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April 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Chorzow/Götzis (SID) Speerwerfer Johannes Vetter hat bei der Team-EM mit 96,29 m am deutschen Rekord gekratzt, Weltmeister Niklas Kaul gelang in Götzis ein solides Zehnkampf-Comeback.

Speer-Gigant Johannes Vetter bläst nach einem erneuten „Monsterwurf“ zur Weltrekord-Jagd, Zehnkampf-Weltmeister Niklas Kaul hat auf dem Weg nach Tokio noch eine Menge Arbeit vor sich: Die beiden Topstars der deutschen Leichtathleten haben bei ihren Härtetests zwei Monate vor Olympia wichtige Erkenntnisse gewonnen. Während sich Vetter bei der Team-EM in Chorzow erneut startklar für den Angriff auf Gold zeigte, hielt bei Kaul in Götzis zumindest der operierte Ellbogen – vom überragenden Sieger Damian Warner war der Fünftplatzierte aber weit entfernt.

„Ich bin ein bisschen traurig, weil ich den Wettkampf früher als geplant beenden musste“, sagte Vetter dem SID, nachdem er in Polen mit fulminanten 96,29 m an seinem deutschen Rekord gekratzt hatte: „Das war geil, war ziemlich weltklasse. Heute wäre etwas ganz Großes drin gewesen.“

In der oberschlesischen Stadt mit großer persönlicher Bedeutung („Mein Großvater ist in Chorzow geboren, vielleicht habe ich wegen ihm über 90 Meter geworfen“) musste der 28-Jährige nach zwei von vier Durchgängen vorzeitig abbrechen – der rechte Oberschenkel machte Probleme. „Es ist aber nichts ernstes, nichts, was irgendwelche Auswirkungen auf Olympia hat. Ich kann Entwarnung geben“, sagte Vetter nach einer MRT-Untersuchung.

Chorzow war nicht nur nur wegen Vetter eine Showbühne für die deutschen Speer-Asse. Europameisterin Christin Hussong (Zweibrücken) steigerte ihre persönliche Bestmarke von 67,90 auf satte 69,19 m und setzte sich damit hinter Christina Obergföll (70,20) auf Rang zwei der „ewigen“ deutschen Bestenliste. Sieben Siege in 40 Disziplinen reichten der DLV-Auswahl in der EM-Endabrechung zu Platz vier.

Vetter überbot im ersten Versuch mit 94,24 m seine Jahresweltbestleistung um vier Zentimeter, mit dem zweiten Wurf haute er dann richtig einen raus – danach meldete sich aber der Oberschenkel, Vetter blies die Jagd auf den deutschen wie den Weltrekord ab – für dieses Mal.

Kaul, der seit der WM 2019 keinen Zehnkampf mehr bestritten hatte, landete beim grandiosen Sieg Warners – der Kanadier schrammte mit 8995 Punkten hauchdünn an der magischen 9000er-Marke vorbei – als bester Deutscher mit 8263 Punkten auf Rang fünf und blieb erwartet klar hinter seiner Leistung beim Gold-Coup von Doha (8691) zurück.

„Dass ein paar Unsicherheiten da sind, klar, das war zu erwarten. Dass es dann so schlecht läuft, das hätte ich nicht gedacht. Aber auch das passiert. Und das müssen wir jetzt abhaken, da geht’s jetzt weiter“, sagte Kaul bei leichtathletik.de.

Der 23 Jahre alte Mainzer kämpfte sich durch seinen berühmten starken zweiten Tag noch von Platz elf zur Halbzeit weit nach vorne. Wichtigste Erkenntnis: Der im Vorjahr reparierte Ellbogen spielte mit, mit 71,49 m war Kaul in seiner Spezialdisziplin Speer klar der Beste. Im Weit- und Hochsprung sowie über 110 m Hürden schnitt Kaul sogar besser als in Doha ab. In den Wurfdisziplinen ist der Rückstand zu seinen Topwerten allerdings wie erwartet noch groß.

Warner fehlte im abschließenden 1500-m-Rennen nur eine gute halbe Sekunde, um nach Weltrekordler Kevin Mayer (Frankreich/9126) sowie den Ex-Weltrekordlern Ashton Eaton (USA/9045) und Roman Sebrle (Tschechien/9023) als vierter Athlet in den 9000er-Klub einzuziehen. Sollten Mayer und Warner in Tokio in Bestform antreten, wird es für Kaul schwer bis aussichtslos im Gold-Kampf.