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April 2024

Sport und Verein

Gegen einen Beschluss, mit dem ein Notvorstand nach § 29 BGB bestellt wird, sind neben dem Verein auch Vorstandsmitglieder und sogenannte einfache Vereinsmitglieder zur Beschwerde berechtigt.

Der Beteiligte ist sowohl – durch die angefochtene Entscheidung – bestellter alleiniger Notvorstand des betroffenen Vereins, als auch dessen „einfaches“ Mitglied. Sein Rechtsmittel hat er indes allein in der erstgenannten Eigenschaft eingelegt. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Inhalt seiner Eingaben vom 1. und 14. Januar 2016. Bereits in der ersten Schrift spricht er nur von seiner Betroffenheit als zum Notvorstand bestellter Person; in der zweiten ergänzt er dies sinngemäß dahin, er sei vom Registergericht über die auf ihn zukommenden Aufgaben und Pflichten nicht sachgerecht informiert worden und fühle sich nunmehr versklavt. Diese Gesichtspunkte haben mit seiner mitgliedschaftlichen Rechtsposition nichts zu tun.

Für das mithin allein als bestellter Notvorstand eingelegte Rechtsmittel fehlt dem Beteiligten die Beschwerdeberechtigung zwar nicht schon deshalb, weil mit dem angegriffenen Beschluss seinem Antrag in vollem Umfang stattgegeben worden ist.

Denn in einem derartigen Fall ist zur Prüfung der Beschwerdeberechtigung allein auf § 59 Abs. 1 FamFG abzustellen, so dass diese trotz fehlender formeller Beschwer in Betracht kommt, wenn eine materielle Beschwer durch die antragsgemäße Entscheidung vorliegt. Dies wiederum ist zu bejahen, wenn der Antragsteller durch die Stattgabe seines Antrags nicht nur rechtliche Vorteile erlangt, sondern ihm dadurch zugleich Rechtspflichten entstehen. So liegt es bei der Bestellung zum Notvorstand eines Vereins.

3. Jedoch fehlt dem Beteiligten das erforderliche und trotz der materiellen Beschwer gesondert zu prüfende Rechtsschutzinteresse für eine Aufhebung der registergerichtlichen Entscheidung, womit das Rechtsmittel unzulässig ist.

Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde fehlt unter anderem, wenn dem Rechtsmittelführer eine einfachere Möglichkeit zur Verfügung steht, die ihn beeinträchtigenden Rechtsfolgen einer gerichtlichen Entscheidung abzuwenden. Das ist bei einer Bestellung zum Notvorstand der Fall, weil der Bestellte die Annahme dieses Amtes ohne Begründung ablehnen kann. Nach heute ganz herrschender Auffassung, der der Senat folgt, ist die zwangsweise Bestellung einer Person zum Organ einer juristischen Person gesetzlich nicht vorgesehen und deshalb die Annahme des Amtes durch den Bestellten Voraussetzung für die Wirksamkeit seiner Bestellung. Dies gilt nicht nur für die Bestellung zum Vorstand eines Vereins durch Beschluss der Mitgliederversammlung nach § 27 BGB, sondern auch für die Notbestellung durch das Registergericht.

Zwar ist es im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit dem Recht nicht fremd, dass ein mit Pflichten belastendes Amt oktroyiert werden kann; doch ist dann die Befugnis zur Ablehnung des Amtes im Einzelnen geregelt, und derartige Bestimmungen fehlen bei § 29 BGB. Dann aber hat es bei dem Grundsatz zu verbleiben, dass Pflichten im Privatrecht nicht einseitig auferlegt werden können, mithin ein generelles Ablehnungsrecht besteht. Abgesehen hiervon, ließe sich eine Zwangsverpflichtung als Notvorstand mit dem wohlverstandenen Interesse des Vereins nicht vereinbaren. Kann nach alledem der gerichtlich zum Notvorstand Bestellte die Übernahme des Amtes durch einfache Nichtannahme abwenden, entfaltet die gerichtliche Entscheidung für ihn keine belastende, insbesondere keine mit Rechtspflichten verbundene Wirkung mehr; die etwaige Wirksamkeit des Bestellungsbeschlusses als solche ist in diesem Zusammenhang ohne Belang.

Im gegebenen Fall hat der Beteiligte durch seine Eingaben vom 1. und 14. Januar 2016 hinreichend deutlich erklärt, das Amt als Notvorstand nicht annehmen zu wollen. Damit fehlt seinem zugleich betriebenen Rechtsmittel das Rechtsschutzinteresse. Das Registergericht wird den Bestellungsbeschluss ohnehin aufzuheben und das Vereinsregister dieser Lage anzupassen haben. Anders könnte man nur entscheiden, wenn man die dem Bestellungsbeschluss vorangehenden, sein Einverständnis mit einer Bestellung zum Notvorstand zum Ausdruck bringenden Anträge des Beteiligten vom 29. Mai und 12. Dezember 2015 dahin zu würdigen hätte, dass diese eine Bindungswirkung dahin entfalteten, dass der Beteiligte nach gerichtlicher Entscheidung die Annahme nicht mehr verweigern könnte und auf die nachträgliche Niederlegung des Amtes nach den hierfür bestehenden Voraussetzungen angewiesen wäre.

Diese Sichtweise ist jedoch unzutreffend. Denn dann würde jenen Anträgen und den in ihnen liegenden Einverständniserklärungen letztlich die Wirkung eines Rechtsmittelverzichts zukommen, ohne dass die hierfür erforderliche Eindeutigkeit und Zweifelsfreiheit der Äußerungen gegeben und ohne dass die Entscheidung erlassen (§ 67 Abs. 1 FamFG) wäre. Hinzu tritt die praktische Erwägung, dass bei Fallgestaltungen wie der vorliegenden der Antragsteller nicht absehen kann, wann der Bestellungsbeschluss ergehen und ob seine Interessenlage dann noch mit der gegenwärtigen gleichartig sein werde. Bei dieser Lage kommt es auf die Frage, ob der Beteiligte eine etwaige Bindung durch wirksame Anfechtung seiner damaligen Erklärungen beseitigt hat, nicht mehr an.

Oberlandesgericht Düsseldorf vom 22.02.2016 – I-3 Wx 35/16 –