Erfurt (SID) Die zweite Auflage der neuen Deutschland Tour bestätigte den Eindruck des Vorjahres. Das wiederbelebte Etappenrennen hat offenkundig eine Zukunft. Es mehren sich Bewerber, die künftig ebenfalls Teil des Rennens werden wollen.
Einen der Vorzüge der Deutschland Tour brachte Simon Geschke prägnant auf den Punkt. „Hier hält sich keiner zurück“, sagte der Tour-de-France-Etappensieger von 2015. Was er meint: Der kompakte Vier-Tage-Modus und der facettenreiche Kurs animierten die Radprofis wie schon bei der Premiere zur Offensive. „Es war spannend bis zum Schluss“, sagte Ex-Profi und Streckenplaner Fabian Wegmann.
Die Kräfte müssen beim wiederbelebten Etappenrennen nicht in dem Maße eingeteilt werden wie bei einer dreiwöchigen Rundfahrt wie der Tour de France, die Fahrer suchen das Risiko. Davon profitieren auch die Zuschauer. „Es funktioniert als Gesamtkonzept“, stellte Rennchef Claude Rach zufrieden fest und meinte damit auch das Rahmenprogramm mit Wettbewerben für den Nachwuchs und die Jedermänner.
Noch im Vorjahr wurde die mutige Renaissance durchaus mit Zweifeln bedacht. Aber diese hatte der Veranstalter ASO, der auch die Frankreich-Rundfahrt austrägt, einkalkuliert. Die Deutschland Tour ist ein Prestigeprojekt, dem sich die ASO vertraglich bis 2028 verschrieben hat, da ist ein langer Atem nötig. Der Neubeginn 2018 war dann schon viel erfolgreicher als gedacht, die zweite Auflage ließ ebenfalls wenige Wünsche offen.
Der belgische Gesamtsieger Jasper Stuyven erzählte etwa, wie schnell sich die Deutschland Tour unter den Fahrern herumsprach. „Als ich im letzten Jahr gehört habe, wie offensiv hier Rennen gefahren wird, wollte ich unbedingt herkommen. Meine Erwartungen haben sich bestätigt.“ Dazu braucht es kein Hochgebirge, findet Rach, der weiterhin in die Innenstädte möchte – nah an die Zuschauer. „Die Mühe lohnt sich“, sagte der Luxemburger.
Rach sprach von Bewerbern, die sich initiativ melden, um künftig dabei zu sein. Den Kurs für 2020 hat er schon in etwa im Kopf. Konkrete Regionen will er allerdings nicht verraten, doch aus Sachsen, so hört man, gab es schon für dieses Jahr Interesse. Auch für 2021 und sogar bereits 2022 gebe es Bewerber. Rach berichtete von Vorbehalten, die bei den Städten aufbrechen, wenngleich behördliche und die Sicherheitsauflagen weiterhin problematisch seien.
Laut Veranstalter säumten etwa 500.000 Zuschauer die Straßen während der vier Etappen, rund fünf Millionen Zuseher hätten ARD und ZDF insgesamt bei ihren Live-Übertragungen erreicht. Das Rennen, das eine Stufe unter der World Tour angesiedelt ist, hatte in dieser zweithöchsten Kategorie das beste Starterfeld des ganzen Jahres. „Es war die Creme de la Creme des Radsports am Start“, sagte Rach mit Blick auf Geraint Thomas, Julian Alaphilippe oder den deutschen Tour-Überflieger Emanuel Buchmann.
Ein finanzielles Plus springt für die ASO zwar noch nicht heraus, „aber die Richtung stimmt“, sagte Rach dem ARD-Hörfunk: „Es ist das Ziel, dass die Deutschland Tour eigenständig funktioniert und profitabel sein kann.“ Das Zeug zu einem Leuchtturm hat sie schon jetzt – und womöglich auch Einfluss auf die anhaltenden Schwierigkeiten kleinerer und Nachwuchsrennen.