Köln (SID) Bundestrainer Joachim Löw hat seinen WM-Kader nominiert. Der SID stellt die 23 Spieler in Fünf-Zeilen-Porträts vor.
TOR
Manuel Neuer (32, Bayern München): Hat eine Stahlplatte im linken Fuß und ist auch sonst hart im Nehmen. Kämpfte monatelang um die WM, war ewig ein Fragezeichen – und ist nun doch dabei. Ehrgeizig: Reklamiert nach jedem Gegentor, auch wenn es gar nichts zu reklamieren gibt. Die Nummer eins. Punkt.
Marc-Andre ter Stegen (26, FC Barcelona): Zuletzt unterlief ihm sogar, wie selten, ein Torwartfehler bei einem Elfmeter. Ansonsten in großartiger Form mit hervorragenden Reflexen und sehr guten Füßen. Extrem ruhig, kein Mann für brisante Zitate. Wäre die sichere Nummer eins – wäre da nicht Neuer. Bitter.
Kevin Trapp (27, Paris Saint-Germain): Vier Ligaspiele für PSG in dieser Saison, was für einen Mann seiner Klasse deutlich zu wenig ist. Aber: Wenn Joachim Löw auf ihn setzte, war auf Trapp meist Verlass. Bekam deshalb den Vorzug vor Leverkusens Bernd Leno.
ABWEHR
Jerome Boateng (29, Bayern München): Nach einer Muskelverletzung angeschlagen, aber längst unverzichtbar als Innenverteidiger, Wortführer und Antreiber. Ikonenhaft außerdem im Blingbling exquisiter Hip-Hop-Kleidung. Immer gut für einen viralen Hit: siehe seine spektakuläre Rettungstat bei der EM 2016.
Matthias Ginter (24, Borussia Mönchengladbach): Erlebte das Grauen doppelt – bei den Anschlägen von Paris und beim Bombenattentat auf die Mannschaft von Borussia Dortmund. Hat danach kurz überlegt, mit dem Fußball aufzuhören. Hat das aber nicht getan. Gute Entscheidung: starke Liga-Saison, in der er keine Minute verpasste.
Jonas Hector (27, 1. FC Köln): Steigt ab. Der Linksverteidiger setzt mit dem – freiwilligen – Gang in die 2. Liga womöglich seine Karriere in der Nationalmannschaft aufs Spiel, steigt aber in Köln zum Idol auf. Offenbart zugleich hehre Charakterzüge: Ruhig, bodenständig, dankbar und reflektiert. Ganz so, wie Löw es mag.
Mats Hummels (29, Bayern München): Kongenialer Partner Boatengs, Meister des langen Passes in der Spiel-Eröffnung und des klugen Wortes nach dem Abpfiff. Gesunder Schuss Ironie. Und ein gut anzuschauendes Accessoire in den Instagram-Clips seiner Gattin.
Joshua Kimmich (23, Bayern München): Der Hyper-Aufsteiger. In der Nationalmannschaft gesetzt, traf in beiden Bayern-Spielen gegen Real Madrid. Nichts spricht gegen eine lange, erfolgreiche Karriere. Verlor gegen Neuer mal 0:6, 1:6, 0:6 im Tennis – war danach tagelang sauer.
Marvin Plattenhardt (26, Hertha BSC): Dürfte der einzige WM-Fahrer sein, der weithin unerkannt im Straßencafe sitzen kann. Fulminante Freistöße, scharfe Flanken. Jedoch nur zweiter Mann hinten links – sofern Hector fit ist, besteht kaum eine Chance auf Einsätze.
Antonio Rüdiger (25, FC Chelsea): Die Mutter stammt aus Sierre Leone. Bastelte sich sein erstes Trikot selbst: vom Weltklassestürmer George Weah. Begann auch vorne, wurde dann doch Innenverteidiger. Und ein sehr guter. Kann sich inzwischen so viele Trikots kaufen, wie er will.
Niklas Süle (22, Bayern München): Hat nur optisch etwas Riesenbabyhaftes. Beweglich, kopfballstark, technisch gut, und: monströse Rettungsgrätschen. Fünf Saisontreffer in der Bundesliga lesen sich auch gut – leider waren drei davon Eigentore.
MITTELFELD/ANGRIFF
Julian Brandt (22, Bayer Leverkusen): Kann Erstaunliches, ruft dies aber zu selten ab. Hatte keinen Urlaub gebucht, was aber angeblich nicht mit der WM zusammenhing: „Das hätte ich sonst auch nicht. Ich bin da nicht so gut organisiert in meinem Leben.“ Na dann.
Julian Draxler (24, Paris Saint-Germain): Der Vertrag, den er unter erheblichem Getöse 2013 bei Schalke 04 verlängerte, würde Ende Juni auslaufen. Hat aber längst zweimal den Verein gewechselt. DFB-Kapitän beim Confed Cup, muss dennoch um einen Stammplatz kämpfen. Vertrag bei PSG bis 2021.
Mario Gomez (32, VfB Stuttgart): Sorgte für Aufsehen, als er am Tag der Nominierung mit einem weißen DFB-Wagen das Quartier verließ. Ohne Gomez zur WM? Nicht doch! Gomez hat mit der Entscheidung, im Winter den VfL Wolfsburg zu verlassen, alles richtig gemacht. Stach im Duell der Sturmtanks Sandro Wagner und im Zweikampf der Joker Nils Petersen aus.
Ilkay Gündogan (27, Manchester City): Enorm freundlich und geduldig. Längere Verletzungs- und Leidensgeschichte, brach mit ManCity jetzt aber alle Rekorde. Beim Treffen mit Recep Tayyip Erdogan etwas zu freundlich und geduldig. Doch Löw blieb auch hier: treu.
Leon Goretzka (23, Schalke 04): Schwierige Wochen nach Bekanntgabe des Wechsels zu Bayern München. Der Abschied am Wochenende allerdings war versöhnlich: Die Schalke-Profis trugen ihn auf Händen. Durfte noch einmal Kapitän sein und bekam feuchte Augen.
Sami Khedira (31, Juventus Turin): Zuletzt wieder Meister geworden. Leader mit Offensivdrang. In Stuttgart geboren, dennoch Vorzeigemann für gelungene Integration: Sein DFB-Trikot hängt im Museum Europäischer Kulturen in Berlin. „Wo Sami ist, ist Erfolg“, sagt Löw, „das macht ihn für uns unverzichtbar.“
Toni Kroos (28, Real Madrid): Champions-League-Finale 2012, Champions-League-Finale 2013, Champions-League-Finale 2016, Champions-League-Finale 2017, Champions-League-Finale 2018. Ein ganz guter Spieler also. Metronom des deutschen Aufbaus. Erstaunlicherweise großflächig tätowiert.
Thomas Müller (28, Bayern München): Storchig-staksig. Filigran ungelenk. Beine wie Zahnstocher, leicht schiefes Lächeln, das den Eindruck vermittelt, er könne gar nicht ernst sein. Unverzichtbarer „Raumdeuter“. Taucht dort auf, wo der Ball hinkommt, obwohl er gerade noch unbeteiligt herumstand.
Mesut Özil (29, FC Arsenal): König der Vorbereiter, kein König der geschliffenen Analyse. Fest eingeplant sind Diskussionen über sein Schweigen bei der Nationalhymne und seine Körpersprache auf dem Platz – erst recht seit dem Erdogan-Treffen. Wird (trotzdem) spielen.
Sebastian Rudy (28, Bayern München): Sehr vielseitig, wahrscheinlich auch als Masseur und Busfahrer einsetzbar. Das ist sein großer Vorteil. Bei Bayern München – sofern gebraucht – zuverlässig. Allerdings selten in großen Spielen gebraucht.
Marco Reus (28, Borussia Dortmund): Man wagt kaum, es laut auszusprechen, weil ja doch noch etwas passieren könnte. Aber, tatsächlich: Marco Reus, der ewige Pechvogel, wird in Russland seine erste WM für Deutschland spielen. Mit guter Aussicht auf einen Stammplatz – weil Reus fit ist, hielt Löw sogar Leroy Sane für verzichtbar.
Timo Werner (22, RB Leipzig): War ein unfreiwilliger Hit in mallorquinischen Bierdiscos, hat aber die Phase des Hohns ausgestanden. Überzeugt mit Leistung. Halb Europa will die Nummer eins im deutschen Sturm verpflichten. Spricht ruhig, dabei jedoch nicht belanglos.