Gold Coast (SID) Er hatte hoch gepokert und am Ende Gold in den Händen: Fallschirmspringer Moritz Friess gewann Mitte Oktober im australischen Gold Coast die Weltmeisterschaft im Speed Skydiving. Die Strategie des Neu-Ulmers, von Anbeginn volles Risiko zu fliegen bzw. zu fallen, zahlte sich aus. Nach acht Runden und einer furiosen Aufholjagd lag der Athlet vom FSC Remscheid mit einer durchschnittlichen Freifall-Geschwindigkeit von 499,08 km/h knapp vor dem Australier Shane Turner (495,00) und dem Briten Charles Hurd (491,82). Im Feld der 31 Starter landete der Günzburger Marco Hepp (451,28) auf einem sehr guten zehnten Platz.
Der amtierende Europameister Friess bewies trotz verletzungsbedingten Trainingsausfalls mentale Stärke. Gleich mit dem ersten Sprung und dem zweitbesten Wert der Runde (499,84 km/h) gab er der Konkurrenz seine Ambitionen zu verstehen. Doch nach fünf Durchgängen hatte der 47-Jährige bereits die drei Streichwerte aufgebraucht, da er in Runde zwei, drei und fünf ein jeweils nicht wertbares Ergebnis erzielt hatte. So fand sich Friess plötzlich im Zwischenklassement ganz weit hinten wieder und konnte sich nun einen weiteren Patzer nicht mehr erlauben. Die verbleibenden drei Sprünge mussten unbedingt in die Wertung kommen und das unter diesem Druck auch noch schnell genug.
Was der Neu-Ulmer nun bot, war Nervenstärke in Höchstform und grenzte schon fast an ein Wunder. In Runde sechs schaffte er 517,33 km/h, hinter dem späteren Silbermedaillengewinner Turner die zweitbeste Geschwindigkeit. Nachdem Friess die Runde sieben dominiert hatte (498,03 km/h) und von Platz 21 schlagartig auf Platz zwei vorgerückt war, fiel die Entscheidung mit dem letzten Sprung. Mit 493,63 km/h hatte der Deutsche erneut einen super Speed erzielt, an den keiner der Konkurrenten auch nur annähernd heran kam. Nach einer Berg- und Talfahrt stand Moritz Friess am Ziel seiner Träume: Weltmeister.
„Es war der spannendste und dramatischste Wettkampf meiner Karriere. Ich bin volles Risiko gegangen und habe bewusst in Kauf genommen, dass dies durch zu viele Nullrunden auch das Aus hätte bedeuten können„, ließ der neue Weltmeister wissen. „Dass ich mir in den letzten drei Runden überhaupt keinen Fehler mehr erlauben durfte – und trotzdem weiter volles Risiko gehen musste – brachte mich in eine Drucksituation, die ich in dieser extremen Form noch in keiner der anderen Disziplinen, in denen ich auf Weltmeisterschaften gestartet bin, erlebt habe.“ Die Strategie sei rückblickend aber die einzig richtige gewesen, um schnell genug zu sein und bei diesen Titelkämpfen bestehen zu können. „Ich werte den Sieg als meinen größten Erfolg, noch höher als zum Beispiel meinen Swoop-Weltrekord von vor zehn Jahren oder alle meine bisherigen anderen Medaillen bei internationalen Wettkämpfen, einschließlich meines Weltcup-Sieges im Vorjahr.“
Mit einer ganz anderen Taktik hatte der zweite Speed-Skydiver des Deutschen Fallschirmsportverbandes, Marco Hepp aus Günzburg, den Wettkampf in Angriff genommen. Im Bestreben, keine Nullrunde zu kassieren, vermied er großes Risiko. Bei guter konstanter Leistung fehlte allerdings der eine oder andere Spitzenwert in der Nähe der 500er-Marke, um unter den Top Five zu landen. Dennoch war Hepps zehnter Platz ein hervorragendes Ergebnis, mit dem so nicht unbedingt zu rechnen war.