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April 2024

Sport-Informations-Dienst (SID)

Budapest/Hamburg (SID) Handball bei Olympischen Winterspielen statt im Sommer? Am Rande der gerade zu Ende gegangenen EM wurden angesichts der starken Belastung für die Spieler alte Pläne neu diskutiert.

DHB-Kapitän Johannes Golla sieht eine „Diskussion, die geführt werden muss“, der dänische Weltmeister-Coach Nikolaj Jacobsen spricht von einer „guten Idee“ und der deutsche Verbandspräsident Andreas Michelmann sieht die Chance auf eine Entlastung der Spieler: Zum Ende der Handball-EM flammte die Debatte über eine Aufnahme der Sportart ins Programm der Olympischen Winterspiele neu auf.

„So könnte der internationale Kalender entzerrt, die Belastung der Spieler minimiert werden“, sagte DHB-Boss Michelmann dem Sportbuzzer. Handball sei „ohnehin eine Herbst- und Wintersportart. WM und EM werden ohnehin bei Frauen und Männern im Dezember und Januar ausgetragen. Dazu drängt Beachhandball auch ins olympische Programm“.

Die Idee von Weltpräsident Hassan Moustafa einer Verlegung des Hallenhandballs vom Sommer in den Winter ist inzwischen zehn Jahre alt, sie erhielt nun aber neuen Schwung. Profitieren könnten von einer Neueingliederung die extrem beanspruchten Profis. So sieht ein von der dänisch-deutschen Tageszeitung Flensborg-Avis am Wochenende vorgestelltes Modell vor, dass EM oder WM im Jahr der Winterspiele wegfallen. Der übervolle Terminkalender würde zumindest ein bisschen ausgedünnt.

„Ich bin ein Spieler, der gerne alle Turniere spielen will und ich genieße jeden Auftritt mit der Nationalmannschaft, aber drei Turniere in 13 Monaten waren extrem“, sagte der deutsche EM-Allstar Golla. Der Kreisläufer der SG Flensburg-Handewitt, der im zurückliegenden Jahr neben Meisterschaft, Pokal und Champions League im Verein auch WM, Olympische Spiele und EM mit der Nationalmannschaft spielte, sieht den Handball in der Zwickmühle. Die Sportart sei schließlich „darauf angewiesen, dass Handball stattfindet und wir viele Spiele auf Topniveau zeigen“.

Umgesetzt werden könnte die Idee frühestens zu den Winterspielen 2030, da WM und EM bis 2028 – dem Jahr der übernächsten Sommerspiele – vergeben sind. Ab 2030 müssten der europäische Verband EHF und der Weltverband IHF alle vier Jahre im Wechsel auf ein Turnier verzichten. „Das wird sportpolitisch nicht so einfach durchzusetzen sein“, sagte Michelmann.

Dänemarks Trainer Jacobsen hält es dennoch für „eine gute Idee, wenn man im Olympiajahr mit einem großen Turnier aussetzen würde. Die Frage ist, ob man es mit dem Spielkalender auf Vereinsebene hinbekommt“. Und auch Flensburgs Meistertrainer Maik Machulla, der den aktuellen Turnierrhythmus als „Wahnsinn“ bezeichnet, sieht „den Vorteil, dass es ein Jahr mehr mit einer richtigen Sommerpause gäbe und das würde den Spielern extrem helfen“.

Rein technisch sei eine Verlegung machbar, sagte EHF-Präsident Michael Wiederer Flensborg-Avis: „Rückflüsse an die Klubs und Verbände und dementsprechend auch Spielergehälter würden von einem anderen Austragungsrhythmus allerdings beeinflusst werden.“ Heißt am Ende: Weniger Turniere, weniger Geld.

Und so gibt sich Spielmacher Jim Gottfridsson, der die Schweden am Sonntag nach 20 Jahren zurück auf den europäischen Handball-Thron führte, keinen Illusionen hin. Er sprach zwar von „keiner doofen Idee“ – an eine Umsetzung mag er aber nicht glauben. „Keiner will auf sein Turnier verzichten und deshalb müssen wir Handballer einfach damit leben, dass wir derart viele Turniere spielen“, sagte Gottfridsson: „So war es immer und so wird es auch immer sein.“