Hamburg/Berlin (SID) Die Athleten können es kaum noch abwarten, die Macher werkeln an einem unvergesslichen Event: In weniger als 100 Tagen beginnt die Heim-EM im Berliner Olympiastadion. Es kribbelt schon bei Johannes Vetter. „Das wird echt ein geiles Ding und ein riesiges Spektakel“, sagt der Speerwurf-Weltmeister über die kommende Heim-EM. Weniger als 100 Tage muss sich der 25-Jährige noch gedulden: Dann startet die große Sommer-Sause der Leichtathleten in Berlin (7. bis 12. August). „All denen, die jetzt noch keine Karten haben, würde ich raten, schleunigst welche zu kaufen“, sagt Vetter. Wie seine Kollegen kann es der Offenburger kaum noch abwarten, bis es endlich losgeht.
Und während sich Vetter und Co. in ihren Trainingslagern rund um die Welt auf das Highlight des Jahres vorbereiten, werkeln im Hintergrund die Macher der Europameisterschaft an einem unvergesslichen Event. Dabei sollen die Stars nicht nur im Olympiastadion weit draußen im Berliner Westen präsent sein, sondern auch mitten in der Stadt. Auf der Europäischen Meile am Breitscheidplatz, der 2016 durch den Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt traurige Berühmtheit erlangte, soll jeden Tag eine ausgelassene Leichtathletik-Party steigen.
„Wir wollen nicht nur unseren Sport im Stadion zeigen, sondern möchten auch, dass Menschen von außerhalb mit ihm in Berührung kommen“, sagt Chefplaner Frank Kowalski, der ein Budget von rund 35 Millionen Euro zur Verfügung hat und eine richtige kleine Arena mit Tribünen und der berühmten blauen Bahn aufbauen lässt: „Vielleicht bekommen die Leute dann Lust, ins Stadion zu gehen.“ IAAF-Präsident Sebastian Coe lobte die Pläne. „Wir müssen den Sport dahin bringen, wo die Leute sind. Das ist wichtig“, sagte der Brite in Berlin: „Wir können nicht länger erwarten, dass die Menschen eher in ein Stadion als in ein Museum oder eine Kunstgalerie gehen.“
Natürlich finden die Straßenwettbewerbe wie Marathon und Gehen dort statt, aber im Schatten der Gedächtniskirche werden auch die Medaillen überreicht, zudem wird die Qualifikation im Kugelstoßen dort ausgetragen und ein buntes Kulturprogramm veranstaltet. Die Pläne dafür entstanden schon deutlich vor dem Anschlag, anstatt die Gedanken zu verwerfen und sich dem Terror zu beugen, entschied man sich, das Leben zu feiern. Nichtsdestotrotz wird „gebührend Rücksicht auf die Opfer genommen“, sagt Kowalski.
Sprinter Julian Reus ist sich jetzt schon sicher, dass Berlin die Stadt ist, „die uns Leichtathleten die beste EM aller Zeiten bescheren wird.“ Und die Fans sollen für die passende Atmosphäre sorgen. Knapp 200.000 Tickets wurden bereits verkauft, Ziel sind über 300.000 an den sechs großen Wettkampftagen – am 6. August finden bereits einige Qualifikationen und Vorläufe statt. Damit die Riesenschüssel Olympiastadion auch möglichst voll wird, gehen die Planer auch unkonventionelle Wege. Unter anderem kann sich ein Brautpaar am 8.8.2018 in der Kapelle der Arena das Ja-Wort geben und anschließend in einer Loge feiern.
Die Idee mit der Hochzeit findet auch Diskus-Star Robert Harting „echt klasse. Ist auch ein schönes Datum“, sagt der Berliner, der an diesem Tag seine große internationale Karriere mit einem letzten Hurra beenden will: „Vielleicht komme ich ja sogar dazu, dem Brautpaar persönlich zu gratulieren.“
Doch der Traum von einer weiteren Medaille in seinem Wohnzimmer, in dem sich Harting 2009 erstmals zum Weltmeister krönte, scheint schon jetzt geplatzt. Der 33-Jährige plagt sich erneut mit einer Knieverletzung herum. „Wäre die EM jetzt in Budapest oder Paris, hätte ich wahrscheinlich schon aufgehört“, sagte er der Bild-Zeitung. Aber auf das riesige Spektakel in Berlin will auch Harting nicht verzichten.