Berlin (SID) Die auf sportpolitschem Parkett völlig unbekannte Veronika Rücker wird neue Vorstandsvorsitzende des DOSB. Die 47 Jahre alte Direktorin der DOSB-Führungsakademie wird neue Vorstandsvorsitzende des Deutschen Olympischen Sportbundes und beerbt zum Jahreswechsel Michael Vesper, der mit 65 Jahren altersgemäß ausscheidet. Damit wird DOSB-Präsident Alfons Hörmann endgültig zum alleinigen starken Mann im Dachverband des deutschen Sports.
„Es ist wirklich eine große Ehre, dass ich den Sport in Deutschland aktiv an zentraler Stelle mitgestalten kann“, sagte die 47-Jährige, nachdem sie am 23. Juni eine Stunde zuvor nominiert worden war. „Ich traue mir das Amt zu, auch weil ich die Rückendeckung eines starken Präsidiums habe“, sagte Rücker.
Ab dem 1. Januar muss die Sportwissenschaftlerin und gebürtige Nordhornerin den großen Tanker DOSB an der Seite von Hörmann lenken. Ihre wichtigste Aufgabe ist die Weiterentwicklung des Verbandes, sie muss sich aber auch um Wohl und Wehe der Mitgliedsverbände kümmern und den deutschen Sport auf internationalem Parkett vertreten.
„Veronika Rücker verfügt über alle fachlichen und menschlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Führung des DOSB“, sagte Hörmann, der mit dieser Personalie endgültig der starke Mann im DOSB ist. Vesper, seit 2006 beim DOSB, galt lange als ebenbürtiger Nebenmann.
Nachfolgerin Rücker, die in der höchsten Ü40-Tennisklasse Deutschlands spielt und gerne Halbmarathons läuft, muss sich in Zukunft auch mit der schwierigen Reform zur Spitzensportförderung beschäftigen. „Ich werde da eingebunden sein“, verriet die Aufsteigern, weitere Angaben über ihre Rolle dabei wollte sie nicht machen.
Auf jeden Fall kommt mit der Reform viel Arbeit auf die hauptamtliche Chefin des DOSB zu. Hörmann und sein Leistungssport-Vize Dirk Schimmelpfennig mussten nach einem zweitägigen Sitzungsmarathon in Berlin einräumen, dass es erhebliche Verzögerungen beim Start des umstrittenen Potenzial-Analyse-Systems (PotAS) gebe, dem zentralen Element der Reform. Die in Münster ansässige PotAS-Kommission soll die Förderwürdigkeit der Athleten bewerten.
„Es werden bis zu den Sommerspielen 2020 keine belastbaren PotAS-Erkenntnisse vorliegen“, gestand Hörmann, der deshalb mit einigen Bauchschmerzen auf die Spiele 2020 in Tokio blickt. „Die Gefahr besteht, dass die Leistung tendenziell leidet“, sagte der DOSB-Präsident. Eine Förderkommission soll sich in nächster Zeit mit der Frage beschäftigen, wie das deutsche Team in Tokio auch ohne PotAS erfolgreich sein kann.
Zunächst einmal beendet werden konnten die Streitigkeiten, die der Dachverband und seine Verbandsgruppen zuletzt mit der Politik führten. Die Spitzenverbände waren auf das Bundesinnenministerium (BMI) nicht gut zu sprechen, da die Behörde den Mehrbedarf von 31 Millionen Euro zum Start der Reform bislang nicht in den Bundeshaushalt für 2017 eingestellt hat. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) stellte in Berlin aber eine „substanzielle und nachhaltige“ Zahlung in Aussicht.
Der für den Spitzensport zuständige DOSB-Vize Dirk Schimmelpfennig führt derzeit die Finanzgespräche mit den Verbänden über die Neustrukturierung. 17 von 27 Verbänden hat Schimmelpfennig abgearbeitet. Im Anschluss folgen die Gespräche mit dem BMI vor allem über die Olympia- und Bundesstützpunkte. Ein Kernthema dabei ist die Trainer-Frage. Schimmelpfennig bezifferte die Anzahl der Stützpunkttrainer, deren Verträge zum Ende des Jahres auslaufen, auf 170. Viel Redebedarf also für den DOSB und seine neue hauptamtliche Chefin Veronika Rücker.