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Dezember 2024

Sport und Verein

Der Trainer einer Fußballmannschaft war zwei Spieltage vor Ende der Spielzeit 2008/2009 „freigestellt“ worden; danach schaffte die Mannschaft den Aufstieg in 2. Bundesliga.  Im Arbeitsvertrag des Trainers war vereinbart, dass dieser neben einer monatlichen Grundvergütung einen Dienstwagen erhält, zudem eine Prämie für jeden Meisterschaftspunkt, der während der Zugehörigkeit zur 2. Bundesliga erzielt wird. Außerdem war eine Prämie für den Aufstieg in die 2. Bundesliga vorgesehen.

Ab dem Zeitpunkt einer Freistellung sollten keine Punktprämien, sondern nur noch die Grundvergütung zu zahlen sein. Die Aufstiegsprämie sollte nur zeitanteilig gewährt und der Dienstwagen binnen vier Wochen nach Freistellung entschädigungslos zurückgegeben werden. Zudem war eine Ausschlussfrist vereinbart, wonach beide Parteien gehalten waren, binnen vier Monaten ab Fälligkeit, ihre Ansprüche gegenüber der Gegenseite geltend zu machen.

Der freigestellte Trainer forderte nun vom Verein Punktprämien für die Zweitligasaison 2009/2010, zeitanteilige Prämien für die Saison 2008/2009 und Schadensersatz für die Entziehung des Dienstwagens. Seiner Ansicht nach war die arbeitsvertragliche Regelung, wonach eine Freistellung Auswirkungen auf den Vergütungsanspruch hat, unwirksam.

Das Arbeitsgericht hatte seiner Klage nur in Höhe von ca. 40.000 € entsprochen, weil zwar der vereinbarte Wegfall von Punktprämien und sonstigen zusätzlichen Vergütungsbestandteilen während der Freistellung unwirksam sei und auch ein Urlaubsabgeltungsanspruch bestehe. Ein Großteil der Ansprüche des Trainers sei jedoch aufgrund der vertraglichen Ausschlussklausel verfallen.

Trainer und Verein hatten gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt.

Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Trainers im Wesentlichen stattgegeben, die Berufung des Vereins zurückgewiesen, weil die vertraglichen Vereinbarungen mit Klauseln über den Wegfall der Punkteprämien, zeitanteilige Kürzung der Aufstiegsprämie, Herausgabe des Dienstwagens und Ausschlussfrist unwirksam sind.

Diese Klauseln sind einer Kontrolle nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) geltenden Vorschriften nach §§ 305 ff. BGB zu unterziehen. Der Verein hatte auch in der Berufungsinstanz nicht darlegen können, dass der Arbeitsvertrag in den nunmehr zwischen den Parteien strittigen Punkten ausgehandelt wurde – bzw. der Trainer trotz Vorformulierung durch den Verein die Möglichkeit hatte, Einfluss auf die Vertragsgestaltung zu nehmen. Dann wäre eine AGB-Kontrolle entfallen.

Der vertraglich vorgesehene Wegfall der Punktprämie im Falle einer Freistellung des Trainers ist nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam, weil es einen einseitigen Änderungsvorbehalt durch den Verein zu Lasten des Trainers bezüglich der Höhe der im Falle der Freistellung aus Annahmeverzug zu zahlenden Vergütung beinhaltet. Dieser ist für einen Trainer nach Interessenabwägung nicht zumutbar. § 615 Satz 1 BGB verpflichtet den Arbeitgeber in einem solchen Fall zur Zahlung der vereinbarten Vergütung in voller Höhe. Durch die Befugnis, die Punktprämie im Falle einer Freistellung nicht mehr zu zahlen, wird in einem erheblichen Umfang in den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses eingegriffen, der im konkreten Fall bis zu 54,5 % der Gesamtvergütung betragen kann und tatsächlich 37,2 % betragen hat. Dies überschreitet die vom Bundesarbeitsgericht bei Änderungsvorbehalten anerkannte Grenze von 25 % der Gesamtvergütung.

Zwar ist § 615 Satz 1 BGB grundsätzlich dispositiv, kann also durch eine Vereinbarung der Parteien auch zu Lasten des Arbeitnehmers abgeändert werden. Angesichts des hohen Gerechtigkeitsgehalts der Vorschrift bestehen aber grundsätzliche Bedenken gegen die Zulässigkeit einer formularmäßigen Abbedingung.

Der Arbeitgeber, der den Arbeitnehmer nicht beschäftigt, soll gerade den vereinbarten Lohn zahlen, ohne dass der Arbeitnehmer zur Nachleistung der ausgefallenen Arbeit verpflichtet ist. Die Meinung des Vereins, es handele sich um einen „gerechten Ausgleich“, wenn ein freigestellter Trainer nicht das gleiche Entgelt erhalte wie ein aktiver Trainer, ist mit der eindeutigen Gesetzeslage nicht zu vereinbaren. Eine solche „Gerechtigkeit“ ist § 615 Satz 1 BGB fremd und nicht zu entnehmen.

Nach § 615 Satz 1 BGB ist es von Gesetzes wegen gerade gerecht und ausgewogen, die vereinbarte Vergütung trotz Freistellung unabhängig davon zu zahlen, ob ein anderer Arbeitnehmer für die Funktion nunmehr beschäftigt wird und zu bezahlen ist.

Der Vorbehalt eines Wegfalls der Punktprämie, einer zeitanteiligen Kürzung der Aufstiegsprämie und einer entschädigungslosen Pflicht zur Herausgabe des Dienstwagens im Falle einer Freistellung ist darüber hinaus unwirksam, weil der Verein in jedem Fall einer Freistellung hierzu berechtigt sein soll. Also auch dann, wenn die Freistellung grundlos oder ohne anerkennenswerten Grund erfolgt. Das ist gemäß § 308 Nr. 4 BGB unzulässig.

Die sich also ergebenden Zahlungsansprüche des Trainers sind auch nicht verfallen. Die ebenfalls der AGB-Kontrolle unterliegende Ausschlussfrist ist gleich aus mehreren Gründen unwirksam.

Die Unwirksamkeit der Ausschlussfrist ergibt sich zum einen aus § 202 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 134, § 306 BGB. Gemäß § 202 Abs. 1 BGB kann die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Er verbietet daher Ausschlussfristen, die solche Ansprüche erfassen.

Im vorliegenden Fall unterliegen die „beiderseitigen Ansprüche aus diesem Vertrag“ der viermonatigen Ausschlussfrist. Dies erfasst nach Auslegung Ansprüche aus der Haftung wegen Vorsatzes, und zwar sowohl aus Vertrag als auch aus unerlaubter Handlung. Jedenfalls ist bei Anwendung der Unklarheitsregel des § 305 c Abs. 2 BGB hiervon auszugehen.

Das hat die Unwirksamkeit insgesamt zur Folge. § 139 BGB, der die Möglichkeit einer Teilnichtigkeit vorsieht, findet aufgrund der spezielleren Vorschrift des § 306 BGB keine Anwendung im Rahmen der AGB-Kontrolle.

Die Unwirksamkeit der Ausschlussfrist ergibt sich des Weiteren aus § 307 Abs. 1 Satz q1 und 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Sie weicht von wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Verjährungsrechts, wie sie in § 202 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommt, in nicht zu vereinbarender Weise ab. Daraus ergibt sich zugleich ein Verstoß gegen das Transparenzgebot.

Die Unwirksamkeit der Ausschlussfrist ergibt sich schließlich aus § 309 Nr. 7 BGB. Danach kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Verschuldenshaftung wegen Schäden, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit beruhen, überhaupt nicht, für sonstige Schäden nur für den Fall einfacher Fahrlässigkeit ausgeschlossen oder begrenzt werden.

Die im vorliegenden Fall vereinbarte Ausschlussfrist erfasst solche Ansprüche. „Begrenzung“ im Sinne des § 309 Nr. 7 BGB ist schon dem Wortlaut nach nicht ausschließlich so zu verstehen, dass nur die Entstehung des Anspruchs gemeint ist. Ein Anspruch wird auch dann begrenzt, wenn nach seiner uneingeschränkten Entstehung über die gesetzlichen Verjährungsfristen hinaus der Vertragspartner des Verwenders innerhalb kürzerer Fristen aktiv werden muss, um seine Rechte nicht zu verlieren. Die Pflicht zur Geltendmachung bewirkt mittelbar eine Haftungsfreistellung. Dieses Verständnis des § 309 Nr. 7 BGB entspricht zudem dem gesetzgeberischen Willen, der nicht ohne Anlass in sein Gegenteil verkehrt werden kann.

Landesarbeitsgericht Hamm vom 11.10.2011 – 14 Sa 543/11 –