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April 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Kiel/Köln (SID) Während die Bundespolitik und Verbände über die Anerkennung von eSport streiten, hat Schleswig-Holstein die Erarbeitung einer eSport-Strategie im Koalitionsvertrag verankert.

Sport geht auch ohne Schweiß. Das hat Schleswig-Holstein längst erkannt, in Deutschland will das nördlichste Bundesland deshalb eine Vorreiterrolle im eSport einnehmen. Jugendliche sollen in Vereinen gefördert werden, als Prestigeobjekt wird an der FH Westküste in Heide sogar eine eSport-Akademie errichtet.

Ein entsprechender Antrag der regierenden Fraktionen CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie des Südschleswigschen Wählerverbandes wurde bereits einstimmig von der Landesregierung genehmigt. 500.000 Euro wird das Jamaika-Bündnis in kommunale Freizeiteinrichtungen stecken, um diese eSport-fit zu machen.

Wir glauben, dass eSport gewaltiges Potenzial in der gesamten Gesellschaft besitzt“, sagte Rasmus Andresen (32), Vizepräsident im Schleswig-Holsteinischen Landtag, dem SID: „Es ist wichtig, dass man sich dafür einsetzt, eSport gesellschaftlich einzubetten.

Dies ist nun fest im Koalitionsvertrag vereinbart. Dort heißt es: „Wir wollen dieses Engagement positiv aufnehmen, um so eine effektive Jugendarbeit, eine Anerkennung der ehrenamtlichen Arbeit und eine feste gesellschaftliche Integration des eSports in das Gemeinwesen zu gewährleisten.

Die Ansicht der schleswig-holsteinischen Landesregierung wird von Deutschlands Sport-Oberen nicht geteilt. Ende Oktober hatte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) verkündet, „dass eGaming in seiner Gesamtheit nicht den zentralen Aufnahmekriterien entspricht“ und damit ein Beben in der Szene ausgelöst. Hans Jagnow, Präsident des eSport-Bundes Deutschland (ESBD), bezeichnete die Position des DOSB als „komplett an der gesellschaftlichen Realität vorbei“.

Vor allem populäre Fantasy-Strategiespiele wie Dota2 und League of Legends sind dem DOSB ein Dorn im Auge. Zuspruch gibt es vom Deutschen Fußball-Bund (DFB). Auch dieser ziert sich, eSport als offiziellen Verbandssport anzuerkennen. „Kabinenschweiß riechst du nicht auf Facebook“, sagte Präsident Reinhard Grindel Mitte Oktober bei einer Diskussionsrunde in Northeim. Der 56-Jährige zeigte sich aber unlängst kompromissbereit, sofern es sich um Spiele mit klarem Bezug zum Fußball handelt.

Dieser Unterschied zwischen Sportsimulationen, Fantasy- und sogenannten „Killerspielen“ ist für Schleswig-Holstein zunächst nebensächlich. „Grundsätzlich geht es für uns im ersten Schritt darum, Strukturen zu schaffen und zu unterstützen. Bei einer späteren Debatte wird dann sicherlich auch über eine Differenzierung im Spielebereich gesprochen“, sagte Grünen-Politiker Andresen.

Mit der Initiative für eSport bastelt Schleswig-Holstein nicht nur am eigenen Image, sondern auch an der Zukunftsgestaltung der Sportvereine. Deutschlandweit sinken Mitgliederzahlen, ehrenamtliche Helfer werden rar. eSport soll dazu beitragen, Kinder und Jugendliche in Vereinen und der geplanten Akademie zu zentralisieren.

Den gesellschaftlichen Wandel hin zum digitalen Sport haben viele Spitzenvereine wie Manchester City und Paris St. Germain längst erkannt. Dabei verfolgen sie auch wirtschaftliche Interessen: Die Branche wächst rapide, rund 1,5 Milliarden Euro hat der Markt für Elektronikspiele im ersten Halbjahr 2018 allein in Deutschland umgesetzt.