Nach zehnjähriger Pause hat der Landessportbund Rheinland-Pfalz (LSB) Ende Juni mehr als 70 geladene Gäste aus Politik und Sport im Foyer des rheinland-pfälzischen Landtags in Mainz zum Parlamentarischen Abend des Sports begrüßt. Kennenlernen, Austauschen und in ungezwungener Atmosphäre vielleicht direkt pfiffige Ideen entwickeln – darum ging es bei der Renaissance der traditionsreichen Veranstaltung. -> hier geht’s zum Video
Der Abend stand dabei ganz im Zeichen der Comeback-Kampagne des rheinland-pfälzischen Sports und der notwendigen Unterstützung des Vereinssports, um mit ganz viel Schwung aus der Pandemiedelle zu kommen. Im Anschluss an einen Sektempfang auf der Terrasse des Landtagsrestaurants, der von sportiven Vorführungen junger Athlet*innen des Mainzer Rudervereins (Ruder-Ergometer), des Mombacher Turnvereins (Rope Skipping) und des SAV Laubenheim (Sportakrobatik) dezent umrahmt wurde, sprach Landtags-Vizepräsidentin Astrid Schmitt ein Grußwort, in dem sie ihrer Wertschätzung dem Sport gegenüber deutlich Ausdruck verlieh. „Beim Sport spielen wir in Rheinland-Pfalz ganz oben in der Bundesliga mit“, sagte die frühere Leichtathletin des USC Mainz – und unterstrich den herausragenden Stellenwert des Ehrenamts. „Die Mischung aus diesen ganzen Sportangeboten macht den LSB stark. Es entsteht ein Zusammenhalt, der über den Sport hinauswirkt – und darauf können wir stolz sein.“ Einmalig ist in den Augen der Bildungspolitikerin auch „die enorme Integrationskraft, die der Sport bietet“. Dennoch gebe es durch die Corona-Pandemie und den demografischen Wandel natürlich auch enorme Herausforderungen.
In zwei Podiumsdiskussionen widmeten sich die Protagonisten im Gespräch mit Moderator Christoph Pietsch (SWR-Abteilungsleiter Sport) aktuellen sportpolitischen Themen. Prof. Mark Pfeiffer von der Uni Mainz betonte, man könne aus der Pandemie eine Menge lernen. Klar sei aber, „dass es auch vor der Pandemie kein zufriedenstellender Zustand“ war. Der Sport komme am besten über die Schule zu den Kindern. Eventuell müsse man hier die strukturellen Rahmenbedingungen ändern. „Wir müssen die Kooperationen zwischen Schule und Verein noch mal überdenken.“ Auf die Frage, wie sehr die Pandemie an die Substanz der Klubs ging, meinte Till Pleuger, Manager und Geschäftsführender Vorstand des Großsportvereins TSV Schott Mainz: „Wir hatten einen Riesen-Mitgliederschwund von 15 Prozent, das ist natürlich enorm. Mittlerweile haben wir ungefähr die Hälfte dieser Mitglieder wieder zurückgewinnen können. Das ist sehr ordentlich, aber man merkt einfach, dass ein großer Teil immer noch fehlt.“ Ein Verein wie Schott habe eine Gasrechnung von 50.000 Euro pro Jahr, insgesamt kämen Fixkosten von 800.000 Euro im Jahr zusammen. Wegen der Pandemie habe man „Rücklagen anzapfen und die Mitgliedsbeiträge trotz großer Widerstände erhöhen“ müssen. „Und so geht es nicht nur uns, sondern vielen Vereinen mit eigenen Sportanlagen. Die Politik hat uns bis heute wirklich gerettet – ohne die Überbrückungshilfen und die November- und Dezemberhilfen hätten wir den Laden nicht mehr retten können.“ Man brauche auch künftig die Unterstützung der Politik, „dann werden wir auch wieder auf eigenen Beinen stehen“.
Sportminister Roger Lewentz richtete zunächst einmal „ein herzliches Dankeschön an die Vereine“. Lewentz wörtlich: „Wir konnten es dem organisierten Sport nicht immer recht machen, haben aber versucht, uns wechselseitig zu helfen.“ Der Verlust von 54.000 Mitgliedern in den Jahren 2020 und 2021 im rheinland-pfälzischen Sport stelle „wirklich einen großen Aderlass“ dar. Wenn man jetzt dem Sport in RLP zwei Millionen Euro zur Verfügung stelle, sei dies „richtig viel Geld, zeigt aber die Notwendigkeit, Mitglieder zu gewinnen und die Vereine wieder zu einer neuen Stärke zu führen“. In seinen anderthalb Jahren als Vorsitzender der Sportministerkonferenz habe er sich „sehr dafür eingesetzt, dass das Verständnis der Sportminister ein neues wird“. Der DOSB spiele „als Team eine ganz starke Rolle und tritt als Team ganz stark auf – wir wollen diese starke Rolle auch nutzen“. Lewentz wörtlich: „Die 16 Bundesländer wollen eine ganz starke Rolle spielen – wir dürfen nicht nur spitzensportorientiert sein.“
LSB-Vizepräsident Klaus Kuhn freute sich, dass man „in den letzten Jahren ein sehr gutes Verhältnis zur Politik aufgebaut“ habe – „das Verhältnis war eigentlich nie so gut wie jetzt“. Dank der Unterstützung aus der Politik könne man den Sportvereinen aktuell 15 Euro geben pro neu gewonnenem Mitglied. Zudem bekämen Vereine etwa Ausgaben für die Fort- und Weiterbildung von Übungsleitern zurückerstattet. Michaela Röhrbein, seit April Vorständin Sportentwicklung beim DOSB, erklärte, als erster Schritt sei es hilfreich, „dass alle Ministerien an einen Tisch kommen. Wir haben so viele Schnittstellen, die gilt es noch stärker zu heben – damit wir besser werden als vorher“.
Die Sportstättensituation im Lande stand im Fokus der zweiten Diskussionsrunde. Fakt ist: Nach der Flutkatastrophe an der Ahr vor knapp einem Jahr hat der Sport bewiesen, wofür er steht – nämlich für Zusammenhalt. „Wie das im Sport so ist – man rappelt sich wieder auf“, kommentierte Monika Sauer, alte und neue Präsidentin des Sportbundes Rheinland. „Nicht nur digital haben wir die Kontakte wieder hergestellt, das Institut für Sportstättenentwicklung (ISE) mit ins Boot genommen und einen Sportentwicklungsplan aufgenommen.“ In jedem Fall sei man „froh, dass wir das ISE haben. Die Vereine können sich hier beraten lassen, um sich neu aufzustellen und anders zu orientieren – ich hätte mir allerdings ein bundesweites Sportentwicklungskonzept gewünscht“.
Wie ISE-Leiter Stefan Henn betonte, sei es extrem schwierig, das genaue Ausmaß der Flutschäden zu quantifizieren. „Wir wollen dahin, dass neue, bedarfsgerechte Sportstätten über die Wiederaufbaumaßnahmen entwickelt werden – damit wir Sportstätten haben, die den tatsächlichen Bedarf abdecken“, so Henn. „So schlimm wie das klingt: Wir können jetzt die Chance nutzen. Die Frage ist: Wie ist der Bedarf heute? Wir können jetzt sogar noch etwas einsparen – und machen es trotzdem besser.“ Doch es hake noch ganz entscheidend an der Koordination. „Die Leute in den VG-Verwaltungen machen für sich genommen alle einen Bombenjob“, so Henn. „Die Kunst ist im Moment nur, klare Regeln zu schaffen – da hakt es in der Sportstättenentwicklung.“
Am Ende waren sich alle einig, dass es nicht noch einmal zehn Jahre dauern darf, bis der Parlamentarische Abend eine Neuauflage erlebt. Wie Monika Sauer resümierte, muss es das Ziel sein, „in gemeinsamen Gesprächen den Sport stetig weiterzuentwickeln – und dass wir so viel Unterstützung bekommen, wie es der Sport verdient in seiner sozialen und gesellschaftlichen Funktion“.
Kontakt: Dominik Sonndag, Abteilungsleiter Kommunikation, d.sonndag@lsb-rlp.de
Quelle: lsb-rlp.de