Budapest (SID) Die Glückwünsche von höchster Stelle erreichten Frank Stäbler noch vor der Siegerehrung. IOC-Präsident Thomas Bach war eigens von seinem bequemen Tribünenplatz in die schweißgetränkte Aufwärmhalle geeilt, um dem alten und neuen Ringer-Weltmeister zu seinem historischen Titel-Hattrick zu gratulieren.
Den Startschuss für die rauschende Sieger-Party in Budapest hatte Bach bei seinem Abstecher aber bereits verpasst. Stäbler war schon direkt nach seinem knappen Finalerfolg (2:1) am Freitagabend des 26. Oktober gegen den ungarischen Lokalmatadoren Balint Korpasi völlig außer sich. Der 29-Jährige verdrückte Tränen, zog eine Sonnenbrille auf, lief eine Ehrenrunde mit der deutschen Fahne und feierte mit der deutschen Fan-Kolonie.
„Nicht eins, nicht zwei – sondern drei„, rief Stäbler seinen Anhängern zu, die ihren Liebling mit „Franky“-Sprechchören feierten. Damit fasste der Griechisch-Römisch-Spezialist vom KSV Musberg selbst zusammen, was ihm gelungen war. Nach den Goldmedaillen 2015 (66 kg) und 2017 (71 kg) machte sich Stäbler zum ersten Ringer, der Titel in drei unterschiedlichen Gewichtsklassen gewonnen hat.
Auch IOC-Präsident Thomas Bach war begeistert
„Das Unmögliche ist gelungen. Ich kann es nicht glauben“, sagte der Champion, der seine bisher letzte Niederlage vor zwei Jahren in der Bundesliga gegen eben jenen Korpasi kassiert hat: „Der unerschütterliche Glaube an mich selbst hat mich soweit gebracht. Ich wollte alle meine Freunde und meine Familie stolz auf mich machen – für die Ewigkeit.“
Ähnlich sah es der Präsident des Deutschen Ringer-Bundes (DRB), der die erste Medaille für seinen Verband bei den Titelkämpfen feierte. „Frank hat Geschichte geschrieben“, sagte Manfred Werner dem SID: „Wie der auf die Matte geht, mit welcher Einstellung. Und welche Weltklasse-Gegner er weggeräumt hat im Turnier – das ist Wahnsinn.“
Stäbler hatte den historischen Triumph vor der WM als Ziel ausgerufen. Dabei hatte der Schwabe in der Vorbereitung mit Problemen zu kämpfen. Eine Verletzung und der „Hallenstreit von Musberg“ sorgten für Schlagzeilen. Im Sommer musste der gebürtige Böblinger zwischenzeitlich aus seiner Trainingshalle ausziehen. Hintergrund war seine Dauerfehde mit Joachim Beckmann, dem Vorsitzenden des TSV Musberg.
„Die ganze Saison war verrückt, im Grunde eine einzige Katastrophe. Sie war von Verletzungen geprägt – dazu die Trainingsbedingungen“, äußerte Stäbler, der den Hallenstreit geschickt zur Selbstinszenierung genutzt hatte. Er ließ im früheren Kuhstall seiner Eltern Trainingsmatten aufbauen und lud die Medien ein.
Dass Stäbler einen Hang zur Selbstdarstellung hat, zeigte er bereits vor zwei Jahren. Nachdem der Traum von Olympia-Gold aufgrund einer schweren Verletzung geplatzt war, zog er als Promi ins Big-Brother-Haus ein. Seine freizügigen Auftritte (meist nur spärlich bekleidet) und die Flirts mit den weiblichen Bewohnerinnen versorgten vor allem den Boulevard.
Seine damalige Freundin Sandra verzieh Stäbler die Eskapade. Mittlerweile sind die beiden verheiratet, vor einem halben Jahr kam Tochter Alia Marie zur Welt. „Das Baby hat noch einmal viel Motivation gebracht – aber auch schlaflose Nächte„, sagte Stäbler, der mit Blick auf Tokio 2020 wohl in die olympische Gewichtsklasse bis 67 kg wechseln wird.
Ob er es überhaupt zu den Titelkämpfen in Ungarn schaffen würde, war im August noch fraglich. Stäbler litt unter Beschwerden im Herzbereich, die aber nicht die zunächst befürchteten lebensbedrohlichen Ursachen hatten. Zwei Rippen hatten sich verschoben und auf die Nervenbahnen rund um das Herz gedrückt.