Lehre (SID) Als neue Kapitänin ist Alexandra Popp das Gesicht der deutschen Mannschaft, die Ende Mai in die finale WM-Vorbereitung startete. Der SID hat die gelernte Tierpflegerin im Zoo getroffen.
Zwischen Affen und Alpakas fühlt Alexandra Popp sich pudelwohl. Als gelernte Zootierpflegerin nutzt die Kapitänin der Fußball-Nationalmannschaft einen Besuch im Tierpark Essehof, um vor der anstehenden WM-Mission noch mal den Kopf frei zu bekommen.
„Die Tiere sind für mich ein toller Ausgleich neben dem Fußball“, sagt die 28-Jährige im SID-Gespräch, während sie einen neugierig dreinblickenden Mantelpavian füttert – unter neidischen Blicken ihres Hundes Patch, einem jungen Australian Shepherd: „Ich kann mich zwei Stunden vor das Affengehege setzen und komme einfach runter.“
In dem kleinen Zoo rund 20 Kilometer südlich von Wolfsburg absolvierte Popp zwischen 2012 und 2015 ihre Ausbildung und meisterte den schwierigen Spagat zwischen Profifußball beim VfL und beruflichem Zweitstandbein. Seither konzentriert sie sich voll auf den Sport, sammelt Titel um Titel mit den Wolfsburgerinnen. Und jetzt nimmt die Olympiasiegerin mit der DFB-Auswahl den dritten Stern ins Visier.
„Grundsätzlich erhoffe ich mir natürlich den Titel. Aber das“, sagt die 95-malige Nationalspielerin mit Blick auf die Endrunde in Frankreich (7. Juni bis 7. Juli), „wird ein ganz hartes Stück Arbeit.“ Für diese Jagd auf den WM-Pokal holt sich das Nationalteam seit Ende Mai den Feinschliff.
In einem jungen Kader trägt „Poppi“ auch ganz offiziell besondere Verantwortung, seit die neue Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg ihr zu Jahresbeginn das Kapitänsamt übertrug. Die Rolle als Alphatier passt perfekt zu ihr. Mutig, konsequent, mit voller Power: Popp geht auf und neben dem Feld immer voran. Schon als junge Spielerin beim damaligen FCR Duisburg lernte sie von einer Inka Grings, was eine Führungsfigur mitbringen muss. Von der einstigen Weltklassestürmerin habe sie „öfter mal einen auf den Deckel bekommen. Aber das waren eben auch Situationen, die mich weitergebracht und gestärkt haben.“
Damals im Verein wie heute im DFB-Team arbeitet sie mit Voss-Tecklenburg zusammen. Popp hält sehr große Stücke auf diese „prägende Person“ in ihrer Laufbahn. „Sie ist sehr kommunikativ, offen und sagt dir ganz klar, woran du bist und was sie von dir erwartet. Gleichzeitig hat sie sportlich gesehen einen ganz klaren Plan.“
Der soll dazu führen, dass nach dem EM-Debakel 2017 unter Steffi Jones und der Rettungsmission von Horst Hrubesch in der WM-Qualifikation wieder erfolgreiche Zeiten anbrechen. Die auf mehreren Ebenen spürbare Stagnation im deutschen Frauenfußball, gerade im Vergleich mit aufstrebenden Nationen wie England oder Spanien, hatte unlängst Nationaltorhüterin Almuth Schult angeprangert.
„Wir müssen wirklich etwas tun“, mahnt auch Popp: „Wir wissen, dass sich im DFB mit der Akademie und der Umstrukturierung einiges tut, und es muss sich alles noch einspielen. Dennoch habe ich momentan nicht das Gefühl, dass sich im Frauenfußball genug entwickelt.“
Die Nationalspielerinnen, die jüngst mit einem frechen neuen Werbespot die Aufmerksamkeit auf sich lenkten, wollen bei der WM die Initialzündung für einen neuen Boom geben. Mit „Leistung und Authentizität“, sagt Popp, ehe sie sich mit einem zufriedenen Blick ins Erdmännchen-Gehege von ihren tierischen Freunden verabschiedet.
Update Anfang Juni: Seit Ende Mai bereiten sich Popp und Co. mit dem finalen Trainingslager in Grassau und der Generalprobe gegen den WM-Debütanten Chile in Regensburg auf die WM vor.