Breslau (SID) Weltmeister, Europameister und nun auch World-Games-Sieger – Deutschlands Faustballer hatten nach ihrem knappen 4:3-Triumph gegen den Erzrivalen Schweiz in Breslau allen Grund zum Feiern. „Jetzt wissen wir, dass sie wirklich das beste Team der Welt sind“, sagte Oliver Lang, Coach der hauchdünn geschlagenen Eidgenossen, nach der umkämpften Partie voller Anerkennung.
Nun fehlt der Mannschaft von Bundestrainer Olaf Neuendorf eigentlich nur noch die olympische Goldmedaille. Doch eine Teilnahme an den Sommerspielen unter den fünf Ringen liegt in ferner Zukunft. 62 Mitglieder zählt die International Fistball Association (IFA), mindestens 75 müssen es sein, um überhaupt eine Chance beim Internationalen Olympischen Komitee zu haben. Eine hohe Hürde für die lupenreinen Amateure.
Ohne dass es die breite Öffentlichkeit mitbekommen würde, hat sich die deutsche Nationalmannschaft, auch die der Frauen, den Status einer nahezu unbezwingbaren Faustballmacht erarbeitet – und das bereits seit Jahrzehnten. Auch auf Vereinsniveau sind die deutschen Vertreter in den internationalen Wettbewerben das Maß aller Dinge.
Die Gründe für diese selbst sportartübergreifend beispiellose Dominanz sind vielfältig. Der wohl offensichtlichste Ansatz: Der deutsche Faustball ist in seiner Breite so gut aufgestellt wie keine andere Sportart. „Im Vergleich zu anderen guten Nationen wie Österreich, Schweiz oder Brasilien haben wir einen viel größeren Pool an Spielern zur Verfügung“, sagt Bundestrainer Neuendorf.
Mehr als 40.000 Menschen spielen in Deutschland, dem Mutterland des Sports, heute aktiv Faustball. Ende des 19. Jahrhunderts entdeckten deutsche Turner die Sportart als Ausgleich für sich. 1894 wurden erstmals offizielle Spielregeln festgehalten. Von da an verbreitete sich der Sport in die deutschen Nachbarländer. Auswanderer brachten ihn nach Südamerika und Südwestafrika.
Ein weiterer Vorteil: Während sich in den konkurrierenden Ländern eigene nationale Verbände gründen mussten, agieren die Faustballer mit ihrem alten Turnspiel nach wie vor unter dem großen schützenden Dach des Deutschen Turner-Bundes. Und haben damit automatisch alle Möglichkeiten, beim Deutschen Turnfest sowie den zahlreichen Landesturnfesten Werbung in eigener Sache zu machen.
Dafür, dass gerade Jugendliche trotz des Nischendaseins der Sportart weiterhin zum Faustball herangeführt werden, tut aber auch die deutsche Faustball-Liga (DFBL) einiges: „Vor zehn Jahren haben wir unser Jugendprogramm komplett überarbeitet. Das Konzept ist jetzt sehr ausgereift, ab der U13 gibt es Sichtungen“, sagt Neuendorf, unter dem die Nationalmannschaft nun die letzten fünf Großturniere in Folge gewonnen hat.
Die Konsequenz: Das Nationalteam hat sich zu einer Ansammlung von Faustball-Weltstars entwickelt, die auf dem 50 mal 20 Meter großen Rasenfeld – und auch daneben – trotzdem harmonisieren. „Unsere überragenden Einzelspieler funktionieren unglaublich gut als Team. Es gibt keine Star-Allüren. Manche fahren sogar zusammen in den Urlaub“, sagt Neuendorf.