„Vorsicht, Kamera“ möchte man Fußballern zurufen, die sich zu Tätlichkeiten hinreißen lassen.
Ein Fußballer in Diensten eines Hamburger Sportvereins (6. Liga) geriet mit einer Regional-Sportzeitung aneinander. In einem Beitrag dieser Zeitung war geschildert worden, dass besagter Fußballer anlässlich eines Meisterschaftsspiels einen Fan der gegnerischen Mannschaft getreten habe. Der Spieler war daraufhin von seinem Verein bis Saisonende gesperrt worden. Vor der Veröffentlichung war der Spieler von der Zeitung nicht angehört worden. Das nahm der Spieler zum Anlass, die Zeitung durch einen Anwalt abzumahnen. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hatte ein gegen den Spieler aufgrund des Vorfalls eingeleitetes Ermittlungsverfahren nach §170 Abs.2 StPO eingestellt.
Der Anwalt des Spielers hatte seine Kosten mit 1.358,86 Euro dem Spieler berechnet. Dieses Geld wollte der Spieler nun von der Zeitung wieder haben. Seine Klage hatte er darauf gestützt, dass er unzulässig identifizierend in der Zeitung dargestellt worden sei. Anhand seines Vor- und Zunamens, seines Alters und des Vereins sei er für jedermann erkennbar. Zudem werde er auf den zwei Bildern eindeutig gezeigt. Zudem sei in dem Beitrag in unzulässiger Weise der Verdacht geäußert worden, der Spieler könne sich einer schweren Straftat strafbar gemacht haben. Seine Identifizierung in der Berichterstattung der Zeitung sei unzulässig. Diese dürfe nur dann erfolgen, wenn gerade an der Identität des Betroffenen ein besonderes Informationsinteresse bestehe.
An seiner Person bestehe als Amateurfußballspieler bei einem Landesliga-Verein kein besonderes öffentliches Interesse. Im Kern gehe es um eine Auseinandersetzung abseits des Fußballplatzes.
Auch die Bildberichterstattung sei unzulässig. Er sei eindeutig erkennbar auf den beiden Fotos, nicht zuletzt auch aufgrund der Bildnebenschrift. Eine Einwilligung habe er aber nicht erteilt. Ein zeitgeschichtliches Ereignis werde jedenfalls nicht gezeigt.
Das angerufene Gericht wies die Klage ab. Dem Spieler stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu, insbesondere ergibt sich ein solcher nicht wegen der Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts bzw. seines Rechts am eigenen Bild.
Für einen solchen Anspruch fehlte es an einer rechtswidrigen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Spielers. Hierbei handelt es sich um einen offenen Tatbestand, bei dem die Feststellung einer rechtswidrigen Verletzung eine ordnungsgemäße Abwägung aller Umstände des konkreten Einzelfalles und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit voraussetzt. Auch das Grundrecht der Meinungsfreiheit ist nicht vorbehaltlos gewährt und verlangt eine Abwägung zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG und dem Recht der persönlichen Ehre und auf öffentliches Ansehen des Betroffenen. Wahre Tatsachenbehauptungen sind in weitem Umfang hinzunehmen, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, denn das Persönlichkeitsrecht verleiht seinem Träger keinen Anspruch darauf, nur so in der Öffentlichkeit dargestellt zu werden, wie es ihm genehm ist, gilt dies für unwahre Tatsachenbehauptungen nicht.
Nach diesen Maßstäben bestand kein Anspruch des Spielers, nicht im Zusammenhang mit dem in der Berichterstattung der Zeeitung aufgegriffenen Vorfall am Rande des Fußballspiels in identifizierender Weise dargestellt zu werden. Die Berichterstattung der Zeitung hatte sich mit einem Spiel der 6. Fußballliga befasst. Es handelt sich um ein Spiel der Landesliga Hamburg und eine Berichterstattung der Zeitung in ihrer Regionalausgabe. An diesem Spiel bestand jedenfalls in Hamburg ein öffentliches Interesse, das dadurch belegt wurde, dass unstreitig Zuschauer das Spiel verfolgt hatten. Das öffentliche Interesse erstreckt sich im Rahmen von Sportveranstaltungen naturgemäß auch auf die daran teilnehmenden Spieler, deren sportliche Leistungen im Mittelpunkt einer solchen Veranstaltung stehen.
Die Berichterstattung der Zeitung über das Spiel berührt die Sozialsphäre des Spielers, der an diesem Spiel teilgenommen hatte. Es geht um Vorgänge, die das öffentliche Verhalten des Spielers betrafen. Die Schilderungen des Vorfalls am Rande des Spiels, namentlich die Beleidigungen der Fans der gegnerischen Mannschaft, die Schlägerei und jedenfalls ein Tritt des Spielers auf einen am Boden liegenden Fan waren zwischen den Parteien unstreitig. Grundsätzlich sind wahre Tatsachen aus der Sozialsphäre von dem Betroffenen hinzunehmen, soweit sie nicht zu einer Stigmatisierung oder sozialen Ausgrenzung führen.
Zugunsten des Spielers war im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, dass er in der Berichterstattung eine hervorgehobene Bedeutung erhalten hatte, obwohl er nicht der einzige war, der an der Auseinandersetzung beteiligtwarr. Zu seinen Gunsten war zudem davon auszugehen, dass es zuvor zu einer Provokation durch die gegmerischen Fans zulasten eines Mitspielers gekommen war, zu dessen Hilfe der Spieler sich zusammen mit weiteren Mitspielern in die Auseinandersetzung eingeschaltet hatte. Weiter war zu würdigen, dass die Auseinandersetzung außerhalb des Platzes und nicht auf dem Fußballfeld stattgefunden hatte. Hinzu kam, dass das gegen den Spieler eingeleitete Strafverfahren eingestellt worden war. Schließlich war auch zu berücksichtigen, dass es sich um ein Spiel auf der Ebene der Landesliga handelte, bei dem das öffentliche Interesse geringer ausgeprägt sein dürfte, als etwa bei einem Erstligaspiel.
Auf der anderen Seite warr im Rahmen des öffentlichen Interesses zu berücksichtigen, dass es sich um eine grobe Unsportlichkeit handelte, die der Spieler begangen hatte. Er hatte den Fan der gegnerischen Mannschaft nicht „nur“ getreten, sondern dieser Fan lag zudem bereits am Boden. Es mag sein, dass es gelegentlich zu Auseinandersetzungen zwischen Fans verschiedener Fußballmannschaften kommt, wobei solche Auseinandersetzungen weder dem Fair-Play-Gedanken des Sports gerecht werden, noch dem Interesse der jeweiligen Mannschaften dienen. Der streitgegenständliche Vorfall hebt sich von solchen Situationen jedoch ganz erheblich und in dreierlei Hinsicht ab. Zum einen beteiligte sich hier ein Spieler an der Auseinandersetzung mit den Fans, wodurch die Unsportlichkeit eines solchen Verhaltens umso deutlicher hervortrat. Zum anderen trat der Spieler den Fan, so dass gerade der Fußballschuh, das Spielmittel eines Fußballspielers, in der Auseinandersetzung eingesetzt wird. Schließlich stellte sich die Situation zudem so dar, dass der Fan bereits am Boden lag, als der Spieler ihm einen Tritt versetzte.
Diese Umstände waren jedenfalls in ihrer Kumulation derart außergewöhnlich, dass das öffentliche Interesse an einer entsprechenden Berichterstattung das Interesse des Spielers überwog. Dass der Vorfall außerhalb des Spielfeldes stattfand und dass es sich um ein Spiel auf der Ebene der Landesliga – und nicht etwa um ein Erstligaspiel – handelte, war im Rahmen der Abwägung nicht von entscheidendem Gewicht. Denn der Vorfall knüpfte unmittelbar an das Spiel an, indem der Auslöser der Auseinandersetzung nach der Berichterstattung Beleidigungen der H. Fans gegenüber einem T.-Spieler bei dessen Auswechselung waren. Und auch die Landesliga im Fußball ist jedenfalls nicht derart untergeordnet, dass sich die interessierten Kreise auf die Familien und Freunde der Spieler beschränken würden und ein öffentliches Berichterstattungsinteresse nur sehr eingeschränkt vorhanden wäre.
Landgericht Hamburg vom 31.03.2017 – 324 O 537/16 und Oberlandesgericht Hamburg vom 28. 11. 2017 – 7 U 61/17 –