Ein Ehepaar hat einen 16-jährigen Sohn, der 2011 die Sportklasse einer Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen besuchte.
Im Rahmen der Einkommens-Steuer-Erklärung 2011 machten die Eheleute Aufwendungen in Höhe von 688 Euro, ihren Sohn betreffend, steuerlich geltend. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus pauschalierten Fahrtkosten zur Gesamtschule sowie zu nachmittäglichen Trainingseinheiten in einem Fußballverein im benachbarten Ort.
Das Finanzamt wollte diese Aufwendungen im ESt-Bescheid 2011 nicht berücksichtigen. Die Eheleute legten gegen diesen Bescheid Einspruch ein.
Zur Begründung führten sie aus, bei der von ihrem Sohn besuchten Schule handele es sich um eine Förderschule, die nur einmal in Nordrhein-Westfalen existiere. Für den Besuch der Sportförderklasse sei die Ableistung einer Aufnahmeprüfung notwendig gewesen, darüber hinaus ist die Mitgliedschaft in einem Sportverein Voraussetzung. Von daher seien die Kosten als Sonderausgaben steuermindernd zu berücksichtigen.
Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück und vertrat dabei die Auffassung, ein Abzug von Aufwendungen im Sinne von §10 Abs.1 Nr.9 EStG komme nur in Betracht, wenn die Aufwendungen der Eltern eine Gegenleistung für den Schulbesuch darstellten. Dies sei im Streitfall nicht gegeben, da lediglich Fahrtkosten als Schulgeldzahlungen geltend gemacht würden.
Die Eltern des Jungen verfolgten ihr Anliegen mit einer Klage vor dem Finanzgericht weiter. Zur Begründung führen sie zum einen aus, der Begriff des Entgelts im Sinne von §10 Abs.1 Nr.9 EStG sei gesetzlich nicht definiert. Nach ihrer Auffassung seien auch Fahrtkosten unter diesem Begriff zu subsummieren.
Darüber hinaus sei ergänzend zu prüfen, ob nicht eine Berücksichtigung der Fahrtkosten gemäß §33 EStG als außergewöhnliche Belastung in Betracht komme. Bei der von ihrem Sohn besuchten Gesamtschule handele es sich um eine sportliche Eliteschule. Von daher seien die Aufwendungen für den Besuch dieser Schule außergewöhnlich und zwangsläufig.
Die Klage wurde abgewiesen.
Nach §10 Abs.1 Nr.9 EStG sind nur Schulgeldzahlungen an Schulen in freier Trägerschaft oder an überwiegend privatfinanzierte Schulen dem Grunde nach steuerlich als Sonderausgaben im Rahmen der gesetzlich geltenden Höchstbeträge steuermindernd zu berücksichtigen. Eine derartige Schule ist die von dem Sohn der Eheleute besuchte Gesamtschule nicht. Bei dieser Schule handelt es sich vielmehr um eine staatliche Regelschule in Trägerschaft der Stadt.
Aufwendungen der Eltern im Zusammenhang mit dem Schulbesuch des Sohnes erfüllten daher schon dem Grunde nach nicht die Voraussetzungen für den Abzug als Sonderausgaben; unabhängig davon, ob Fahrtkosten überhaupt unter dem Entgeltbegriff im Sinne von §10 Abs.1 Nr.9 EStG fallen.
Die Kosten für Fahrten zum Training waren darüber hinaus keine außergewöhnlichen Belastungen im Sinne von §33 EStG.
Außergewöhnliche Belastungen im Sinne der vorgenannten Vorschrift liegen dann vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Die Aufwendungen entstehen gemäß §33 Abs.2 Satz1 EStG zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, und soweit sie den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.
Nach ständiger Rechtsprechung sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihre Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die typischen Aufwendungen der Lebensführung sind dagegen ungeachtet ihrer Höhe im Einzelfall vom Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen.
Gemäß den vorstehend dargestellten Grundsätzen handelt es sich bei den Kosten der Schulausbildung inkl. Fahrten zum Fußballtraining um zum gewöhnlichen Lebensunterhalt zählende Aufwendungen. Aus diesem Grunde fallen die dabei entstehenden Kosten für den Schulbesuch für alle Eltern schulpflichtiger Kinder an, sie sind dem Grunde nach für die Kl. deshalb nicht außergewöhnlich.
Eine andere steuerliche Betrachtung ergab sich auch nicht daraus, dass sich die Eltern des Jungen aufgrund einer besonderen fußballerischen Begabung ihres Sohnes sich für den Schulbesuch der Gesamtschule entschieden hatten. Das insoweit von ihnen ausgeübte Recht auf freie Schulwahl machte ihre Aufwendungen nicht zwangsläufig im Sinne von §33 EStG, da es sich insoweit um eine typische Entscheidung im Bereich der privat veranlassten Lebensführung handelt.
Finanzgericht Münster vom 15.04.2014 – 1 K 3696/12 E –