Les Sables-d’Olonne/Köln (SID) Boris Herrmann ist bei der Vendée Globe in die Geschichtsbücher und die Herzen vieler Menschen gesegelt. Die Welt ist für den Hamburger nach seiner Rückkehr auf festen Boden eine andere.
Nach 80 Tagen selbstgewählter Einsamkeit auf den Weltmeeren prasselte es unaufhörlich auf Boris Herrmann ein. Ehefrau und Tochter konnte er gerade noch herzen, da wartete ein Interview-Marathon auf den tragischen Helden der Vendee Globe. Einen Tag später sprang dem Weltumsegler dann sein Konterfei auf den Titelseiten zahlloser Tageszeitungen entgegen – und womöglich erhält der Fünfte der prestigereichen Regatta um die Welt sogar bald das Bundesverdienstkreuz.
Niels Annen, Staatsminister im Auswärtigen Amt, bestätigte dem SID einen entsprechenden Vorschlag bei der Hamburger Staatskanzlei. „Als erster deutscher Teilnehmer hat Boris Herrmann Herausragendes geleistet“, würdigte der SPD-Politiker den 39-jährigen Hamburger.
Doch nicht nur wegen seines sportlichen Erfolgs könnte Herrmann diese hohe Auszeichnung durch den Bundespräsidenten zuteil werden. Auf seiner Weltreise hatte der Segler auch wissenschaftliches Messgerät geladen, um Daten zum C02-Gehalt, zur Temperatur und dem Salzgehalt des Wassers aufzuzeichnen. Den zusätzlichen Ballast für das Rennen nahm der Hamburger gerne in Kauf.
„Ich verstehe das Bundesverdienstkreuz so, dass man dabei für einen geleisteten Dienst für andere Menschen ausgezeichnet wird“, sagte Herrmann: „Es freut mich natürlich sehr, dass meine Reise so empfunden wird und dass unsere Botschaft für die Klimaforschung wahrgenommen wird.“
Klimaaktivistin Greta Thunberg bezeichnete ihren „großartigen Freund“ Herrmann auch deswegen als „wahren Helden“. Sie waren 2019 gemeinsam von England zum UN-Klimagipfel nach New York gesegelt. Auch Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sowie der dreimalige Segel-Olympiasieger Jochen Schümann zollten Herrmann Respekt für seine Leistung. Der eigentlich eher Vendée-kritische Schümann gestand: „Es ist medial das Beste, was dem deutschen Segeln seit langer Zeit passiert ist.“
Und tatsächlich: Herrmann war nach seiner Zielankunft mit Hindernissen im TV und im Netz omnipräsent. Am späten Donnerstagabend schilderte er am 27. Januar einem Millionen-Publikum in den ARD-Tagesthemen seinen dramatischen Crash mit einem Fischerboot wenige Seemeilen vor dem Ziel, der ihn vermutlich einen Podestplatz kostete. Doch dies sei „nur ein Aspekt des Rennens“, erklärte der Norddeutsche knapp. Die Vendee sei „auch ein Abenteuer. Und es ist unsere Klimabotschaft“.
In den einsamen Stunden auf rauer See hatte Herrmann immer wieder seine Rückkehr ins „normale Leben“ herbeigesehnt. Zunächst will er mit seiner kleinen Familie in Frankreich verweilen und plant tatsächlich, wieder über den rauen Atlantik zu gleiten – dieses Mal mit seinem Kiteboard. Es gilt, die emotionale Achterbahnfahrt der vergangenen knapp drei Monate zu verarbeiten und sich an seinen neuen Alltag im Rampenlicht zu gewöhnen.
In vier Jahren steht die nächste Vendée Globe an. „Das wäre natürlich ein großes Highlight“, sagte Herrmann der ARD: „Es ist ein großer Wunsch von mir, es noch einmal zu versuchen und es dann naturgemäß besser zu machen.“ Garantieren wollte er dies allerdings nicht, denn „die 80 Tage waren härter, als ich es mir je vorgestellt hätte.“
Vor allem auf die letzte Episode, die Kollision mit dem spanischen Fischerboot, hätte Herrmann gern verzichtet. Am Freitag telefonierte er mit der Reederei. Es sei „alles bereinigt, was zu bereinigen war“, sagte Reeder Aitor Badiola der Süddeutschen Zeitung in der Samstagausgabe.
Der Hamburger habe sich bei Kapitän Josu Zaldunbide „dafür entschuldigt, in den Raum gestellt zu haben, dass unser Schiff das AIS (Automatic Identification System, d. Red.) ausgeschaltet hatte“. Zaldunbide bedankte sich laut Badiola für Herrmanns Kontaktaufnahme: „Viel Glück bei der nächsten Regatta, Boris“, schloss demnach die Nachricht des Fischers.