sid

April 2024

Top-Thema

München (SID) Comeback wie im Märchen: Ein Jahr nach seinem Kreuzbandriss gelang Ski-Rennläufer Stefan Luitz schier Unglaubliches – der erste Sieg im Weltcup.

Der junge Mann, der da am Montagnachmittag sein Gepäck durch den Flughafen in München schob, war arg übermüdet, aber erkennbar glücklich. Fast 16 Stunden hatte seine Rückreise aus Beaver Creek via Denver und Frankfurt gedauert, doch Stefan Luitz schienen die Strapazen nichts ausgemacht zu haben – warum auch? Schließlich war das, was ihm da am 2. Dezember gelungen war, fast märchenhaft, oder „einfach unbeschreiblich“, wie der 26 Jahre alte Allgäuer noch etwas verklebt sagte. „Die einzige Dusche, die ich bislang hatte, war die Sektdusche“, gab Luitz bestens gelaunt zu.

Es hat vielleicht nie ein bemerkenswerteres Comeback eines Ski-Rennläufers gegeben als jenes von Luitz. Nach dem besten Saisonstart seiner Karriere hatte der hochveranlagte, häufig aber wenig konstante Riesenslalom-Spezialist am 17. Dezember 2017 in Alta Badia seinen zweiten Kreuzbandriss erlitten. Nun, elfeinhalb Monate später, gelang ihm bei seinem Saisonstart der erste Weltcupsieg. Was allein schon deshalb bemerkenswert ist, weil auch ausgeheilte Kreuzbandrisse sonst länger nachwirken.

„Damit hat keiner von uns gerechnet. Mit einer Platzierung unter den ersten Zehn wären wir schon happy gewesen, jeder, der etwas anderes sagt, wäre ein Pinocchio“, bekannte deshalb auch der deutsche Alpindirektor Wolfgang Maier nach der Rückkehr aus Übersee. „Es ist ein harter Weg, es dauert seine Zeit, man muss geduldig sein“, beschrieb Luitz die vergangenen Monate, „aber“, erklärte er, „ich habe es ja schon mal mitgemacht und gewusst, dass man stärker zurückkommen kann“.

Seinen ersten Kreuzbandriss, damals im rechten Knie, hatte Luitz 2013 erlitten, Beweise dafür, dass er ein Siegfahrer sein kann, trat er dann allerdings erst zu Beginn der vergangenen Saison an – mit einem dritten Rang in Beaver Creek und danach einem zweiten in Val d’Isere. Der Sieg war auch deshalb so bemerkenswert, weil Luitz den Besten besiegte. Er gewann vor Marcel Hirscher, der von den vergangenen 15 Riesenslalom-Rennen zwölf gewonnen hatte, darunter jene bei der WM 2017 und bei den Olympischen Spielen 2018.

„Es ist Stefan von Herzen zu gönnen, weil er sich immer verletzt hat, wenn er auf dem Sprung war. Er hat mit den schwersten Weg aller Weltcup-Fahrer gehen müssen“, sagte der Hirscher. Begonnen hatte dieser Weg im vergangenen Dezember im gemeinsamen Krankenzimmer in Innsbruck mit dem ebenfalls am Kreuzband verletzten Felix Neureuther, danach zog Luitz sein Rehaprogramm konsequent und vor allem ohne Rückschläge durch. Bemerkenswert.

Der schon ein wenig unfassbare Erfolg von Luitz ist auch ein kleiner Segen für den Verband, der nach dem Kreuzbandriss von Thomas Dreßen bei der Abfahrt in Beaver Creek am Freitag unter Schock zu stehen schien. „So etwas kann ich nicht wegstecken“, sagte Maier, „du brauchst diese Leaderfigur, speziell in der Abfahrt“. So aber sei die „Arbeit von Jahren jetzt erst mal weg“. Dass dann allerdings Luitz „wie aus dem Nichts so ein sensationelles Ergebnis fährt“, sei „das andere Extrem“.

Nicht zu vergessen: Für Glücksmomente sorgten am ersten Dezember-Wochenende auch Kira Weidle (Maier: „Ein cooles Highlight“) und Viktoria Rebensburg, die bei den Rennen in Lake Louise jeweils einen dritten Rang belegten. Am Wochenende in Val d’Isere will zudem Felix Neureuther nach Kreuzbandriss und Bruch der rechten Mittelhand in die Saison einsteigen. Luitz übrigens wird sich wohl spätestens am 7. Dezember aufmachen in den Ort in den Hochsavoyen. Dort fährt er traditionell stark.