Herzogenaurach (SID) Laura Dahlmeier? Eric Frenzel? Andreas Wellinger? Nein! Die deutschen Wintersportler wählten überraschend Thomas Dreßen zu ihrem Jahresbesten.
Es war Mitte März, über dem schwedischen Are lachte die Sonne, und Thomas Dreßen wusste wirklich nicht, was er nun noch sagen sollte zu seinem wundersamen Winter. „So langsam“, scherzte er nach seinem überraschenden dritten Rang im letzten Super-G der Saison, „werde ich den anderen da oben auf dem Podium ein bisschen lästig.“ Gut, ein kometengleicher Aufstieg in den Kreis der weltbesten Ski-Rennläufer lässt sich auch humorvoll zusammenfassen.
Am 18. Oktober ist dieser so lästige Dreßen bei der Einkleidung für den nahenden Winter in Herzogenaurach etwas überraschend als „Skisportler des Jahres 2018“ ausgezeichnet worden. Er hatte bei der Wahl mehr Stimmen bekommen als Laura Dahlmeier, Eric Frenzel oder Andreas Wellinger – allesamt Olympiasieger. Es ist ein bemerkenswertes Ergebnis, und es hat großes Gewicht, denn abgestimmt haben alle Nationalmannschafts-Athleten des Deutschen Skiverbandes (DSV).
Allerdings: Die deutschen Wintersportler honorierten mit ihrer Wahl auch eine außergewöhnliche Saison. Dreßen gewann die Abfahrt in Kitzbühel, als erster Deutscher seit 39 Jahren. Er siegte nach einem respektablen fünften Rang bei Olympia zudem im norwegischen Kvitfjell – zwei Abfahrtssiege in einer Saison waren noch keinem Deutschen gelungen. Am Ende wurde er Dritter im Abfahrtsweltcup, viermal stand er in den Speed-Disziplinen auf dem Podium. Nicht selten verfehlte er es nur knapp.
Wie so oft nach seinen Erfolgen wusste Dreßen aber auch nach der Auszeichnung erst mal nicht so recht, was er sagen sollte. Klar, „ich freue mich“, und ja, „es ist eine große Ehre für mich“, vor allem, weil ihn eben die anderen Sportler gewählt hätten, sagte er dem SID im Interview. Andererseits: „Da waren so viele Momente“ im vergangenen Winter, „die aus meiner Sicht wichtiger waren.“ Wichtiger als sein Sieg in Kitzbühel. Die Olympiasiege von Dahlmeier oder Wellinger etwa.
Für den DSV wiederum ist es sehr wichtig, neben erfolgreichen Biathleten und Skispringern in der prestigeträchtigen alpinen Königsdisziplin wieder einen Siegfahrer zu haben. „Einfach ein Hammer, der Typ“, sagt DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier über Dreßen: „Er hat die komplette Fachwelt und uns überrascht. Wir haben immer große Stücke auf ihn gehalten, aber dass er so große Schritte macht, damit hätte keiner gerechnet.“ Und ja, es ist nun mal so: „Er hat Historisches geleistet.“
Den vergangenen Winter aber hat Dreßen abgehakt. Die Erinnerung daran sei schon „cool, aber jetzt ist es auch wieder gut.“ Schließlich stehe die neue Saison bevor, und vom vergangenen Winter „kann ich mir nichts mehr kaufen“. Jedoch: Zusätzlicher Ansporn sind die bisherigen Erfolge allemal. „Die Motivation ist größer. Wenn man Erfolg hatte, ist es nicht mehr nur ein Traum, sondern realistisch, dass man das erreichen kann – und man will mehr davon“, sagt er.
Bis es so weit ist, muss Dreßen allerdings noch ein wenig warten. Der alpine Weltcup der Abfahrer beginnt erst am 24./25. November.