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April 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Frankfurt/Main (SID) Weston McKennie machte den Anfang, weitere Bundesliga-Stars zogen nach: Die Botschaften gegen Rassismus brachten den Fußballern viel Anerkennung.

Sie brachen bewusst die Regeln – und taten damit genau das Richtige: Nach ihrem viel beachteten Aufschrei gegen Rassismus und Polizeigewalt erhielten Weston McKennie, Jadon Sancho und die anderen Protest-Fußballer (fast) ausnahmslos Zuspruch – in der Bundesliga und über Grenzen hinweg. „Wenn man sich öffentlich gegen Rassismus stellt“, lobte Borussia Mönchengladbachs Trainer Marco Rose, „dann ist das schwer in Ordnung“.

Sein Stürmer Marcus Thuram hatte mit einem Kniefall ebenfalls Solidarität demonstriert, dies jedoch etwas verborgener als die Kollegen getan. Schalkes McKennie sowie die Dortmunder Jadon Sancho und Achraf Hakimi trugen ihre unmissverständliche Forderung schließlich am Arm und auf der Brust: „Justice for George!“ war da zu lesen, also Gerechtigkeit für den durch polizeiliche Gewalt verstorbenen US-Bürger George Floyd.

„Ich würde mir wünschen, dass die Spieler häufiger solche Verantwortung übernehmen. Denn wir alle wissen, was für eine Wirkung sie haben“, sagte Bayern Münchens Vorstandsmitglied Oliver Kahn bei Sky90. Und wie recht er doch hatte: In England, Spanien oder Frankreich titelten die Medien mit großen Lettern und bunten Bildern von den Aktionen. Aber auch in Japan, Nigeria, Indien oder Australien – und natürlich in den USA.

Der Tenor der Schlagzeilen war weltweit gleich, die Aktionen der Fußballer wurden als richtiges Signal und wichtige Antwort auf die verstörenden Bilder aus den USA aufgenommen. Gleichzeitig nutzten auch Superstars anderer Sportarten ihre Reichweite für wichtige Botschaften.

„Ich stehe zu denen, die auf den tief verwurzelten Rassismus und die Gewalt gegen farbige Menschen in unserem Land aufmerksam machen“, sagte Basketball-Ikone Michael Jordan. Formel-1-Champion Lewis Hamilton geißelte indes auch die Zurückhaltung zahlreicher Kollegen. „Ihr, die schweigt, ich sehe euch. Einige von euch sind die größten Stars, und doch bleibt ihr inmitten der Ungerechtigkeit still“, schrieb er in den Sozialen Medien.

Dort war es ausgerechnet der Fußball-Weltverband FIFA, der eine klare Positionierung vermied, obwohl er eigenen Angaben zufolge doch unermüdlich gegen Rassismus kämpft. Bei einem Tweet über die besten Scorer in Europas Top-Ligen tauschte die FIFA das Bild mit Sanchos Botschaft kurz nach der Veröffentlichung durch ein neutrales aus.

Vermutlich auch deshalb, weil die Aktionen eigentlich gegen das Regelwerk verstoßen. Die Ausrüstung oder die Unterwäsche der Spieler dürfen schließlich „keine politischen, religiösen oder persönlichen Slogans, Botschaften oder Bilder aufweisen“. Auch Botschaften „mit Bezug auf jegliche lebende oder verstorbene Person“ sind demnach unzulässig. Anton Nachreiner, der Vorsitzende des DFB-Kontrollausschusses, teilte daher bereits mit, „sich im Laufe der nächsten Tage dieser Angelegenheit annehmen und den Sachverhalt prüfen“ zu wollen.

„Wenn der Kontrollausschuss dagegen ermittelt, dann muss man sich fragen, ob wir noch die gleichen Werte haben“, sagte Geschäftsführer Oliver Ruhnert von Gladbachs Gegner Union Berlin am Sonntag: „Es geht um ein globales Thema: Dem Nein zu Rassismus.“

DFB-Vizepräsident Rainer Koch bemühte sich am Montagnachmittag, die Wogen zu glätten und verwies auf dfb.de auf die grundsätzliche Aufgabe des Kontrollausschusses, „die Einhaltung der Satzung und Ordnungen des DFB zu überwachen und bei Verstößen den Sachverhalt zu überprüfen“. Weiter erklärte Koch: „Ob es in den vorliegenden Fällen zu Sanktionen kommen muss, bleibt abzuwarten.“

DFB-Präsident Fritz Keller zeigte grundsätzliches Verständnis für die Aktionen der Spieler. Moralisch könne er die Aktionen am vergangenen Wochenende „absolut verstehen. Was in den USA passiert ist, kann niemanden kalt lassen.“

Kahn munterte die Spieler derweil zu weiteren Botschaften auf. „Natürlich ist das eine Situation, die nicht erlaubt ist“, sagte der ehemalige Torhüter: „Trotzdem denke ich, die Spieler sollten ruhig mündig sein. Sie sollten ihre Meinungen zu unterschiedlichen gesellschaftlichen Themen auch kundtun.“

Die Vereine der betroffenen Spieler unterstützten die Aktionen sowieso. „Zu einhundert Prozent“, sagte Schalkes Sportchef Jochen Schneider bezüglich der Armbinde von McKennie. Die Gladbacher bezeichneten Thurams Kniefall als „besonderen Moment im Borussia-Park“. Wohl wahr.