Paris (SID) – Viele Berge und kein flaches Zeitfahren: Die Streckenführung der Tour de France 2020 kommt dem deutschen Rundfahr-Ass Emanuel Buchmann sehr entgegen.
Für Emanuel Buchmann war schon im Oktober Bescherung: Die Organisatoren der Tour de France 2020 haben eine Strecke aus dem Hut gezaubert, die dem deutschen Rundfahr-Ass nicht besser gefallen könnte. Fast drei Dutzend Gipfel in allen fünf Gebirgszügen Frankreichs, Kletterpartien vom zweiten bis zum vorletzten Tag, das einzige Zeitfahren eine Bergankunft – ideale Voraussetzungen für Buchmanns Angriff auf das Podium.
„Es gibt 29 Berge, das wird eine körperliche Herausforderung von Anfang bis Ende“, sagte ein sichtlich zufriedener Tour-Chef Christian Prudhomme bei der Streckenpräsentation der 107. Frankreich-Rundfahrt (27. Juni bis 19. Juli 2020) im Palais des Congres in Paris. Die Protagonisten unter den 4000 Zuschauern wie der kolumbianische Titelverteidiger Egan Bernal und der viermalige Champion Chris Froome (Großbritannien) schauten durchaus beeindruckt.
Der Vorjahresvierte Buchmann selbst genoss nach seinem letzten Saisoneinsatz bei der Lombardei-Rundfahrt den wohlverdienten Urlaub. Sein Teamchef Ralph Denk sagte dem SID: „Die Strecke müsste Emu liegen. Es gilt von Beginn an, fokussiert zu sein, das kann er. Und es gibt sehr viele Bergetappen, das kommt ihm als Kletterer schon mal grundsätzlich entgegen.“
Die Eckdaten der „Tour de toutes montagnes“ (Tour aller Gebirge), wie sie die Organisatoren betitelten: 3470 Kilometer zwischen Nizza und Paris, acht ausgewiesene Bergetappen, neun flache, drei hügelige sowie ein (Berg-)Zeitfahren und die gewohnten zwei Ruhetage. Doch erst der Blick ins Detail zeigt die ganze Tour-Tücke.
Schon der Auftakt wird ungewohnt schwer, bereits die ersten beiden Etappen beim Grand Depart in Nizza fordern die Bergspezialisten. „Zum ersten Mal seit 40 Jahren werden die Fahrer der Tour de France vom ersten Wochenende an echte Pässe vorfinden und auf über 1600 Höhenmeter klettern“, sagte Prudhomme. Die Favoriten auf das Gelbe Trikot müssen vom Tourstart an hellwach und in Topform sein – herantasten geht nicht.
Aus den Seealpen um Nizza führt die Tour geradewegs nach Westen in Richtung Pyrenäen, die mit zwei Etappen allerdings recht schnell abgehandelt werden. Danach setzt sich das Rennen, das fast ausschließlich in Frankreichs Südhälfte stattfindet, durch das Zentralmassiv in die Alpen fort, die Bergtour vollenden der Jura und die Vogesen mit dem harten Zeitfahren über 36 km auf die Planche des Belles Filles.
Dass kein „echtes“ Zeitfahren in flachem Terrain angesetzt ist, bevorteilt die Besten unter den Bergfahrern. Sowohl Bernal wie Buchmann haben ihre Schwächen im klassischen Kampf gegen die Uhr. Starke Zeitfahrer wie Froome, der nach seinem schweren Crash im Sommer die Tour 2018 verpasst hatte und auch am Dienstag in Paris noch angeschlagen wirkte, stehen im Hochgebirge nun deutlich unter Zugzwang.
Einige klassische Berge fehlen im Programm für 2020, weder das mythische L’Alpe d’Huez noch der Mont Ventoux und der Tourmalet werden gefahren. Dafür geht es erstmals auf den 2304 m hohen und sehr schwierigen Col de la Loze oberhalb von Meribel in den Alpen.
Eine Herausforderung wird zudem der Termin der kommenden Tour. Aufgrund der Olympischen Spiele in Tokio wird sie ungewohnt früh gestartet – zwischen dem Tour-Finale in Paris und dem Straßenrennen bei Olympia liegen gerade einmal sechs Tage.