahti beendet – Olympia in Pyeongchang kann kommen. Das persönliche Motto „Go for Gold“ von Biathlon-Überfliegerin Laura Dahlmeier kann getrost auch für das gesamte deutsche Team stehen. Denn nach dem Tief von Sotschi 2014 winkt in elf Monaten in Südkorea ein nie dagewesenes Medaillen-Hoch – zumindest, wenn man die jüngsten WM-Ergebnisse als Maßstab nimmt.

Bei den sieben Titelkämpfen in den vergangenen fünf Wochen gewannen deutsche Sportler alleine in den olympischen Disziplinen 18 Gold-, neun Silber- und sieben Bronzemedaillen. Die Bilanz von Sotschi (8/6/5) mutet dagegen geradezu kümmerlich an.

Die meisten Medaillen holte eine deutsche Olympiamannschaft 2002 in Salt Lake City mit zwölf Gold, 16 Silber und acht Bronze. Laut aktueller WM-Bilanz liegt nicht nur diese Bestmarke, sondern auch der fünfte Triumph im Medaillenspiegel nach 1984, 1992, 1998 und 2006 im Bereich des Möglichen.

Die Stimmung im deutschen Lager ist also bestens, nicht zuletzt nach den Weltmeisterschaften im Biathlon und im Ski nordisch, wo mit sieben bzw. sechs Goldmedaillen Rekorde erzielt wurden. So spricht Alfons Hörmann mit Blick auf 2018 von „erst einmal schönen Voraussetzungen für die vor uns liegenden Winterspiele“.

Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes blickt auf zahlreiche Sportler mit „gehörigem Respekt“. Auf Biathletin Laura Dahlmeier etwa, die in Hochfilzen mit fünfmal Gold neue Maßstäbe setzte, oder auf die Skispringer um Andreas Wellinger, die Lahti in Abwesenheit von Vorspringer Severin Freund zur eigenen Bühne machten, aber auch auf die „Dominierer“ um Vierfach-Weltmeister Johannes Rydzek. Dazu kamen am Königssee die mit je dreimal Gold dekorierten Bobfahrer um Doppel-Champion Francesco Friedrich sowie die Rodler, bei denen in Igls ausgerechnet der lange unbesiegbare Felix Loch schwächelte.

Aber bei aller Freude hebt Hörmann auch mahnend den Zeigefinger: „Ich warne schon jetzt vor völlig überzogenen Erwartungen für das Olympiajahr. Der Weg nach Pyeongchang ist noch lang und steinig.“ Der Chef der deutschen Dachorganisation will sich nicht vom Glanz des Goldes blenden lassen, zu schmerzhaft sind die Erinnerungen an Sotschi, zu unwägbar die Situation bei der Eröffnung der Spiele am 9. Februar. Nicht von ungefähr will der DOSB auf den üblichen „Medaillenkorridor“, die breit gefächerte Zielprognose für die Verbände, in der jetzigen Form verzichten.

„Es wird in Pyeongchang völlig andere Rahmenbedingungen geben als bei den Weltmeisterschaften in diesem Jahr“, sagte Hörmann, „wir wissen heute auch nicht, ob beispielsweise das Team Russland in voller Stärke dabei sein wird oder nicht.“ Auch bleibe abzuwarten, wer aus dem deutschen Team in welcher gesundheitlichen Verfassung antreten werde. „Deshalb sind seriöse Prognosen jetzt auch schlichtweg nicht möglich“, sagte Hörmann.

Sollte beispielsweise eine Laura Dahlmeier für Pyeongchang ausfallen, wären die Prognosen im Biathlon ungleich schlechter. Allerdings hatten die Skijäger in Sotschi keine einzige Goldmedaille gewonnen. Nicht ganz so dramatisch wie bei Dahlmeier wäre ein Ausfall eines Top-Kombinierers, die Breite im Team von Bundestrainer Herrmann Weinbuch ist beeindruckend.

Auch die Skispringer haben bewiesen, dass sie ohne Severin Freund erfolgreich sein können. Dazu stehen die Erfolge in der Eisrinne auf einer breiten Basis, zudem scheinen die Materialprobleme angesichts der Wahlmöglichkeiten zwischen zwei verschiedenen Schlitten behoben. Medaillenlose Spiele im Bob wie erstmals überhaupt in Sotschi sind derzeit kaum denkbar.

Auch wenn in Pyeongchang nicht alle Trümpfe der vergangenen Weltmeisterschaften stechen, sollten die deutschen Sportler das „Trauma Sotschi“ vergessen lassen. Bei aller gesunden Skepsis von Alfons Hörmann.