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Oktober 2024

Landessportbünde

Sexualisierte Gewalt im Sport. Ein Thema, dem der Landessportbund NRW Priorität einräumt. Der LSB NRW hat dazu eigens das Amt der „Unabhängigen Beauftragten zum Schutz vor sexualisierter Gewalt im Sport“ eingerichtet. Dieses wird von der Sportsoziologin Dr. Birgit Palzkill bekleidet. Sie positionierte sich am 16. März im Rahmen einer Podiumsdiskussion an der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS) sehr klar: „Wir wenden uns gegen das Schweigen. Es bedurfte des politischen Drucks, dass das Thema auf die Agenda genommen wurde. Was sich gezeigt hat ist, dass sexualisierte Gewalt im Sport nicht auf einzelne Täter reduziert werden kann, sondern dass auch die Strukturen, das Klima betrachtet werden muss, in denen sexualisierte Gewalt auftreten kann.“ 

Der Landessportbund NRW gilt seit langem als führend bei der Umsetzung von präventiven Maßnahmen. Er gibt Vereinen, Bünden und Verbänden konkrete Hilfestellung, um das Thema zu  enttabuisieren. In Krisen- und Verdachtsfällen bietet er Unterstützung und Orientierung, damit die Handlungsfähigkeit der Verantwortlichen im Verein/Bund/Verband erhalten bleibt. Ebenfalls zentral sind regelmäßige Info-Veranstaltungen (ca. 200 im Jahr).

Dorota Sahle, zuständige LSB-Referentin, ebenfalls auf dem Podium dabei: „Es war wichtig, ein Netzwerk aufzubauen mit Institutionen und Personen. Angefangen bei Psycho- und Traumatherapeuten und Kriminalhauptkommissarinnen sowie einem Team aus dem Sport, das im Land unterwegs ist, um Präventionsarbeit zu leisten.“

Die Podiumsdiskussion fand im Rahmen des Symposiums „Schmerz- und Traumabewältigung“ statt. Dr. Jeannine Ohlert von der DSHS präsentierte hier die Studie„ „Safe Sport“ – Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt im organisierten Sport in Deutschland“. Befragt wurden Kaderathletinnen und -athleten sowie Verantwortliche in Verbänden, Vereinen und weiteren Einrichtungen des organisierten Sports in Deutschland.

Ein Drittel aller Sportler/-innen betroffen

Laut Studie sind mehr als ein Drittel aller Sportlerinnen und Sportler mindestens einmal von sexualisierter Gewalt betroffen gewesen. Dabei kann es sich um „leichte“ Formen wie z.B. anzügliche Sprüche, Grenzverletzungen bis hin zu schweren Vergehen mit Körperkontakt handeln. Bei allen Formen können Folgen für die Betroffenen auftreten – bis hin zu schweren Beeinträchtigungen wie Depressionen.

„Die Mehrheit der Ereignisse sexualisierter Gewalt findet im Sportverein statt. Auch das ist ein Ergebnis der Studie“, so Ohlert. Sie warnte allerdings vor einer Skandalisierung des Themas. Ein Drittel der Befragten war der Meinung, dass sich ihr Verein aktiv gegen sexualisierte Gewalt im Sport einsetze. Im Hinblick auf Präventionsmaßnahmen schnitten die Landessportbünde „am besten“ ab. Die Hälfte von ihnen hat bereits Präventionsmaßnahmen durchgeführt, gefolgt von Sportinternaten (31 Prozent), Spitzenverbänden (33 Prozent), Olympiastützpunkten (28 Prozent) und  Vereinen (16 Prozent).

Auf der Veranstaltung schilderte der evangelische Olympiapfarrer, Dipl.-Psychologe Thomas Weber, die „Traumabewältigung aus Sicht eines Seelsorgers“. Er berichtete u.a. von Kanuslalomtrainer Stefan Henze, der während der Olympischen Spiele bei einem Autounfall zu Tode kam. „Es geht darum zu begleiten, Beistand zu leisten, den Angehörigen, den Sportlerinnen und Sportlern.“ Dieses „Beistand leisten“ finde sich schon in der Bibel.

In Köln wurde der Fokus auch auf die „Verletzungsbewältigung aus Sicht der Sportpsychologie“ gerichtet. „Stellen Sie sich vor, ein Athlet verletzt sich kurz vor den Olympischen Spielen. Er kann sein großes Ziel abschreiben. Was dann? Erst einmal muss man die Tatsache der Verletzung annehmen, Trauerarbeit leisten. Dann geht es darum, wieder eine Perspektive zu entwickeln“, sagte der Sportpsychologe Lothar Linz. Aus Sicht von Professor Dr. Jens Kleinert, Leiter des Psychologischen Instituts der DSHS, verwies darauf, dass Verletzungen auch auf soziales Geschehen zurückgeführt werden können: „Negative Stimmungslagen im Team können dazu führen, dass die Verletzungsanfälligkeit deutlich ansteigt“

Foto: LSB-Vorstand Martin Wonik, Dorota Sahle, Dr. Birgit Palzkill und LSB-Präsident Walter Schneeloch (v.l.) beim Antrittsbesuch in der LSB-Geschäftstelle in Duisburg.

Quelle: www.lsb.nrw