Wisla/Köln (SID) Stephan Leyhe befragte einst im Tigerenten-Club die Skisprung-Helden, nun ist er selbst einer. Der „Preuße“ will sich bis zur Tournee in der Weltspitze etablieren.
Als Stephan Leyhe mit der hölzernen Schneeflocke als Trophäe die Heimreise aus Wisla antrat, hatte er den Auftrag von Sven Hannawald erfüllt. Elf Jahre alt war der Lausbub Leyhe, als er 2003 im Tigerenten-Club der ARD sein Vorbild Hannawald interviewte. „Warum ist es ein Traum, Skispringer zu sein?“, fragte Leyhe damals. „Hanni“ antwortete: „Mach es nach, dann weißt du es.“
Spätestens seit seinem furiosen Saisonstart kennt Leyhe die Antwort. 26 Jahre alt ist der Willinger inzwischen, auf leisen Sohlen hat er sich nach oben gearbeitet, ein wenig wie einst Severin Freund. In Polen folgte nun die Belohnung: Als Zweiter hinter dem Russen Jewgeni Klimow stand Leyhe erstmals in seiner Karriere auf dem Podest und will nun beweisen, dass dieser Erfolg kein Zufall war. Der vierte Platz zwei Wochen später im russischen Nischni-Tagil bestätigte, dass Leyhe in der Weltspitze angekommen ist.
„Manchmal werden Träume schneller wahr, als man glaubt. Ich will diese Leistung in den nächsten Wochen bestätigen und mich nicht ausruhen„, sagte Leyhe. Bislang war ein fünfter Rang das beste Weltcup-Ergebnis des ruhigen und stets bescheidenen Springers gewesen, nun könnte er einer der Hoffnungsträger für die Vierschanzentournee werden. „Ich freue mich riesig für ihn. Er hat stetig an sich gearbeitet„, sagte Bundestrainer Werner Schuster.
Leyhe stammt aus einer echten Sportler-Familie: Auch Vater Volker und Bruder Christoph waren Skispringer, Oma Helga Stöckel schrieb als Turnerin Sportgeschichte mit der WM-Teilnahme 1954 in Rom in einer gesamtdeutschen Mannschaft. Und: Die Leyhes wohnen im Willinger Ortsteil Schwalefeld, direkt um die Ecke von Jochen Behle, dem ehemaligen Skilanglauf-Bundestrainer. Dessen Ex-Frau Petra Behle ist Leyhes Managerin.
Leyhe selbst lebt und trainiert inzwischen im Schwarzwald, an seinem Spitznamen „Preuße“ hat aber auch der Umzug in den Süden nichts geändert. „Alles, was oberhalb von München liegt, ist für die Jungs schon Preußen„, sagt er über seine meist bayerischen Teamkollegen. Immerhin: Beim Schafkopf kann er inzwischen mit Andreas Wellinger und Co. mithalten. „Aber nur, wenn die Tagesform stimmt„, so Leyhe lächelnd.
Zumindest auf der Schanze stimmt die Form längst, schon im Teamwettkampf am Samstag war Leyhe der klar beste DSV-Adler. „Stephan hat es definitiv verdient, er hat saugut trainiert„, sagte Olympiasieger Wellinger über seinen Zimmernachbarn. Karl Geiger lobte den „bockstarken Sprung“ seines Teamkollegen, der das deutsche Quartett auf Rang zwei gebracht hatte: „Das war eine Bombe.“
Daheim im hessischen Willingen wuchs derweil die Vorfreude auf den Weltcup Mitte Februar, der gleichzeitig die WM-Generalprobe wird. Schon seit Jahren liegt bei den Veranstaltern die CD mit dem Waldecker Lied in der Schublade, das im Falle eines Leyhe-Sieges gespielt werden soll – schließlich hat das ehemalige Fürstentum Waldeck eine eigene Hymne. Gut möglich, dass es bald soweit ist.